Die Chroniken von Araluen - Der große Heiler: Band 9 (German Edition)
sagte er verblüfft. Das hieße ja … Ihr seid …« Er hielt inne, nicht sicher, ob seine Überlegungen richtig waren.
»Das heißt, dass ich so schnell wie möglich von diesem schwimmenden Bottich runter und mich auf den Weg machen will«, erwiderte Walt kühl. Er sah, dass Will ihre Rucksäcke und Sättel aus der kleinen Schlafkoje, die sie sich geteilt hatten, hochgebracht hatte. Mit einem knappen Nicken ging er zum Bug. Die Matrosen hatten dort eine Leiter außen an den Rumpf gestellt, damit die drei Passagiere einfacher zum Strand hinunter gelangten. Walt schwang ein Bein über die Reling und drehte sich noch einmal zu Keelty um, der mit dem Pergament in der Hand dastand.
»Verliert das nicht«, riet er ihm.
Keelty, der immer noch damit beschäftigt war, sich einen Reim auf die Geschichte zu machen, nickte geistesabwesend. »Ganz sicher nicht.«
Walt sah seine beiden Kameraden an. »Gehen wir«, sagte er und stieg leichtfüßig die Leiter hinunter in den Sand. Er war dankbar, endlich wieder festen Boden unter den Füßen zu spüren.
S ie folgten einem Weg ins Landesinnere, der sie mitten durch dichtes Unterholz führte. Der Meerwind, in dem sich das Gras wiegte, wollte gar nicht nachlassen. Will schaute sich um. Weit und breit keine Bäume in Sicht. Einen Moment lang versetzte ihn das Rauschen des Windes zurück in die schreckliche Nacht, die er im Einsamen Tiefland verbracht hatte, in seinem ersten Lehrjahr, als Walt und Gilan mit ihm auf der Jagd nach den Kruls gewesen waren.
Besser gesagt, als die Kruls sie jagten, korrigierte er sich selbst.
»Ab und zu mal ein Baum wäre nett«, sagte Horace und sprach damit auch Wills Gedanken aus.
Walt sah ihn an. »Hier wachsen keine Bäume. Der Wind trägt das Salz vom Meer herein, und das vertragen sie nicht. »Wir werden erst weiter im Inland Bäume zu sehen bekommen.«
Womit er einen Punkt ansprach, der Will Sorgen machte. »Walt, wo soll es denn eigentlich hingehen? Hast du irgendeine Ahnung?«
Walt zuckte mit den Schultern. »Wir wissen, dass Tennyson
an der Flussmündung gelandet ist. Und das ist der einzige Weg, der vom Landeplatz wegführt. Also hat er vermutlich diesen Weg genommen.«
»Was ist, wenn wir auf einen anderen Weg stoßen?«, fragte Will.
Walt lächelte müde. »Dann müssen wir erneut überlegen.«
»Könnt ihr nicht einfach ihre Spuren suchen?«, fragte Horace. »Ich dachte, ihr Waldläufer seid gut in so was.«
»Natürlich können wir das«, antwortete Walt, »Aber unfehlbar sind wir nicht.« Im selben Moment bereute er schon wieder, was er gesagt hatte.
»Tja«, sagte Horace mit gespielter Überraschung, »das ist das erste Mal, dass du das zugibst.« Als Walt ihn strafend ansah, grinste er breit.
»Ich muss sagen, irgendwie fand ich es angenehmer, als du jünger warst und ein bisschen Respekt gegenüber älteren Kameraden hattest«, brummte Walt.
In der Tat gab es Spuren, dass auf dem Pfad vor Kurzem Menschen entlanggegangen waren, aber Walt und Will konnten natürlich nicht wissen, ob sie von Tennyson und seiner Gruppe oder von anderen stammten. Immerhin führte der Weg zu einem beliebten Schmugglertreffpunkt. Es war also anzunehmen, dass auch die Skotten ihn häufig benutzten, um Waren mit den Schmugglern zu tauschen, um die Schnapsfässer wegzutragen und die Wollballen, die sie an Land brachten. Wolle war in diesem Teil des Landes sehr teuer, da das Wetter zu kalt und feucht war, um erfolgreich Schafe zu züchten. Hier gab es jedoch Rinder, die sich an das raue Klima angepasst hatten, und die Schmuggler tauschten
entsprechend auch Lederhäute und Hörner gegen die weiche Wolle ein.
Also ritten die drei weiter und waren vorerst zufrieden, einem Weg folgen zu können, ohne sich groß Gedanken über mögliche Ausweichrouten machen zu müssen.
Sie waren am Spätnachmittag losgeritten, und es dämmerte bereits, als sie zu einer Gabelung kamen. Ein Weg führte in die Richtung weiter, die sie eingeschlagen hatten – nach Osten. Der andere Weg zeigte eher nach Süden. Beide Wege schienen häufig benutzt zu werden.
»Wir entscheiden morgen, welche Richtung wir einschlagen«, sagte Walt und ritt voran durchs Unterholz. Sie stießen auf einen halbwegs geeigneten Lagerplatz hinter einem etwa mannshohen Brombeerstrauch. Einige Minuten lang führten sie die drei Pferde im Kreis, damit sie das lange Gras flach traten, dann sattelten sie ab, gaben den Pferden Wasser und machten es sich bequem. Die Pferde ließen sie einfach
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