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Die Chroniken von Amarid 04 - Die Retterin des Landes

Die Chroniken von Amarid 04 - Die Retterin des Landes

Titel: Die Chroniken von Amarid 04 - Die Retterin des Landes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David B. Coe
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ihren weichen, üppigen Lippen und sah ihn liebevoll an. Und der Steinträger klammerte sich an dieses Bild, als wäre es alles auf der Welt, und ließ sich ins Dunkel sinken.
    Der Stab fühlte sich seltsam in Melyors Händen an, leicht und hervorragend ausbalanciert. Und lebendig, als atme er, als ströme Blut hindurch. Und so war es natürlich auch: Gwilyms Blut, und ihres, und das ihrer Mutter, und das Blut eines jeden anderen Gildriiten, der je in Lon-Ser gelebt hatte. Selbst Gildris Blut, das Blut, das sie mit dem Zauberer verband, der neben ihr stand, strömte durch dieses Stück Holz. Es war also nur angemessen, dass der Stein, der den Stab krönte, dieser Kristall, den sie immer wieder ansehen musste, nun blutrot leuchtete.
    Sie erinnerte sich, dass Cedrych einmal erzählt hatte, die ersten Männer, die er mit Calbyr nach Tobyn-Ser geschickt hatte, hätten rote Kristalle gehabt. Zweifellos hatten diese Kristalle ganz ähnlich ausgesehen, wie dieser Stein - ihr Stein - nun aussah. Zweifellos war dieser Stein für sie bestimmt. Es war unmöglich, und dennoch schien es in diesem Augenblick, als hätten die Götter es so entschieden. Melyor schüttelte den Kopf. Solche Gedanken wären ihr noch vor ein paar Tagen vollkommen fremd vorgekommen.
    Orris legte ihr sanft die Hand auf den Arm.
    Sie blickte zu ihm auf und sah, dass er immer noch Tränen in den Augen hatte, aber er lächelte.
    »Was soll ich damit machen?«, fragte sie ihn. »Bringe ich ihn ins Dhaalmar-Gebirge zurück? Trage ich ihn im Nal mit mir herum? Warum hat er ihn mir gegeben?«
    Der Zauberer nickte zu dem Kristall hin, als wäre das Antwort genug. »Er wusste, dass er dir gehörte.«
    »Aber er gehört mir nicht.«
    »Der Stein sagt etwas anderes.«
    Sie wollte widersprechen, aber dann hielt sie inne und spürte, wie sie wieder zu weinen begann. »Ich habe mein ganzes Leben lang geleugnet, dass ich Gildriitin bin«, sagte sie schließlich. »Ich habe es nicht verdient, Steinträgerin zu sein.«
    Der Zauberer zögerte, und Melyor hielt den Atem an. Sie wusste selbst nicht genau, was sie nun von ihm hören wollte.
    »Ich glaube, dass die Götter solche Dinge entscheiden«, sagte Orris schließlich, »und dass sie das aus bestimmten Gründen tun. Ich kenne viele Frauen und Männer in Tobyn-Ser - und das sind alles gute Menschen -, die sich nichts sehnlicher wünschen, als Magier zu sein. Und dennoch, die Götter übergehen sie. Und ich habe auch einen kennen gelernt, der erwählt wurde und der zu solcher Grausamkeit und Falschheit fähig war, dass ich mich frage, was die Götter sich wohl dabei gedacht haben, als sie ihm dieses Geschenk gaben.« Er schüttelte den Kopf, als wollte er eine unangenehme Erinnerung abschütteln. »Ich meine damit«, fuhr er fort, »dass es sinnlos ist, dich zu fragen, wieso die Götter dich auserwählt haben, Gwilyms Platz einzunehmen. Akzeptiere einfach, dass sie es getan haben, und tu dein Bestes, so weiterzumachen, wie er es getan hätte. Wenn man die Geschichte seiner ...« Er lächelte. »Wenn man die Geschichte deiner Leute bedenkt, ist es vielleicht Zeit, dass eine Gildriitin mit deinem Hintergrund in Bragor-Nal auftaucht. Vielleicht wird das ja zu dem Ergebnis führen, das Gwilym sich gewünscht hat.«
    Melyor spürte, wie sich etwas in ihrer Brust löste, und es gelang ihr sogar zu lächeln. »Mag sein«, sagte sie. »Danke.« Sie wandte sich den Männern der Herrscherin zu, die die Spuren des Gemetzels begutachteten: Acht Attentäter und fünf Gardisten waren tot, Iwan war der halbe Kopf weggeschossen worden, und der Steinträger lag ebenfalls tot am Boden. »Bringt uns zu Herrscherin Shivohn«, sagte sie zu den Männern in Uniform. »Sie wird uns sehen wollen.« Einer der Männer nickte. Mehrere blieben zurück, um dafür zu sorgen, dass die Leichen von Gwilym, Iwan und den Gardisten zum Palast gebracht wurden, und ein kleines Kontingent eskortierte Melyor und den Zauberer zurück zu Shivohns Residenz. Als man sie in dasselbe Zimmer führte wie zuvor, war die Herrscherin bereits anwesend und ging unruhig vor dem großen Fenster zum Garten auf und ab. Sobald Shivohn sie sah, eilte sie auf sie zu. »Was ist passiert?«, wollte sie wissen. »Wo ist Iwan?«
    »Wir wurden angegriffen«, antwortete Melyor in Orris' Sprache. »Dein Leibwächter wurde getötet, ebenso wie der Steinträger und beinahe alle Gardisten, die uns begleiteten.«
    Die Herrscherin wurde bleich, und sie sackte vorwärts, als hätte man ihr

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