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Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)

Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)

Titel: Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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dass alle Gedanken einer ruhigen, klaren Stille Platz machten. Vermutlich hatte Korrodos die Lösung gestreckt. Kurz wollte er aufstehen und den Dämon zur Rechenschaft ziehen, aber der Dämmerzustand war zu angenehm, um ihn für einen Streit zu unterbrechen. Er konnte ebenso gut warten, bis die Rote Kraft volle Wirkung zeigte, und anschließend würde er den verfluchten Kristall des Händlers in einen Haufen Scherben verwandeln für die Unverschämtheit, ihn übertölpeln zu wollen.
    Er holte tief Atem, und kaum dass er die Augen schloss, sah er sich neben seinem Vater in die Goldene Stadt einziehen. Schon damals war dieser ein mächtiger Kriegsherr und Berater der Königin gewesen, ein Ritter der Garde – einer von jenen, die jedem jungen Engel Nhor’ Kharadhins ein Vorbild waren. Avartos bemerkte die Ähnlichkeit zwischen ihnen. Das gleiche ebenmäßige Gesicht, das gleiche helle Haar, der gleiche Spott auf den Lippen, sogar die gleiche Art, den Blick zu senken, um die Kälte dieses Lächelns zu steigern. Und doch hatte sein Vater nicht geblinzelt wie er, als der Glanz der Engelstadt auf ihn gefallen war. Avartos konnte sich nicht erinnern, je etwas anderes als die reglose Kühle der Engel in den Augen seines Vaters gesehen zu haben. Vielleicht war ihm der seltsam bewegte Blick Kolkrinors in der Vision deswegen so fremd erschienen. Waren sein Vater und Hadros wirklich … Freunde gewesen? Es fiel Avartos schwer, dieses Wort überhaupt zu denken. Kein Ritter der Garde unterhielt tiefergehende emotionale Bindungen zu irgendwem. Sie waren Krieger des Lichts. Dieser Glanz duldete nichts neben sich.
    Dumpf pulste Avartos’ Herzschlag durch seinen Leib. Kurz fragte er sich, warum er überhaupt noch etwas spürte, warum das Laskantin ihn nicht abschnitt von solch banalen Regungen, aber schon tauchte eine weitere Erinnerung in ihm auf. Es war Antonios Stimme, die nun in ihm widerklang.
    Doch frage dich, Engel höchsten Ranges, was in dir ist es, das dir diesen Rang verleiht? Was ist es, das dich von jenen in der Hölle unterscheidet? Was ist es, das dich am Leben hält in den dunklen Nächten in der Kälte deines Geistes? Warum beschützt du die Menschen? Weil sie dir Antwort geben, dir oder dem jämmerlichen Rest jener Wahrheit, die du in dir verbirgst, weil sie alles vernichten könnte, was du bist. Eines Tages, das steht außer Zweifel, wirst du sie erkennen, und du wirst sehen, dass dein größter Wert mehr ist als die Kälte deines Geistes und Augen aus Gold und Farben.
    Die Stimme des Engels drang tief in Avartos’ Gedanken und trug ihn zurück in die Festung seiner Kindheit – die Festung jenseits des Meeres. Die Steine unter seinen nackten Füßen waren warm. Wie lange war es her, seit er sie auf der Haut gefühlt hatte? Er erinnerte sich nicht, aber er spürte wieder, wie er Anlauf nahm und unbeschwert über die Dächer der Gesindehäuser hinwegraste. Er hatte gerade fliegen gelernt, und da hörte er seinen Namen, der von sanfter Frauenstimme getragen durch die Festung klang. Dunkle Stufen rasten unter ihm dahin, er riss die Tür im Hohen Turm auf, und da sah er seine Mutter am Fenster stehen, umkränzt von goldenem Licht. Er verharrte in stiller Ehrfurcht, als sie sich zu ihm umdrehte. Ihr Lächeln strich zärtlich wie eine Berührung über ihn hin, und er sah ihr in die Augen, jene Augen, die nie gelernt hatten, den kalten Blick der Engel auszubilden und die den seinen so ähnlich waren. Sie streckte die Hand nach ihm aus, und Avartos durchfuhr wie jedes Mal das Bedürfnis, dieses Bild einfrieren zu wollen in diesem Moment – dem letzten, den sie miteinander hatten. Auch diesmal gelang es ihm nicht. Doch wo er sonst die Kälte des Lichts über dieses Bild hereinbrechen ließ, zwang ihn die Unruhe nun, die Szene nicht enden zu lassen.
    Er nahm die Angst in den Augen seiner Mutter wahr. Sie hörte die Schreie der Fremden noch vor ihm, und sie reagierte sofort. Eilig öffnete sie die Truhe neben ihrem Bett und ließ Avartos hineinklettern, ohne dass er verstand, aus welchem Grund. Nur noch einmal wurde die Furcht in ihrem Blick von Wärme durchbrochen, als sie ihn an sich zog.
    Still , drang ihre Stimme durch seine Gedanken. Ein Wort war es, nicht mehr, und doch hielt es ihn unter den Stoffen, die sie über ihn zog. Laut schlug die Truhe über ihm zu, und noch ehe die kehligen Schreie der Fremden den Raum erfüllten, riss Avartos seinen Geist gewaltsam aus dem Bild. Doch der Dämmerzustand, in den er geraten

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