Die Chroniken von Amarid 02 - Der Kristall der Macht
Badens Herz zu.
Aber dann sah Niall etwas so Großartiges und Unerwartetes, dass er vor Staunen und Hoffnung laut aufschrie. Ein schimmernder Vorhang von blauer Macht strahlte wie Sonnenlicht von Jaryds Ceryll aus und blockierte Sartols Feuerball nur ein paar Zoll vor Baden. Es gab einen Schlag, der die Halle beben und den hageren Eulenmeister zu Boden stürzen ließ. Jaryd ließ alle Magie, die er aus bisher unbekannten Quellen bezog, deren Symbol in Form des wilden, grauen Vogels auf seiner Schulter saß, in diesen Schild fließen. Er hatte seinen Ceryll vor sich ausgestreckt, und die Muskeln in seinem Arm zitterten, so sehr spannte er sie an. Sein Gesicht war von Schweiß überzogen. Selbst sein Falke saß starr und reglos da und hatte die Augen geschlossen und den Schnabel wie zu einem lautlosen Schrei geöffnet. Gemeinsam ergossen Mann und Vogel jede einzelne Unze ihres Wesens in den Widerstand gegen Sartols gelbes Feuer.
Und es war nicht genug. Vielleicht hätte der Schild gegen Sartol allein, nur mit seinem Ceryll bewaffnet, gehalten. Zweifellos hätte er einem Angriff von jedem anderen Magier im Saal standhalten können, aber angesichts der Kraft dieses Feuers, verstärkt von dem großen Kristall, den Amarid und Theron vor tausend Jahren von Ceryllon mitgebracht hatten, musste die schimmernde Saphirmauer nachgeben. Wie hätte es auch anders sein können? Zunächst ganz langsam, dann schneller, begann sie sich zu biegen wie das Segel eines Schiffes bei heulendem Sturmwind - sie bog sich, brach aber nicht sofort.
Aber der Stein war so groß, und Sartols Macht ging so viel tiefer. Mit einem boshaften Grinsen, aber kaum einer Spur von Anstrengung, verstärkte Sartol seinen Angriff und zog eine hellere, zornigere Flamme aus dem riesigen Kristall. Jaryd stürzte auf ein Knie und keuchte verzweifelt. Ein schreckliches Geräusch, wie ein lautes Reißen, ging von dem blauen Schild aus, der nun kurz davor stand zu brechen, und hallte von den Mauern wider. Der Schild wäre gebrochen - tatsächlich hatte das Gelb schon begonnen, durch das Blau zu sickern und griff nach Baden wie eine tödliche Hand -, aber in diesem Augenblick blitzte ein drittes Licht auf. Sonels Grün stützte Jaryds Blau und hielt Sartols Voranschreiten auf. Einen Augenblick später kam auch Radomils Elfenbeinglitzern hinzu, und das Gelb wurde langsam zurückgedrängt. Lila von Alayna. Weinrot von Niall. Und bald kamen unzählige Farben Jaryd zur Hilfe und verbanden sich zu einem so blendend hellen Licht, dass es schien, als hätte sich die Sonne selbst in Amarids Große Halle gebrannt.
Und immer noch kämpfte Sartol. Nun war ihm die Anstrengung anzusehen - an seinem schweißnassen, verzerrten Gesicht und den Schweißspuren auf seinem Umhang und an dem wilden, blicklosen Starren der gelben Augen seiner Eule. Aber Sartol kämpfte. Und abermals begann sich das gelbe Feuer vorwärts zu drängen. So stark war er, und wegen des Steins stärker als jeder andere Magier vor ihm, dass selbst die gesamte Macht aller anderen im Saal ihn nicht aufhalten konnte.
Schaudernd vor Anstrengung und kaum mehr fähig, aufrecht zu stehen, spürte Niall, wie er zurückgeschlagen wurde. Er kämpfte um sein Leben, um des Andenkens an Vardis willen und aus Liebe zu seinem Land. Er versuchte wirklich, sich zu widersetzen, aber Sartol war wie die Flut - er war einfach nicht aufzuhalten. Niall schaute sich um, versuchte einzuschätzen, wie lange die anderen Magier noch standhalten konnten, und dabei sah er einen der riesigen, blau gekleideten Diener auf Baden zueilen. Er setzte zu einem Warnschrei an, denn er befürchtete, der Mann wollte dem Eulenmeister antun, was Jaryd bisher verhindert hatte. Aber dann hielt Niall inne und erkannte mit einem Aufflackern von Hoffnung, dass der Mann Baden nicht bedrohte, sondern ihm seinen Stab zurückbrachte. Er brachte auch Trahn seinen Ceryll, und sofort fügten die beiden Magier ihre Kraft, orangefarbenes und braunes Licht, dem strahlenden weißen Schutzwall gegen Sartol hinzu.
Wieder hatte sich das Gleichgewicht der Kräfte verschoben. Und diesmal konnte Sartol nicht zurückschlagen. Nach und nach wurde das hellgelbe Feuer aus dem Rufstein aufgehalten und abgewehrt. Die Augen weit aufgerissen in der Erkenntnis, dass seine Macht nicht genügen würde, brüllte Sartol vor Wut und wich zum Stein hin zurück, als wollte er all seine Macht auf die Phalanx der Magier vor ihm konzentrieren. Aber auch das nutzte nichts. Das weiße Licht
Weitere Kostenlose Bücher