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Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)

Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)

Titel: Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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Engelskrieger, ich kenne meine Kunden. Und ich weiß, warum sie kommen.«
    »Ich komme, um mir die Schatten erträglicher zu machen«, entgegnete Avartos. Noch immer klang seine Stimme ruhig, aber das Flackern im Blick des Dämons gefiel ihm nicht, und selbst die Flaschen, die unter der Kälte leise barsten, konnten seinen aufsteigenden Zorn nicht lindern. »Dafür bezahle ich Euch, nicht für unsinniges Geschwätz.«
    Korrodos’ Blick fiel auf den schimmernden Alvresplitter, den Avartos auf die Theke warf. Blitzschnell stopfte er ihn in seine Tasche. »Ihr zahlt gut«, raunte er. »So lasse ich mir mein Schweigegeld gefallen. Ihr wisst, dass es keinen besseren Händler gibt in dieser Stadt.«
    Avartos wartete, bis der Dämon hinter der Theke hervorgekommen war, und lächelte wieder. »Das ist der einzige Grund, aus dem Ihr noch am Leben seid.«
    Korrodos verzog das Gesicht und winkte ab. Schweigend führte er Avartos zu einer der Kabinen. Eine Liege aus zerschlissenem Samt stand darin, umgeben von mehreren Glasbehältern, in denen sich Laskantin in verschiedener Konzentration befand. Avartos ließ sich auf der Liege nieder und begann seinen Ärmel hochzukrempeln, als er eine leere Glaskapsel neben sich bemerkte. Offensichtlich hatte sie ein früherer Gast zurückgelassen. Gerade wollte er Korrodos darauf hinweisen, als dieser sich an einem Behälter mit tiefroter Farbe zu schaffen machte.
    »Dämon«, sagte Avartos mit schneidender Kälte. »Ihr kennt meine Dosis, oft genug habe ich bei Euch bestellt. Haltet mich nicht zum Narren, um mehr für Euren Dienst zu bekommen, als ich Euch bereits gab.«
    Korrodos drehte sich zu ihm um. »Ich sagte es Euch schon einmal: Ich kenne meine Kunden. Ich weiß, wie stark die Dosis sein muss, um … «
    Doch Avartos ließ ihn nicht aussprechen. »Der Tag, an dem ich mein Schicksal in die Klauen eines Dämons lege, wird niemals kommen«, erwiderte er und deutete auf einen anderen Behälter. »Nehmt diesen dort. Die Konzentration wird ausreichend sein.«
    Der Dämon zögerte einen Moment, doch dann warf er einen Blick auf Avartos’ Arm und nickte langsam. »Wie Ihr wollt, Hoher Engel, wie Ihr wollt. Offensichtlich kennt Ihr die Prozedur gut.«
    Avartos’ Miene verfinsterte sich. Im Licht von Korrodos’ Kristallwürfel waren die Narben auf seinen Unterarmen sichtbar geworden, die sonst nicht zu sehen waren. Er sah zu, wie der Dämon eine Spritze mit heller roter Farbe füllte, und dachte an den Blick, mit dem Noemi ihn mitunter betrachtete, als könnte auch sie die Narben in seinem Fleisch sehen. Kein Wort sagte sie zu ihm, aber er wusste, was sie dachte – er konnte die Verachtung in ihren Augen lesen. Doch was wusste sie schon! Sie ahnte nichts von der Verschlagenheit der Schatten, die immer drängender nach ihm riefen und die ihn fallen sehen wollten. Aber er war kein Dämon, der sich von seinen Emotionen treiben ließ. Er war ein Krieger des Lichts, und er würde dem Ruf der Dunkelheit nicht folgen.
    Rötliche Lichtreflexe fielen auf seine Haut, als Korrodos die Spritze ansetzte, und für einen Moment musste Avartos an die Lieder denken, die in seinem Volk über die Rote Kraft gesungen wurden. Viele Engel glaubten, dass das Laskantin jene Macht wäre, die Gott ihnen bei ihrem Sturz genommen hatte. Doch Avartos interessierte sich nicht im Geringsten für Gott. Alles, was für ihn zählte, war die Ruhe, die das Laskantin ihm verschaffte. Warm strömte es nun in seine Adern. Es linderte seinen Zorn und schützte ihn vor den Geräuschen und dem Gestank seiner Umgebung, und während sein Körper schwer wurde, spürte er nur noch schwach die leere Glaskapsel zwischen seinen Fingern. Sie waren überall gleich, diese Ampullen mit Laskantin, und doch wäre es in Nhor’ Kharadhin niemals dazu gekommen, dass er sich beinahe auf das leere Exemplar eines anderen Engels gesetzt hätte. Er dachte an die Tempelanlagen in der Goldenen Stadt, in der Laskantin aufgenommen werden konnte, und er hätte gern diese schäbige Liege gegen einen Diwan im Palast der Winde getauscht. Wie ein Traum durchzog ihn dieser Gedanke, und gleichzeitig erinnerte er sich daran, wie er bei seinem ersten Besuch der Engelstadt die Augen zusammengekniffen hatte. Alles war so hell gewesen! Damals waren sie von weit her in die Hauptstadt gekommen, damals, als er seine Kindheit auf den Feldern aus Staub zurückgelassen hatte.
    Avartos bewegte die Finger. Für gewöhnlich trat die Wirkung schneller ein und führte dazu,

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