Die Chroniken von Amarid 02 - Der Kristall der Macht
kehrte langsam zu den Stühlen zurück. »Ich hatte gehofft, dass du mich begrüßen würdest, wie die anderen es getan haben. Aber irgendwie wusste ich bereits, dass das nicht passieren würde.«
»Verzeih mir, Kind«, entgegnete Sartol und hob den Blick. »Aber wenn man die Gesellschaft bedenkt, die du dieser Tage vorziehst, kann ich mir nicht vorstellen, dass du in Freundschaft zu mir zurückkehrst.«
Sie lächelte freudlos. »Offenbar bist du immer noch im Stande, die Wahrheit zu erkennen, wenn du ihr gegenüberstehst.« Dann hob sie die Stimme, damit alle im Saal sie hören konnten. »Ich weiß nicht, was Sartol euch heute früh erzählt hat, aber ich sage euch eins: Jaryd und ich fanden ihn über die Leichen von Jessamyn und Peredur gebeugt, und er war es, der uns in Therons Hain gejagt hat. Er hätte uns getötet, wenn Orris nicht dazwischen gegangen wäre und ihn angegriffen hätte.«
»Lügen!«, knurrte Sartol über das verblüffte Getuschel hinweg, das Alaynas Ankündigung folgte. »Die Verräter haben sie ebenso korrumpiert wie Jaryd!«
»Du bist der einzige Verräter hier, Sartol«, fauchte Jaryd. »Ruhe!«, zischte Odinan und stieß den Stab auf den Boden. »Das hier ist eine Verhandlung und kein Karneval. Es gibt bestimmte vorgeschriebene Prozeduren, an die die Tradition uns bindet. Wir haben Regeln! Und ich erwarte, dass ihr euch daran haltet!«
»Eulenmeister Odinan«, erklärte Baden höflich, »den von Terrall aufgestellten Regeln folgend beantrage ich, dass man Jaryd und Alayna erlaubt, ihre Version dessen, was vor Therons Hain geschehen ist, als Teil unserer Verteidigung vorzutragen.«
»Ich protestiere!«, tobte Sartol. »Er hätte alle Zeugen im Voraus benennen müssen.«
Odinan nickte. »Er hat Recht, Baden. Wir wussten vorher nichts von diesen beiden.«
»Dafür gibt es einen Grund«, erwiderte Baden unnachgiebig. »Ich musste davon ausgehen, dass ihr Leben in Gefahr war, dass man sie vielleicht umgebracht hätte, wenn öffentlich bekannt geworden wäre, dass sie hier sein würden. Unter bestimmten Umständen ist es mir erlaubt, auch ohne vorherige Ankündigung Zeugen zu bringen.«
Sartol lachte ungläubig. »Es bestand keine Gefahr! Er behauptet das nur, um seinen Antrag zu rechtfertigen.« Odinan zuckte die Achseln. »Das ist nicht meine Entscheidung. Wie bei allen anderen Streitfällen dieser Art wird die Frage von der Versammlung beantwortet werden.« Er sah sich um. »Wer ist dafür, dass Alayna und Jaryd aussagen?« Bis auf Sartol hoben alle Magier im Saal die Hand. »Du kannst fortfahren, Baden.«
»Danke.« Der Eulenmeister wandte sich seinem Neffen zu. »Jaryd, Sartol hat gesagt, er hätte sich kurz vor Beginn des Gewitters zum Fluss aufgemacht, um unsere Wasserschläuche zu füllen, während Jessamyn und Peredur Fackeln suchen wollten. Entspricht das deiner Erinnerung an das, was geschehen ist?«
Jaryd sah Sartol an und schüttelte den Kopf. »Nein. Sartol, Alayna und ich waren gerade dabei, uns zu unterhalten, als Jessamyn uns ansprach und sagte, sie brauchte jemanden, der die Vorräte und die Ausrüstung zudeckt, und jemanden, der Fackeln holt. Sartol hat sich gemeldet, um das Letztere zu tun, und es Alayna und mir überlassen, uns um die Vorräte zu kümmern. Kurz darauf sahen wir, wie Jessamyn auf das kleine Gehölz zuging, zu dem Sartol vorher schon gegangen war. Bald danach kam Peredur, der Jessamyn suchte, zu uns, und wir sagten ihm, wo er sie finden könnte. Ein oder zwei Minuten später hörten wir Jessamyn schreien. Wir liefen zu dem Gehölz, um nachzusehen, was passiert war, und als wir es erreichten, sahen wir Sartol, der sich über die Leichen beugte. Ich sah, dass seine Eule den Kadaver von Peredurs Vogel in den Krallen hatte, und ich bezichtigte ihn, die Weise und den Ersten getötet zu haben. Daraufhin hat er versucht, mich umzubringen. Alayna hielt ihn auf, und wir flohen. Ich war sicher, dass er uns erwischen und umbringen würde, aber dann kam Orris und griff ihn an. Wir rannten weiter und gelangten in Therons Hain.« »Habt ihr eine Ahnung, wieso er Jessamyn umbringen wollte?«, fragte Baden.
Der junge Magier hielt einen armlangen Ast hoch, in dem sein schimmernder blauer Ceryll steckte. »Das hier ist eine der Fackeln, die Sartol gerade vorbereitete, als Jessamyn ihn unterbrach. Er hat einen Ceryll hineingesteckt, so dass Therons Geist im Stande sein würde, seine Macht besser zu konzentrieren. Er hoffte, der unbehauste Eulenmeister würde uns alle
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