Die Chroniken von Amarid 04 - Die Retterin des Landes
Eule. »Das habe ich nicht gemeint! Wieso trägst du diesen Umhang?«
»Weißt du, was ich glaube, Cailin? Ich glaube, einer der Gründe, wieso du den Orden so sehr hasst - von dem, was in Kaera geschehen ist, einmal abgesehen -, besteht darin, dass du dich nicht dazu überwinden kannst, dem Orden beizutreten, und daher als Magier allein bleiben musst.« Er hob die Hand, um ihren Widerspruch abzuwehren, und schüttelte den Kopf. »Versteh mich nicht falsch: Niemand nimmt es dir übel, dass du den Schwur nicht leisten willst. Aber ich kann mir vorstellen, dass es manchmal ganz schön einsam für dich ist, wenn du sonst niemanden kennst, der dieselbe Begabung hat.«
Cailin starrte ihre Füße an, denn sie wollte diesem Erland nicht in die Augen sehen. Sie war nicht sicher, was sie von ihm halten sollte, und ganz bestimmt würde sie ihm nichts anvertrauen. Und dennoch ... »Im Winter ist eine Frau hergekommen und hat mit mir gesprochen«, sagte sie leise. »Eulenweise Sonel.« Sie warf dem weißhaarigen Mann kurz einen Blick zu, um zu sehen, wie er auf den Namen der Weisen reagierte. Aber er lächelte sie einfach nur weiter an. »Sie hat gesagt, sie würde jederzeit mit mir über Magie sprechen, wenn ich das will.«
»Das bezweifle ich nicht«, sagte er. »Aber was glaubst du, wieso sie das getan hat?«
Cailin zuckte die Achseln und weigerte sich immer noch, dem Eulenmeister in die Augen zu sehen. »Ich nehme an, weil sie will, dass ich dem Orden beitrete.« Sie wollte das eigentlich nicht glauben. Sie hatte in den Wochen und Monaten seit Sonels Besuch versucht sich einzureden, dass die grünäugige Frau wirklich ihre Freundin sein wollte. Aber wenn das stimmte, wieso war Sonel seitdem nicht wiedergekommen? Dafür konnte es nur eine Erklärung geben. Erland nickte wissend. »Diese Magier aus dem Orden waren nicht sehr offen mit dir, Cailin. Sie haben versucht, dich zu benutzen und zu beherrschen. Aber sie waren nicht nett zu dir. Und weißt du auch, warum?«
Cailin schüttelte den Kopf.
»Weil sie Angst vor dir haben. Es gefallt ihnen nicht, dass du eine Magierin bist, dich ihnen aber nicht anschließen willst. Du bist eine sehr bekannte junge Dame, Cailin. Die Menschen überall im Land wissen, wer du bist, und für sie bist du mehr als nur ein Kind, sogar mehr als nur die Überlebende eines Angriffs der Fremden. Für viele bist du ein Symbol des Versagens des Ordens. Deshalb hat der Orden Angst vor dir, besonders jetzt, wo du selbst eine Magierin bist.« Sie starrte ihn an, entsetzt, dass ein Erwachsener solche Dinge zu ihr sagte, besonders ein Magier. Niemand war je so ehrlich zu ihr gewesen. Ihre Eltern nicht und auch nicht Linnea oder die anderen Kinder der Götter und ganz bestimmt nicht Sonel. »Wer ...«
Er hob den Finger an die Lippen. »Noch eine Frage, Cailin, und dann sage ich dir alles, was du wissen möchtest.« Sie sah ihn einen Augenblick an, dann nickte sie. Aber plötzlich wusste sie, wer er war und wieso er gekommen war. Ihr Traum. Abrupt hatte sie noch einmal Bilder aus dem Traum vor Augen, den sie vor so vielen Monaten gehabt hatte, noch bevor sie sich an Marcran gebunden hatte. In diesem Traum hatte sie mit tödlichem goldenem Licht gegen die Männer gekämpft, die Kaera angegriffen hatten. Und sie hatte einen blauen Umhang gehabt, genau wie der, den Erland trug. Sie schwieg, wie er ihr bedeutet hatte, und wartete. Aber sie wusste schon, was er sagen würde. In gewisser Weise hatte sie das schon lange gewusst.
»Was würdest du denken«, meinte der Magier, »wenn dir jemand sagte, dass du auch Teil einer Gruppe von Magiern sein könntest, die nichts mit dem Orden zu tun haben? Überhaupt nichts?«
»Deshalb ist dein Umhang blau«, sagte Cailin, und ihre Stimme war kaum lauter als ein Flüstern.
»Ja«, erwiderte er, und ein seltsames Lächeln breitete sich auf seinem rosigen Gesicht aus. »Eine Gruppe von Magiern hat den Orden verlassen und die Liga von Amarid gegründet. Im Augenblick sind wir dreiundzwanzig Falkenmagier und Eulenmeister. Und wir werden immer mehr. Wir halten uns an Amarids Gesetze, aber wir sind nicht nur hier, um dem Land zu dienen. Wir haben auch vor, den Orden im Auge zu behalten und dafür zu sorgen, dass sie sich an ihre Schwüre halten, und sie an dem Unsinn zu hindern, der in den letzten Jahren so viel Ärger verursacht hat.«
»Bist du der Eulenweise der Liga von Amarid?«
»Ich bin der Erste Meister der Liga, ja.« Er hielt inne, dann kam er einen weiteren
Weitere Kostenlose Bücher