Die Chroniken von Amarid 04 - Die Retterin des Landes
Orris. »Sag ihm, ich bin nicht sicher«, antwortete er schließlich leise.
»Ihr seid beide Mistkerle«, rief sie. Sie spürte ein Ziehen in ihrem Herzen und verfluchte die Tränen, die ihr in die Augen stiegen.
»Was hat er gesagt?«, wollte Orris wissen.
»Er sagt, er ist sich nicht sicher«, gab sie zu und brachte den Transporter in einer Gasse vor einem Block zum Stehen. »Und das ist vollkommen in Ordnung. Raus mit euch. Es ist mir gleich, was aus euch wird.«
Orris blieb einfach sitzen, schwieg und sah sie abschätzend an.
»Los, raus hier!«, sagte sie wieder, diesmal lauter.
»Nicht, ehe ich ein paar Antworten erhalten habe«, erwiderte Orris kühl. »Warum hast du deine Männer geschickt, um mich zu überfallen?«
Melyor spürte, wie sie erstarrte, als hätte Orris ihr gerade eine Klinge an die Kehle gedrückt. »Er hat es dir gesagt!«, flüsterte sie.
»Eigentlich nicht«, sagte er. »Er hat nur Andeutungen gemacht. Bis jetzt wusste ich es nicht sicher.«
»Worüber redet ihr beiden da?«, fragte Gwilym.
»Warum hast du das getan?«, wollte Orris noch einmal wissen.
»Es war ein Fehler«, sagte sie, was vollkommen der Wahrheit entsprach, aber sie war nicht dumm genug zu glauben, dass er es verstehen würde.
»Weil deine Leute versagt haben?«
»Nein. Es war ein Fehler, weil ich versucht habe, etwas zu schützen, das es nicht mehr wert ist, geschützt zu werden.« »Wie meinst du das?«, bohrte Orris weiter. »Was wolltest du schützen?«
»Was ist denn los?«, wollte Gwilym wissen und beugte sich vor.
Orris hob einen Finger und bedeutete damit dem Steinträger zu schweigen, aber er ließ Melyor nicht aus den Augen. »Sag es mir«, verlangte er.
Melyor holte tief Luft. Ich hätte es kommen sehen sollen, sagte sie sich. Ich hätte wissen sollen, dass es nicht so einfach sein würde. »Cedrych ist derjenige, der die Eindringlinge in dein Land geschickt hat. Als er nichts mehr von ihrem Anführer hörte, hat er eine zweite Truppe organisiert. Ich sollte sie anführen.«
»Wie bitte?«, zischte Orris, und reiner Hass stand in seinen dunklen Augen.
Sie starrte aus dem Fenster in die Gasse; sie konnte den Zauberer einfach nicht mehr ansehen. »Wenn wir Erfolg gehabt hätten, wäre ich vielleicht der nächste Oberlord geworden, vielleicht sogar Herrscherin«, erklärte sie leise. Sie leckte sich die Lippen, die sich plötzlich schrecklich trocken anfühlten. »Ich wusste, dass du gekommen warst, um Frieden zu schließen; das konnte ich nicht zulassen.« »Also wolltest du mich umbringen lassen.«
Sie nickte. »Ja.«
Tiefes Schweigen senkte sich herab. Nach einiger Zeit räusperte sich Gwilym.
»Erkläre es ihm«, forderte der Zauberer. Aber er machte sich nicht die Mühe, sie anzusehen. »Alles.«
Sie nickte und berichtete dem Steinträger alles, was sie gerade zu Orris gesagt hatte. Als sie fertig war, lehnte sich der rundliche Mann langsam zurück und pfiff leise durch die Zähne. Er starrte durch das Seitenfenster hinaus. Kurze Zeit später jedoch drehte er sich wieder zu ihr um. »Sag dem Zauberer, dass ich dir jetzt vertraue«, sagte er.
Melyor blinzelte und fragte sich, ob sie ihn richtig verstanden hatte.
Gwilym grinste. »Sag es ihm.«
»Du wirst es vielleicht nicht glauben«, erklärte sie mit einem Blick zu Orris, »aber Gwilym hat gerade gesagt, er vertraut mir jetzt.«
Orris drehte sich ruckartig zu dem Steinträger um, und Gwilym nickte.
»Sag ihm, wenn du solche Dinge zugegeben hast, können da eigentlich keine anderen Geheimnisse mehr sein.« Melyor lächelte und wiederholte die Worte des Steinträgers in Tobynmir.
»Das ist nicht dumm«, gab Orris zu.
»Bedeutet das, dass du mir ebenfalls vertraust?«
Orris starrte wieder zur Straße hinaus. »Nein. Aber es bedeutet, dass ich dir noch eine Chance gebe.«
Melyor starrte ihn einige Zeit an, aber er wollte sie nicht anschauen. Schließlich nickte sie. »Also gut«, sagte sie, setzte den Transporter wieder in Bewegung und fuhr auf eine der Hauptstraßen hinaus. »Aber wir sollten sehen, dass wir weiterkommen. Cedrych wird uns verfolgen lassen.«
»Ich habe Neuigkeiten für dich, Dob«, sagte Cedrych, und das bewirkte, dass das Herz des Gesetzesbrechers ihm fest gegen die Rippen hämmerte. »Einige davon sind leider schlecht, andere recht gut.«
Dob versuchte zu schlucken, aber in seinem Mund war keine Spur von Feuchtigkeit. Er hätte beinahe aus Versehen seine eigene Zunge verschluckt. Wie lange hatte er auf ein Wort
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