Die Chroniken von Amarid 04 - Die Retterin des Landes
sprechen.« »Nun, dann weißt du ja, dass sie von der Liga nichts zu befürchten hat.«
Linnea schüttelte den Kopf. »Das habe ich nicht gesagt. Sie ist nur ein Kind, und es gefallt mir nicht, dass sie in euren Streit mit Sonel hineingezogen wird.«
»Es ist erheblich mehr als ein Streit, Älteste«, erklärte Erland gereizt. »Du solltest die Bedeutung der Liga nicht unterschätzen. Zum ersten Mal seit tausend Jahren hat eine Gruppe von Magiern die Autorität des Ordens, die alleinige Kontrolle über die Magie zu übernehmen, angezweifelt. Die Folgen könnten gewaltig sein. Es wird sich auf jeden in Tobyn-Ser auswirken. Selbst auf die Kinder der Götter«, fügte er mit einem anzüglichen Blick hinzu.
Linnea wich ihm nicht aus. »Umso mehr Grund, ein kleines Mädchen nicht mit hineinzuziehen.«
Erland schnaubte verärgert und ging ein paar Schritte weiter. Er schwieg einen Moment, dann wandte er sich ihr wieder zu. »Wir beide haben einiges gemeinsam, Linnea«, sagte er ernst. Solche Vertraulichkeit hätte sie normalerweise nicht geduldet, aber sie ließ es im Augenblick auf sich beruhen. »Wir sind beide Anführer, wir lieben und verstehen unser Land und seine Menschen. Aber was das Wichtigste ist: Wir haben einen gemeinsamen Feind - den Orden. Wir sollten zusammenarbeiten. Um ehrlich zu sein, bin ich überrascht und enttäuscht, dass du das nicht erkennst.« »Verzeih mir, wenn ich dich nicht sofort als Verbündeten begrüße, Erland«, erwiderte sie, »aber bis vor kurzem warst du ein Teil dieses Ordens. Du kannst dir nicht einfach das Vertrauen des Tempels erwerben, indem du dich als Feind des Ordens bezeichnest. Wenn du ein Verbündeter von uns Hütern werden willst, musst du dir das verdienen.« »Also gut«, sagte er. »Und wie?«
»Du kannst damit anfangen, indem du deinen Anhängern und den Menschen von Tobyn-Ser klar machst, dass die Liga kein Interesse daran hat, das Land zu beherrschen, und den Tempel bei seinen Anstrengungen, den Bürgern von Tobyn-Ser zu dienen und sie zu schützen, als gleichberechtigten Partner anerkennt.«
Der Eulenmeister lächelte. »Das ist bereits Teil unserer Satzung.«
»Tatsächlich?« Linnea war überrascht.
»Wir hatten nie ein Interesse daran, Tobyn-Ser zu beherrschen, Älteste. Das ist einer der Gründe, wieso wir den Orden verlassen haben. Wir glauben, dass Sonel und ihre Anhänger, besonders ein Mann namens Baden, vorhaben, den Orden zu einem allmächtigen Regierungsinstrument zu machen und diese Macht dann zu benutzen, um uns in gefährliche Unternehmungen außerhalb der Grenzen von Tobyn-Ser zu verstricken. Die Liga will das nicht. Und ganz bestimmt wollen wir Tobyn-Ser nicht beherrschen. Wir wollen, dass die Magie wieder ausschließlich ihren ursprünglichen Zwecken dient, wie Amarid sie sah, als er Leoras Geschenk vor tausend Jahren entdeckte.« »Und die wären?«
»Den Menschen dieses Landes zu dienen«, antwortete er. »Und ihre Streitigkeiten zu schlichten. Unsere Macht einzusetzen, um in Zeiten der Not zu helfen und zu trösten.« Selbst Linnea erkannte Amarids Gesetze. Erland hatte sie beinahe wörtlich zitiert. »Erland«, sagte sie mit spöttischem Lächeln, »bist du ein Eiferer?«
»Ich bin Magier«, verkündete der Eulenmeister feierlich. Linnea erschauderte. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und verbarg ihre zitternden Hände in den weiten Ärmeln ihres grauen Gewands.
»Cailins Mitgliedschaft ist für einen Erfolg der Liga als Alternative zum Orden ausgesprochen wichtig«, fuhr Erland fort. »Es gibt in diesem Land kein wichtigeres Symbol für das Versagen des Ordens beim Schutz der Bevölkerung. Als ihre Eltern starben und ihr Dorf zerstört wurde, habt ihr euch um sie gekümmert. Aber als sie sich an diesen Falken band, wurde sie auch zu meiner Verantwortung.«
»Zu deiner oder zu der von Sonel«, wandte Linnea ein, die selbst kaum glauben konnte, dass sie so etwas tatsächlich aussprach.
»Wie bitte?«, zischte Erland. »Das kann doch nicht dein Ernst sein!«
Sie war nicht sicher, was ihr Ernst war. Ihr kam keine dieser Alternativen besonders attraktiv vor. Sie wusste nicht, ob sie sich dazu bringen könnte, den Orden mehr in Cailins Erziehung einzubeziehen, aber Erland kam ihr unausgeglichen und gefährlich vor. Linnea würde Cailin noch eine Weile im Tempel behalten können, aber sie begriff auch, dass sie irgendwann eine Entscheidung treffen musste. »Doch«, erwiderte sie und versuchte, so entschlossen wie möglich zu
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