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Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise

Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise

Titel: Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David B. Coe
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das meiste zu bieten hat, welche ihn am meisten braucht und welche leichter zu beherrschen sein wird.« Sie hielt inne. Schließlich lächelte sie. »Ich nehme an, dass ich das sein werde.«
    »Warum du?«
    »Weil er mich kennt und weil er erwarten wird, dass du zu hohe Prinzipien hast, um dich mit ihm zusammenzutun. Ich hingegen bin Gildriitin, und das wird ihn ein wenig zurückhalten, aber ich war auch einmal Nal-Lord. Er versteht mich - oder zumindest glaubt er das. Stib-Nal unterscheidet sich nicht so sehr von dem, was Bragor-Nal einmal gewesen ist.« Melyor nickte angesichts ihrer so vernünftig klingenden Argumente. Sie lächelte. Trotz aller Veränderungen, die sie nach Bragor-Nal gebracht hatte, gab es
    Zeiten, in denen sie sich nach der schlichten, brutalen Klarheit des alten Wegs sehnte. »Er wird sich mit mir in Verbindung setzen«, wiederholte sie und nickte abermals. »Wahrscheinlich noch heute Abend.«
    Wiercia grinste. »Das ist mir ganz recht«, erklärte sie trocken. »Ich kann den Kerl nämlich nicht ausstehen.«
    Selbst mit dem Lufttransporter dauerte die Reise vom Herrscherkap am Ostufer von Oerella-Nal zurück zu seinem Palast in Stib-Nal mehrere Stunden. Und Marar lächelte die ganze Zeit. Er konnte sich nicht erinnern, wann so etwas das letzte Mal passiert war. Wahrscheinlich nie zuvor. Und sosehr er die leidenschaftlichen Debatten jener Tage, als er und Durell sich zusammen gegen Shivohn gestellt hatten, immer noch vermisste, wusste er doch auch, dass er selbst damals unglücklich gewesen war. Durell hatte ihn vielleicht gebraucht, aber der Herrscher von Bragor-Nal hatte ihn nie wirklich ernst genommen, und Arick wusste, dass auch Shivohn das nicht getan hatte.
    Aber nun würde sich das alles ändern. Als er an seinem Schreibtisch im Palast saß und auf die Grünwasserberge hinausschaute, über die sich nun die kühlen blauen Schatten des Vorabends zogen, grinste Marar. Er hatte heute die Angst in Melyors Gesicht gesehen und die kaum beherrschte Wut in jeder Geste Wiercias. Aber er hatte auch erkannt, dass die beiden nur Theater spielten. Es war ganz offensichtlich. Seine Rivalinnen hatten herausgefunden, dass er ebenso für Shivohns Tod verantwortlich war wie für den Anschlag auf Melyor. Aber das war egal.
    Indem er ihre Täuschung durchschaute, hatte Marar auch die Grenzen ihres neuen Bündnisses erkannt. Melyors Angst war echt. Sie war nicht vollkommen sicher, ob Wiercia ihr vertraute. Und obwohl die Herrscherin von Oerella-Nal ihren Zorn gespielt hatte, war ihr die Lüge zu leicht gefallen. Zweifellos hatte sie zumindest zur Hälfte geglaubt, dass Melyor in den Anschlag gegen Shivohn verwickelt gewesen war. Ja, die beiden Frauen arbeiteten zusammen - dessen war er sicher -, aber sie waren dabei nicht froh. Und beide wollten immer noch glauben, dass die andere eine Feindin war. Das alles passte ihm hervorragend. Er musste einen Keil zwischen sie treiben, und er wusste schon, wo ihre Beziehungen am schwächsten waren. Es wäre noch leichter gewesen, wenn er sich für eine Partnerschaft mit Wiercia interessiert hätte. Ihre Zweifel, was das Bündnis von Oerella-Nal und Bragor-Nal anging, waren heftiger als Melyors. Und sie war selbstverständlich keine Gildriitin. Aber sie wusste auch nichts über die Zauberer von Tobyn-Ser.
    Er warf einen Blick auf die Papiere, die Gregor, sein Erster Minister, ihm gerade vorgelegt hatte, und musste schon wieder grinsen. Früher an diesem Tag hatte er eine Ladung Gold von Tobyn-Sers Priestern erhalten, die selbst seine höchsten Erwartungen übertroffen hatte. Es gab in diesem seltsamen Land einen Wohlstand, der nur danach verlangte, genommen zu werden, und so vorsichtig er mit Melyor sein musste, er begriff doch, dass er in der Angelegenheit kaum eine andere Wahl hatte. Wenn Stib-Nals Handel mit den Priestern sich so weiterentwickelte, würde er Melyor vielleicht bald nicht mehr brauchen. Und dann würde er sie töten lassen. Aber im Augenblick musste er sich mit dem zufrieden geben, was er bisher erreicht hatte, mit Shivohns Tod, seiner Entdeckung einer neuen, scheinbar nie versiegenden Quelle des Reichtums und der Rekrutierung gut platzierter Sicherheitsleute sowohl in Bragor-Nal als auch in Oerella-Nal. Im Augenblick ging es erst einmal darum, das zu vollenden, was er mit dem Mord an Shivohn begonnen hatte - die Zerstörung des Bündnisses zwischen Oerella- und Bragor-Nal.
    Er griff nach dem Sprechschirm und drückte den gelben Knopf, der ihn mit dem

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