Die Chroniken von Amarid 03 - Das dunkle Herz von Lon Ser
den Kopf. »Das brauchst du nicht zu fürchten. Sie werden uns nicht wieder überraschen können. Nein, es ging um andere Dinge. Nichts, um was du dir Gedanken machen müsstest.« Aber etwas in Sonels Ton sagte Cailin, dass die Eulenweise sich Sorgen machte, und sie spürte, wie ihre eigene Angst wuchs.
Sonel seufzte. »Ich habe dich erschreckt«, stellte sie entschuldigend fest. »Es ist wirklich nichts, Kind. Ich verspreche es dir. Ordenspolitik, nichts weiter.« Sie sah Cailin direkt in die Augen. »Ich verspreche es dir«, wiederholte sie. Cailin hörte die Wahrheit in den Worten der Frau, sah sie in ihren grünen Augen, und sie spürte, wie etwas in ihrer Brust sich löste. Sie nickte.
Die Weise öffnete die Tür wieder. »Pass auf dich auf, Cailin«, sagte sie mit einem freundlichen Lächeln. »Arick behüte dich!«
Cailin antwortete nicht, aber sie sah die Eulenweise weiterhin an. Schließlich wandte Sonel sich ab, immer noch lächelnd, aber wieder mit traurigem Blick. Ohne ein weiteres Wort drehte sie sich um und ging.
Cailin blieb noch lange sitzen, in ihre Decke gewickelt, und betrachtete ihren schlafenden Falken. Dann allerdings knurrte ihr Magen wieder, und sie stand auf, ließ die Decke fallen und rief Marcran zu sich. Das Gespräch mit der Eulenweisen war ganz anders verlaufen, als sie gewollt hatte, aber sie war auch nicht sicher, dass es so verlaufen war, wie Sonel es sich vorgestellt hatte. Es überraschte sie, wie sehr sie das freute.
An Tagen wie diesem, wenn der Wind wie ein streunender Hund vor der Tür heulte und sich Schnee und Eis auf der Fensterbank sammelten und gegen das Glas drückten, als wollten sie unbedingt hineingelassen werden, freute sich Erland noch mehr als sonst über sein kleines Haus. Noch vor ein paar Jahren hätte er an einem Tag wie diesem Zuflucht in einem muffigen Gasthaus in einem der Dörfer in der Nähe gesucht oder sich wohlmeinenden Freunden aufgedrängt. Aber heute konnte er die Wärme seines eigenen Feuers in seinem eigenen Wohnzimmer genießen und die Pflanzen gießen und beschneiden, die er aus seinem eigenen Garten zum Überwintern hereingebracht hatte. Vor drei Sommern, als die Leute aus Kiefernhain ihm angeboten hatten, zum Dank für seine Jahre des Dienens in ihrem Dorf und dem Rest des Falkenfinderwalds ein Haus für ihn zu bauen, hatte er dankend abgelehnt. Das Angebot hatte ihn verlegen gemacht, und er hatte befürchtet, er würde gegen Amarids Erstes Gesetz verstoßen, wenn er es annähme.
Aber sie hatten ihn immer wieder bedrängt und ihm versprochen, dass sie ihm dieses Geschenk freiwillig böten, als Zeichen ihrer Dankbarkeit und Freundschaft.
Also hatte er sich schließlich doch davon überzeugen lassen, dass dieses Angebot zulässig war, und er musste zugeben, dass es ihn wirklich verlockte. Er war in den vergangenen Jahren des Umherziehens müde geworden. Immerhin war er ein alter Mann, und er hatte nun seit mehr als dreißig Jahren kein Zuhause mehr gehabt. Und ein Haus ganz in der Nähe von Kiefernhain würde ihm gestatten, sich niederzulassen, ohne diese Menschen zu verlassen, denen er so lange gedient hatte. Er hatte gesehen, was aus Meistern wurde, die ihr Leben aktiven Dienens aufgaben, um sich in Amarid niederzulassen: Sie verschrumpelten wie Trockenobst. Sie wurden träge und schlaff und ließen sich ohne Ziel und Leidenschaft durch ihre letzten Jahre treiben. Auf solche Weise würde Erland diese Welt ganz bestimmt nicht verlassen. Er hatte noch viel zu viel zu tun. Am Ende gab er also nach und gestattete den Dorfbewohnern, ihm dieses Haus zu bauen.
Es war ein bescheidenes Haus, aber mehr als angemessen für seine Bedürfnisse. Es hatte ein kleines Wohnzimmer, eine ebenso kleine Küche mit Feuerstelle und ein bequemes Schlafzimmer. Wie die Häuser von Kiefernhain und der meisten anderen Dörfer der Umgebung bestand es aus geschälten Stämmen und Lehm. Der Kamin war aus Ziegeln gemauert, und das Dach hatte Holzschindeln. Die einzige Extravaganz des Entwurfs bestand in den vielen Glasfenstern. Während die meisten Häuser in Kiefernhain nur ein oder zwei Glasfenster hatten, verfügte Erlands Heim über mindestens zwei in jedem Zimmer. Vielleicht, so dachte der Magier oft, hatten die Dorfbewohner geglaubt, dass sie für ihre eigene Sicherheit sorgten, wenn sie ihm viele Fenster gaben, durch die er seine Umgebung im Auge behalten konnte. Was immer der Grund gewesen sein mochte, die Fenster wirkten sich nicht nachteilig auf die Festigkeit
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