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Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise

Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise

Titel: Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David B. Coe
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beobachtete sie genau.
    Melyor holte tief Luft. »Dieser Zünder kommt nicht aus Bragor-Nal.«
    »Nein«, sagte er.
    Sie starrte ihn noch einen Moment lang an, dann reichte sie ihm den Zünder, dreht sich auf dem Absatz um und ging auf den Palast zu.
    »Was hast du vor?«, rief Jibb ihr hinterher. »Ich gehe in mein Büro«, erwiderte sie über die Schulter, ohne langsamer zu werden. »Ich muss mit Shivohn sprechen!«
    »Guten Morgen, Herrscherin«, rief einer der Arbeiter, als Shivohn auf die Terrasse hinaustrat, von der sie über die leeren Blumenbeete und die präzise geschnittenen, gewellten Hecken schauen konnte.
    Sie winkte und lächelte, und ihre scharlachrote Robe und ihr helles Haar bewegten sich sachte im Wind. Ein paar andere Männer und Frauen grüßten sie ebenfalls, und sie winkte auch ihnen zu.
    Es war immer noch kalt. Sie wusste, wenn sie die Pflanzen heute aus den Gewächshäusern in den Garten hinausbrachten, riskierten sie, sie alle zu verlieren, falls es noch einmal Frost geben sollte. Aber der Winter war beinahe zu Ende, und Shivohn konnte es kaum erwarten zu sehen, wie die Blüten unter der Sonne von Oerella-Nal aufgingen. Außerdem war sie, was den Garten anging, immer ihren Instinkten gefolgt, und in all ihren Jahren als Herrscherin hatte sie keine einzige Knospe an den Frost verloren.
    Sie stieg die schmale Treppe hinunter, die von der Terrasse in den Garten führte, und begann, einen der gewundenen Wege entlangzugehen, die von den gepflegten Hecken gesäumt waren.
    Viele Aspekte des Lebens als Herrscherin waren im Lauf der Jahre schal geworden: die Isolation, die kriecherische Haltung von Untergebenen, Pomp und Zeremonien, die sie nicht mehr interessierten. Die Grabenkämpfe zwischen den Legatinnen ärgerten sie nur noch. Sie verstand selbstverständlich, dass alle einmal Herrscherin werden wollten, und sie selbst wurde alt. Aber sie misstraute dem Ehrgeiz dieser Frauen und war von der Bitterkeit ihrer Rivalitäten enttäuscht.
    Selbst die Sitzungen des Herrscherrats, an denen sie mit erneutem Interesse teilgenommen hatten, seit Melyor Herrscherin von Bragor-Nal geworden war, waren langweilig geworden. Marar, der Herrscher von Stib-Nal, zeigte kaum Interesse daran, echte Veränderungen im Land herbeizuführen, und Melyor war zwar klug und hatte die besten Absichten, aber sie hatte immer noch viel darüber zu lernen, wie man ein Nal regiert und wie man Beziehungen zu den Nachbarn von Bragor-Nal aufbaut.
    Sie wusste, dass das Oerella-Nal viele Vorteile bot. Stib-Nal blieb schwach, und es fehlte der Herrscherin von Bragor-Nal an Erfahrung. Vor zehn Jahren hätte eine jüngere Shivohn versucht, diese Umstände auszunutzen, und vielleicht hätte Wiercia oder eine der anderen Legatinnen das auch heute getan. Aber diese ältere Shivohn, die nun in ihrer scharlachroten Robe ein wenig schauderte, war müde, und nachdem Durell und mit ihm die Gefahr eines Krieges gestorben war, hatte sie keinen rechten Antrieb mehr. Das Einzige, was sie wirklich noch interessierte, war ihr Garten. Hier konnte sie handeln und mutig ihre Blumenbeete bepflanzen lassen, als forderte sie den Winter selbst heraus. Das hier war ihr Schlachtfeld, und diese Arbeiter waren ihre Soldaten.
    Sie ging an ihnen vorbei, spähte ihnen manchmal über die Schultern, gab hin und wieder Ratschläge oder Anweisungen. Die meisten kannte sie schon seit Jahren. Der alte Tiran war schon länger hier als sie, und Krid, Lirette und Affren hatten kurz nach ihrem Amtsantritt angefangen. Mehrere andere waren erst vor kurzem eingestellt worden, und obwohl sie ihre Namen nicht wusste, waren ihr die Gesichter dennoch vertraut. Und wie in jedem Jahr schien es auch diesmal ein neues Gesicht zu geben. Eine Frau, die sie nie zuvor gesehen hatte und die nun auf sie zukam. Shivohn lächelte. Die Neuen wollten sie immer gleich kennen lernen.
    »Herrscherin!« Sie drehte sich um und sah, wie Lirette sie zu sich winkte, damit sie sich etwas ansah. Shivohn nickte und ging auf sie zu. Die Neue würde warten müssen.
    »Ja, Lirette«, sagte sie, als sie die kräftige Frau erreicht hatte, die dabei war, ein großes Blumenbeet umzugraben. »Was ist denn?«
    »Wir haben hier ein Problem, Herrscherin!«, antwortete Lirette, und ihre blauen Augen blitzten, als sie die Hacke niederlegte. »Sie haben die Lobelien und den Hibiskus direkt nebeneinander pflanzen wollen! Dass die Farben nicht zueinander passen, ist eine Sache, aber der Hibiskus ist einfach zu groß! Im

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