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Die Chroniken von Amarid 03 - Das dunkle Herz von Lon Ser

Die Chroniken von Amarid 03 - Das dunkle Herz von Lon Ser

Titel: Die Chroniken von Amarid 03 - Das dunkle Herz von Lon Ser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David B. Coe
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des Gebäudes aus. Das Haus hatte schon mehreren schweren Unwettern widerstanden, und es kam Erland so vor, als ob es besonders in diesem Winter an jedem Tag erneut auf die Probe gestellt wurde.
    Die größte Ironie dabei bestand jedoch darin, dass Erland zwar nicht vorhatte, in Amarid alt zu werden wie so viele andere Meister, aber auch nicht plante, den Rest seiner Tage in diesem Haus zu verbringen. Oh, das war durchaus anders gewesen, als er eingezogen war. Er erinnerte sich noch an seinen ersten Abend im Haus, als er von einem Zimmer zum anderen gegangen war und immer wieder gedacht hatte: Das hier ist mein Zuhause, das letzte, das ich je haben werde. Ich werde hier sterben.
    Erland grinste und schüttelte den Kopf bei dieser Erinnerung, während er die vertrockneten Blüten der Akeleien pflückte. Schwer zu glauben, dass er sich jemals solch jämmerlichen, selbstmitleidigen Gedanken hingegeben hatte. Aber das war vor Odinans Tod gewesen, bevor Erland zum Anführer der älteren Eulenmeister geworden war und, wie er manchmal glaubte, die einzige Stimme der Vernunft unter jenen, die im Versammlungssaal das Wort ergriffen. Und es war gewesen, bevor Erland begriffen hatte, dass es nur einen Weg gab, um zu verhindern, dass Baden Eulenweiser wurde und den Orden und Tobyn-Ser in eine katastrophale Auseinandersetzung mit Lon-Ser führte - nämlich selbst Eulenweiser zu werden. Nein, er hatte nicht vor, vor sich hin zu siechen, und er hatte auch nicht vor, in diesem Haus hier zu sterben, so schön es auch sein mochte. Er würde in der Großen Halle sterben, wahrscheinlich in der Wohnung des Weisen. Welche andere Wahl hatte er schon? Das lag allerdings noch weit in der Zukunft. In den dazwischenliegenden Jahren würde er viel zu tun haben. Sicher, der größte Teil davon würde warten müssen. Sonel war ein kompetentes Oberhaupt, aber kein mutiges. Sie neigte nicht zu dramatischen Aktionen. Falls sie dazu geneigt hätte, hätte sie längst etwas unternommen. Erland wusste, dass Baden ihr Geliebter war - es war so offensichtlich, dass er sich eigentlich nur wunderte, dass es noch kein anderer bemerkt zu haben schien - und er war sicher, dass der Eulenmeister diese Beziehung genutzt hatte, um sie zu ermutigen, einer der Empfehlungen seines verfluchten Berichts zu folgen. Und dennoch, man musste es Sonel hoch anrechnen: Sie hatte nichts unternommen. Sie hatte Erland und den Rest des Ordens ziemlich überrascht, als sie sich mit dem Herrscherrat von Lon-Ser in Verbindung gesetzt hatte. Danach hatte sie die Dinge allerdings wieder auf sich beruhen lassen. Der Tumult bei der letzten Versammlung hatte sie offenbar verstört, vielleicht sogar verängstigt, und sie hatte rasch nach Kompromissen gesucht.
    Aber während Sonel offenbar nicht dazu neigte, irgendetwas Unerwartetes oder Bemerkenswertes zu unternehmen, glaubte Erland durchaus, dass man sie dazu bringen konnte, kleine Schritte zu machen. Zweifellos steckte Baden hinter ihrem fehlgeleiteten Entschluss, diesen Brief nach Lon-Ser zu schicken. Also würde Erland sie vielleicht auch zu einigem drängen können. Er hatte sich entschlossen, mit Baram zu beginnen.
    Dass der Fremde immer noch lebte, war für Erland ein Affront gegen das Andenken an jeden einzelnen Menschen, der in Kaera und Wasserbogen umgekommen war. Jeder Atemzug, den Baram machte, besudelte die Opfer, die Peredur, Jessamyn und Niall gebracht hatten. Wie konnte Baden das nicht erkennen? Der Eulenmeister und Jessamyn waren gute Freunde gewesen. Baden hatte seine Eule auf Phelans Dorn verloren. Und dennoch kämpfte er um das Leben des Fremden und setzte seine eigene Stellung im Orden aufs Spiel. Erland konnte das einfach nicht verstehen.
    Aber wenn schon die Tatsache, dass Baram nur im Gefängnis saß, ein Affront war, so war der Gedanke, ihn nach Lon-Ser zurückzuschicken, eine Unverschämtheit sondergleichen. Schon der Gedanke daran erfüllte ihn mit Zorn. Er würde es niemals zulassen - er würde eher sterben. Er würde den Orden zerreißen, falls das notwendig wäre. Und tatsächlich hatte er das Gefühl, dass diese Auseinandersetzung durchaus zu einer Spaltung führen könnte. Es war das gefährlichste Thema, über das die Magier zu seinen Lebzeiten diskutiert hatten.
    Und um diese Gefahr zu verringern, hatte sich Erland nun entschlossen, alle Energie darauf zu verwenden, Baram hinrichten zu lassen. Es war die einzige Möglichkeit für den Orden, aber noch mehr als das: Es war das einzig Angemessene. Durch

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