Die Chroniken von Amarid 04 - Die Retterin des Landes
freundlich. Sie sah in diesem Augenblick sehr blass und zart aus.
»Ach, das weiß ich nicht«, murmelte die Frau verlegen. »Ich denke, ihr könntet vielleicht damit anfangen, diesen Fremden so zu bestrafen, wie er bestraft werden sollte.« Jaryd und Alayna wechselten einen Blick, und er sah, wie sich seine eigenen Gedanken in ihrem Blick spiegelten. Zumindest wissen sie noch nichts von Orris.
Später am selben Tag holten sie auf dem Weg eine Gruppe von Musikern ein. Es waren insgesamt sechs: vier Männer, die Instrumente dabeihatten, und zwei Frauen, die, wie man den Magiern erzählte, zu der Musik singen würden. Sie schienen mehr Verständnis für den Orden zu haben als die meisten anderen, denen Jaryd und Alayna begegnet waren, aber das war immer noch nicht allzu viel, und sie hatten schlechte Nachrichten. Erland hatte begonnen, den Leuten zu erzählen, was Orris getan hatte, und er hatte offen von dem gesprochen, was nach seiner Ansicht eine Verschwörung von Verrätern innerhalb des Ordens war. Der Lautenspieler, ein älterer Mann, der offenbar der Anführer der Gruppe war, erklärte, die Leute, die ihm von Erland erzählt hatten, seien durchaus willig gewesen, das Schlimmste über den Orden anzunehmen.
»Was er euch von Orris erzählt hat, ist wahr«, gab Jaryd zu. »Aber die unter uns, die auf Orris' Seite stehen, halten das, was er getan hat, nicht für Verrat. Er versucht, Tobyn-Ser zu retten, und will dem Land sicher keinen Schaden zufügen.«
»Ich glaube dir ja«, erwiderte der Barde, »aber ich bin in der Minderheit, selbst unter meinen Freunden hier.«
Jaryd sah die anderen an und erkannte, dass die drei jüngeren Männer und die jüngere der beiden Frauen ihn zweifelnd beäugten.
»Ich weiß selbstverständlich nicht, was in der Großen Halle passiert ist«, fuhr der ältere Mann fort. »Aber im Augenblick ist es den Leuten offenbar egal, wer die Wahrheit sagt. Erland bietet Tobyn-Ser eine Alternative zum Orden, und das ist etwas, was sich viele schon seit Jahren wünschten.« Seit den Angriffen der Fremden. Der Musiker brauchte es nicht auszusprechen. Jaryd und Alayna wussten, was er meinte. Als sie weitergeritten und außer Hörweite waren, verlieh Jaryd einem Gedanken Ausdruck, der ihn nun schon seit Tagen beunruhigt hatte. »Es ist beinahe ohne Bedeutung, ob Orris Erfolg hat oder nicht«, sagte er. »Die Fremden haben erreicht, was sie wollten. Wenn das so weitergeht, wird es bald keinen Orden mehr geben. Wer immer diese Truppe von Fremden geschickt hat, braucht gar keine andere mehr zu schicken.«
Alayna sah ihn ernst an. »Ich habe dasselbe gedacht«, sagte sie. »Und dann bin ich zu der Ansicht gelangt, dass Erland vielleicht Recht hatte.« »Wie meinst du das?«
»Denk doch mal nach«, antwortete sie. »Die Fremden haben versucht, die Magie als Gefahr auszuschalten, und sie waren der Ansicht, das könnten sie am besten erreichen, indem sie den Orden vernichten. Aber sie haben sich geirrt. Die Magie ist viel mehr als der Orden allein. Die Tatsache, dass so viele die Liga unterstützen, beweist das. Selbst wenn die Liga die Stelle des Ordens einnehmen würde, wäre Tobyn-Ser immer noch geschützt, und die Fremden wären nicht besser dran als zuvor.«
»Daran mag etwas Wahres sein«, gab Jaryd zu, »aber das heißt nicht, dass Erland Recht hat.«
»Nein?« Sie holte tief Luft und schüttelte den Kopf. »Erland ist arrogant und wichtigtuerisch, und er wittert überall Verschwörungen. Das weiß ich ebenso gut wie du. Aber er hat zumindest begriffen, dass der Orden und seine Mitglieder weniger wichtig sind als Amarids Gesetze und die Magie. Wir dienen dem Land, und wir müssen seine Gesetze achten. Wir haben uns alle so viel Gedanken darüber gemacht, Orris vor Erlands Anklagen zu schützen, dass wir das aus den Augen verloren haben.«
»Aber Orris versteht wahrscheinlich am besten, was du da sagst! Indem er Baram befreit und mitgenommen hat, hat er alles aufs Spiel gesetzt, um das Land zu retten, selbst wenn das bedeutete, sich dem Orden zu widersetzen.« Alayna nickte. »Du hast Recht. Ich wette, er und Erland haben mehr gemeinsam, als sie denken.«
»Das müssen wir ihm sagen, wenn er zurückkommt«, erklärte Jaryd. »Er wird es sicher komisch finden.« Sie lächelten beide. »Was meinst du also, was wir tun sollen?«, fragte er einen Augenblick später.
»Wegen der Liga?«
Jaryd nickte.
»Ich glaube nicht, dass wir irgendetwas tun können. Wir müssen einfach weiter dem Land
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