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Die Chroniken der Nebelkriege 3: Die Letzte Flamme

Die Chroniken der Nebelkriege 3: Die Letzte Flamme

Titel: Die Chroniken der Nebelkriege 3: Die Letzte Flamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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Provozierend langsam faltete sie ihre Schwingen zusammen.
    »Willkommen, Schwester«, röhrte die fremde Gargyle und musterte Dystariel unverhohlen. »Ich hab dich hier noch nie gesehen.«
    »Kein Wunder«, rasselte Dystariel und hob ihren pfeilförmigen Schwanz. »Ich unterstehe Kruul persönlich. Bis zur Invasion war ich bei den Einhornwäldern stationiert.«
    Die Wächtergargyle schnaubte und beäugte Dystariel weiter misstrauisch. Schließlich warf sie einen Blick auf die vermeintlich Gefangenen. »Ich hab es schon vernommen. Du hast eine dieser stinkenden hinterhältigen Elfen geschnappt. Vielleicht ein Flüchtling aus den Mondsilberminen?« Die Gargyle stieß ein bösartiges Zischen aus. »Nein«, antwortete Dystariel mit ihrer dunklen Reibeisenstimme. »Schätze, das Spitzohr stammt vom Kontinent. Und das dürfte Seine Lordschaff sicher interessieren.« »Man hat dich und deine Fracht bereits angekündigt«, röhrte Dystariels Gegenüber. »Wo sind die beiden Wachen, die man dir mitgegeben hat?«
    »Ich hab diese Wanzen zurückgeschickt«, rasselte Dystariel. »Ich finde mein Ziel für gewöhnlich alleine.«
    Eine Weile starrten sich die Gargylen an, dann gab die Fremde den Weg frei. »Geht die Treppe hinauf und rührt nichts an. Secretarius Stenzel erwartet Euch bereits und wird Euch zu Lordprotektor Schwarzmantel fuhren.«
    Unter bedrohlichem Knarren öffnete sich das Portal.
    »Mitkommen!« Dystariel zerrte am Strick und stapfte unbeeindruckt an der fremden Gargyle vorbei. Sie erreichten eine Eingangshalle, die mit überkreuzten Waffen und alten Feldzeichen geschmückt war. Die Porträts an den Wänden zeigten prachtvoll gekleidete Frauen und Männer, die allesamt Krone und Zepter in den Händen hielten: die ehemaligen Könige und Königinnen Albions.
    Unter den Dargestellten waren auffallend wenige Männer, und Kai erinnerte sich wieder an den Fluch Murguraks, der seit eintausend Jahren auf den männlichen Vertretern der Drachenherz'schen Blutlinie lastete. Und noch etwas fiel Kai auf. In der Halle war beständig ein leises Heulen zu hören. War das der Wind, der sich an der Außenmauer des Turms brach?
    Dystariel führte sie jetzt eine breite Wendeltreppe empor. Hin und wieder kamen sie an schmalen Schießscharten vorbei, die mit mondsilbernen Fensterkreuzen ausgestattet waren. Alle zehn Stufen waren eiserne Leuchter an der Wand befestigt, in denen dicke, schwarze Kerzen steckten. An ihren Dochten leckten schwarz-rote Flammen empor, die unruhig flackerten und immer wieder die Gestalt gequälter Fratzen mit lang gezogenen Augen und Mündern annahmen. Das Heulen, das Kai bislang dem Wind zugeschrieben hatte, stammte in Wahrheit von den Flammengesichtern. Kai schauderte. Endlich verharrte Dystariel vor einer Tür, die pechschwarz lackiert war. Schwer schlug sie dagegen und mit leisem Knarren öffnete sie sich. Die Gargyle zog abermals am Seil, und mit einem Ruck stürzten Koggs, Fi und Kai in ein großes, schattiges Turmzimmer, in dem es muffig nach Staub und altem Papier roch. Der Raum war riesig und verfügte über eine hohe Decke, zu der schmale Regale hinaufreichten. Die Gestelle bogen sich unter der Last von Pergamenten und Büchern. Sie säumten nicht nur komplett die Wände, sondern waren auch mitten im Turmzimmer aufgebaut, sodass der Raum von der Tür aus nur schwer einsehbar war.
    Dystariel schnaubte und zerrte die Gefährten bis vor ein schweres Lesepult, auf dem weitere Schattenkerzen ihr unheimliches Licht verbreiteten. Es stand unter einem auffallend breiten Fenster, in dem bunte Butzenscheiben eingelassen waren. Die Fensterstreben jedoch bestanden aus solidem Mondsilber, die auch in dieser Höhe einen Einbruchsversuch aussichtslos machten.
    »Secretarius, wo bleibt Ihr?«, röhrte die Gargyle ungeduldig und bemühte sich, mit ihren Schwingen nicht eine der Pergamentrollen herunterzureißen.
    »Ich komme«, erklang irgendwo hinter einer der Regalreihen eine brüchige Stimme. Ein eigentümliches Knistern erfüllte das Archiv. Beunruhigt suchte Kai die künstlichen Wände mit den Büchern und Pergamenten ab. Doch das Geräusch schien sich von oben zu nähern.
    Fi stieß einen verhaltenen Schrei aus, und Kai musste an sich halten, um sich nicht sofort von seinen Fesseln zu befreien. Kopfüber von der Decke hing eine grauenhafte Gestalt.
    Ihr Unterleib war der einer dicken, behaarten Spinne, ihr Oberkörper aber der eines alten Mannes, der mit einer Hand seine Nickelbrille festhielt. Der

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