Die Chroniken von Amarid 04 - Die Retterin des Landes
nach der Versammlung nach Hause zurückkehren würden, wäre eine gesamte Jahreszeit vorüber. Was, wenn in der Zwischenzeit etwas geschah? Ein Unwetter, ein Feuer, sogar ein Erdbeben? Wer würde sich um die Menschen der Bucht und des Unteren Horns kümmern?
Alayna teilte seine Bedenken selbstverständlich. Und daher taten sie das Einzige, was sie tun konnten: Sie beschlossen, für den Rest des Frühlings Wanderer statt Nister zu werden.
Sie würden durch den Falkenfinderwald und über die Berge zu Tobyns Wald wandern - vielleicht würden sie sogar nach Süden zum Oberen Teil der Ebene reiten. Und sie würden in allen Städten und Dörfern, an denen sie vorbeikamen, ihre Dienste anbieten. Auf diese Weise hofften sie, einen gewissen Ersatz für das Leben zu finden, das sie an der Westküste von Tobyn-Ser zurückgelassen hatten. Jaryd wusste, das würde das Bedauern nicht vollkommen lindern, das er darüber empfand, seine Nachbarn im westlichen Tobyn-Ser ohne die Hilfe der Magie zu lassen, aber er hoffte, dass es zumindest ein wenig helfen würde.
Und in den ersten Wochen war dem auch so. Sie ritten durch die untere Hälfte des Falkenfinderwalds und dann zu Tobyns Wald, heilten kleinere Wunden und reparierten zerbrochene Werkzeuge und Zäune. Und obwohl die Menschen, denen sie begegneten, ein wenig zurückhaltend waren, war Jaryd doch froh, ihnen helfen zu können. Aber als es wärmer wurde und die Schatten im Gotteswald tiefer, bemerkten er und Alayna, dass die Menschen, denen sie begegneten, zunehmend misstrauischer wurden. Zuerst nahmen die jungen Magier einfach an, dass diese Leute inzwischen von der Spaltung des Ordens gehört hatten. Aber bald begriffen sie, dass es hier um mehr ging.
Sie befanden sich in einem kleinen Dorf am Ufer des Vier- Fälle-Flusses in Tobyns Wald, als sie zum ersten Mal von Erlands neuer Liga hörten. Ein Hausierer, der von Amarid aus zu den Dörfern in der Nähe von Ducleas Tränen unterwegs war, erzählte ihnen von der neuen Satzung der Liga und deren Erklärung, diese neue Gemeinschaft sei die einzig wahre Hüterin der Magie.
»Erland kann sich doch nicht ernsthaft einbilden, dass seine Liga den Orden jemals ersetzen wird«, sagte Alayna zu Jaryd, während der Hausierer sie mit deutlicher Neugier ansah und offenbar versuchte, ihre Reaktion auf seine Neuigkeiten einzuschätzen.
Jaryd zuckte die Achseln. »Ich denke nicht. Es wird ihm aber nichts anders übrig bleiben, als es zu versuchen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er in den Orden zurückkehrt - zumindest nicht im Augenblick. Und er und seine Anhänger werden besser dran sein, wenn sie sich organisieren, als wenn sie allein durchs Land ziehen.«
»Ich finde, es war ein kluger Schachzug«, warf der Hausierer ein. Beide Magier sahen ihn an. »Nach allem, was mit den Fremden passiert ist, haben die Menschen kein rechtes Vertrauen mehr zum Orden. Aber wir wollen immer noch Magier, die sich um uns kümmern. Tatsächlich«, fuhr der Mann nun selbstsicherer fort, »würde es mich nicht wundern, wenn die Liga den Orden in ein paar Jahren ersetzen wird.« Er setzte dazu an, mehr zu sagen, dann hielt er inne und wurde rot, als ihm plötzlich klar wurde, dass er Mitglieder des Ordens vor sich hatte. »Tut mir Leid, Falkenmagierin«, sagte er verlegen zu Alayna. »Ich wollte nicht unhöflich sein.«
»Ich weiß«, erwiderte Alayna. »Schon gut.« Sie lächelte den Mann an, aber Jaryd sah, wie beunruhigt sie war.
In den nächsten Tagen kam es ihm so vor, als hörten sie überall, wohin sie kamen, wie die Menschen über die Liga sprachen. Anfangs redeten die Leute, denen sie begegneten, noch offen über Erland und seine Anhänger, aber je weiter Jaryd und Alayna reisten, auf desto mehr Zurückhaltung stießen sie. Lebhafte Gespräche brachen plötzlich ab, wenn die Leute bemerkten, dass die beiden jungen Falkenmagier näher kamen. Die wenigen, die mit ihnen über die Liga sprachen, taten das nicht vertraulich, sondern mit einer trotzigen Haltung, als wollten sie den beiden damit deutlich machen, wo ihre Loyalität nun lag.
»Es war ja auch Zeit, dass man euch Magiern im Orden mal etwas zu denken gegeben hat«, sagte ihnen eine Frau in einer anderen kleinen Stadt in Tobyns Wald, nicht weit von der Flussdreieck-Traverse entfernt. »Vielleicht fangt ihr ja jetzt an, zu tun, was wir von euch wollen, statt euch die ganze Zeit nur um euch selbst zu kümmern.«
»Was wolltest du denn von uns, was wir nicht getan haben?«, fragte Alayna
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