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Die Chroniken von Amarid 02 - Der Kristall der Macht

Die Chroniken von Amarid 02 - Der Kristall der Macht

Titel: Die Chroniken von Amarid 02 - Der Kristall der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David B. Coe
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eingeschlagen? Er musste unbedingt herausfinden, was sie vorhatten. Und an dieser Stelle kam Niall ins Spiel. Als zeitweiliger Eulenweiser zu amtieren hatte viele Vorteile, darunter auch, unbegrenzten Zugang zu dem Stein zu haben. Aber es zwang ihn, in der Großen Halle zu bleiben, und verlangte eine gewisse Würde. Er konnte kein Auge auf Baden und die anderen halten, ohne unerwünschte Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, und er hatte nicht vor, Jahre des Planens nun durch Achtlosigkeit aufs Spiel zu setzen. Stattdessen hatte er sich dem silberhaarigen Eulenmeister zugewandt.
    Sartol hatte schon vor mehreren Jahren begonnen, sich Nialls Vertrauen und Freundschaft zu erwerben, noch vor Feargus' Tod und der Wahl von Jessamyn zur Eulenweisen und mehrere Jahre, nachdem der Orden Sartol mit seinem Tadel gedemütigt hatte. Schon damals hatte er den Kern seines Plans in sich getragen und begonnen, ihn zu nähren, ihn still und leise in seinem Herzen zu pflegen, ihm aber auch Raum zu verschaffen, um Wurzeln zu schlagen und zu wachsen. Er hatte damals noch nichts von Calbyr und den Fremden gewusst, hatte aber bereits erkannt, dass er mit den anderen Eulenmeistern gut auskommen musste; dass, welche Form sein Plan am Ende auch annehmen würde, ihre Unterstützung ungeheuer wichtig sein würde, wenn er sich die Macht über den Orden verschaffen wollte. Es war einige Zeit nach dem Tod von Nialls Frau gewesen, der den Mann in tiefste Verzweiflung gestürzt hatte. Wo Sartol einstmals einen potentiellen Rivalen erblickt hatte, sah er nun nur noch einen Mann vor sich, dem jeder Ehrgeiz und jede Zielrichtung fehlten und der weder willig noch fähig war, bei den Entscheidungen des Ordens eine aktive Rolle zu spielen. Sartol wusste, dass er irgendwann versuchen würde, mit Niall näher in Kontakt zu kommen, so wie er es bereits mit Odinan, Baden und mehreren anderen getan hatte. Aber die Unterstützung des älteren Mannes schien für seinen Erfolg nicht mehr wichtig. Zu dieser Zeit stellte Niall zweifellos keine Gefahr mehr dar.
    Aber dann hatte Niall ihn und alle anderen überrascht, indem er am letzten Tag der Sommerversammlung eine leidenschaftliche Ansprache hielt, obwohl er an den ersten beiden Tagen fast nur geschwiegen hatte. Sartol konnte sich nicht mehr genau erinnern, was Niall denn nun aus seinem Kummer und seiner Starre gerissen hatte, aber er wusste, es musste eine Kleinigkeit gewesen sein, eine Verfahrensfrage, wenn er sich genau erinnerte - und das hatte nur zu der Überraschung beigetragen, die alle bei Nialls Ausbruch überfiel. Sartol erinnerte sich allerdings, dass Nialls Kommentare direkt auf seine eigene Ansprache gefolgt waren und dass sich der Eulenmeister streng gegen beinahe alles ausgesprochen hatte, was Sartol sagte. Als sich die Magier danach zu Lichterprozession aufstellten, die das Ende der Versammlung kennzeichnete, war Niall mit etwas verlegener Miene auf Sartol zugekommen. »Sartol, ich möchte mich für meine Anmerkungen von heute früh entschuldigen«, hatte er bedauernd erklärt. »Ich wollte nicht respektlos sein, und ich wollte dich ganz bestimmt nicht beleidigen.« Sartol hatte gegrinst und eine Hand auf die Schulter des älteren Mannes gelegt. »Das hast du auch nicht, Niall«, erwiderte er. »Um ehrlich zu sein, es war schön, dich wieder so leidenschaftlich zu sehen, wie ich es aus ... aus früheren Zeiten in Erinnerung habe. Das hat mir all die Jahre gefehlt.«
    Niall hatte sich abgewandt, beinahe schüchtern dreingeschaut, und der Hauch eines Lächelns hatte seine Lippen umspielt. Sein Blick war allerdings eher gequält gewesen, und einen Augenblick hatte Sartol sogar befürchtet, der ältere Mann könne zu weinen beginnen. »Mir hat es auch gefehlt«, hatte er schließlich gesagt.
    »Dann hoffe ich nur, dass wir wieder mehr davon zu sehen bekommen.«
    »Ich ebenfalls, Sartol. Danke.« In der Stimme des Eulenmeisters hatte solche Dankbarkeit und solche Wärme gelegen, dass Sartol wusste, er hatte einen ungemein wertvollen Verbündeten gewonnen. Das hier war nicht nur ein Meister, der ihn eines Tages bei der Wahl zum Eulenweisen unterstützen konnte, das hier war jemand, den er vielleicht mit der einen oder anderen wichtigen Aufgabe betrauen könnte, bei der ein gewisses Maß an Vorsicht vonnöten war.
    Einer Aufgabe wie dieser. Auf den nächsten Versammlungen hatte Sartol seine Freundschaft zu Niall weiter gepflegt und sie mit Komplimenten und Vertraulichkeiten genährt. Er hatte auch bemerkt,

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