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Die Chroniken von Araluen - Der große Heiler: Band 9 (German Edition)

Die Chroniken von Araluen - Der große Heiler: Band 9 (German Edition)

Titel: Die Chroniken von Araluen - Der große Heiler: Band 9 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Flanagan
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Aber Walt ging nicht weiter darauf ein.
    »Tennyson will sehr wahrscheinlich nach Süden«, sagte er. »Und diese Weggabelung ist die erste Gelegenheit für ihn, das zu tun.«
    Will kratzte sich nachdenklich am Kopf. »Aber warum ausgerechnet nach Süden? Was macht dich so sicher?«
    »Ich kann es nicht mit letzter Gewissheit sagen«, antwortete Walt. »Aber es ist eine plausible Annahme.«
    Horace schnaubte geringschätzig. »Was nur ein anderer Ausdruck für blindes Raten ist.«
    Walt warf ihm einen strafenden Blick zu, und Horace vermied es tunlichst, ihn anzusehen. Der Waldläufer schüttelte den Kopf.
    »Wir wissen, dass Tennyson ursprünglich gar nicht nach Picta wollte «, erklärte er. »Das hat uns O’Malley erzählt, erinnert ihr euch?«
    Langsam schien Horace zu begreifen. Sein Vertrauen in die Unfehlbarkeit der Waldläufer verfestigte sich wieder.
    »Stimmt«, sagte er. »Tennyson wollte einfach nur raus aus Hibernia.«
    »Genau. Und O’Malley fuhr zufällig nach Picta. Also setzte er Tennyson am Fluss Craiskill ab. Ich möchte wetten, dass die in Picta keinerlei Einfluss haben…«
    »Wieso das?«, wollte Will wissen.
    »Die Skotten sind nicht besonders tolerant, was neue Religionen angeht«, erklärte Walt. »Und diese wenig toleranten Einheimischen neigen eher zur Gewalt als in Araluen. Wenn du hier versuchst, eine neue Religion zu verbreiten, hängen sie dich an den Daumen auf  – besonders, wenn der Preis dafür auch noch in Gold aufgewogen wird.«
    »Gar keine so schlechte Politik«, meinte Horace.
    »Könnte man so sagen«, stimmte Walt zu. »Jedenfalls ist anzunehmen, dass es in den abgelegenen Gegenden von Araluen bereits kleine Flecken gibt, wo die schon an Einfluss gewonnen haben. Ich wäre überrascht, wenn Selsey der einzige Ort war, den sie unterwandert haben.«
    Selsey war das abgelegene Fischerdorf, wo Walt die Machenschaften der Sekte zuerst entdeckt und unterbunden hatte.
    »Im Grunde genommen hat Tennyson eigentlich gar keine andere Wahl, oder?«, sagt Will. »Nach Hibernia kann er nicht zurück, weil er weiß, dass man dort hinter ihm her ist. In Picta kann er nicht bleiben …«
    »… weil sie ihn sonst an den Daumen aufhängen«, warf Horace grinsend ein. Ihm gefiel die Vorstellung, wie der übergewichtige, selbstverliebte Tennyson an den Daumen aufgehängt wurde.
    »Also ist notgedrungen Araluen sein Ziel«, schloss Walt. Er tippte wieder auf die Landkarte, diesmal auf einen Punkt weiter südlich. »Und das ist der am nächsten gelegene Pfad durch die Berge zurück nach Araluen. Der Ein-Raben-Pass.«
    Die Grenze zwischen Araluen und Picta bildete ein unwegsamer Gebirgszug. Die Berge waren nicht besonders hoch, aber steil und unwirtlich, und der leichteste Weg hindurch führte über einige Gebirgspässe.
    »Der Ein-Raben-Pass?«, wiederholte Horace. »Warum heißt der so?«
    »Ein Rabe steht für Kummer und Leid«, zitierte Will automatisch ein altes Sprichwort.
    Walt nickte. »Stimmt. Der Pass ist der Schauplatz einer Schlacht, die vor vielen, vielen Jahren stattgefunden hat. Eine Armee der Skotten geriet dort in einen Hinterhalt und wurde bis auf einen Mann ausgelöscht. Die Legende besagt, dass seither dort keine Vögel mehr leben, außer einem einzigen Raben. Seine Schreie klingen wie die Wehklagen der trauernden Witwen jener Skotten, die damals ums Leben kamen.«
    »Vor wie vielen Jahren ist das denn passiert?«, wollte Horace wissen.
    Mit einem Schulterzucken faltete Walt die Landkarte zusammen und verstaute sie wieder in der Hülle.
    »Ach, vielleicht vor drei- oder vierhundert Jahren.«
    »Und wie viele Jahre lebt ein Rabe?«, fragte Horace stirnrunzelnd.
    Walt verdrehte die Augen, da er schon vorhersah, was kommen würde. Will wollte etwas einwerfen. »Horace …«
    Horace hob abwehrend die Hand. »Ich meine, es ist ja
nicht so, als ob der Vogel dort brüten würde und es inzwischen einen Groß-Groß-Groß-Großenkel-Raben geben würde, oder?«, sagte er. »Er ist ja ganz allein und ein einzelner Rabe kann sowieso keinen Groß-Groß-Groß-Großenkel haben, oder?«
    »Es ist eine Legende , Horace«, erwiderte Walt nachdrücklich. »Das darf man nicht wörtlich nehmen.«
    »Trotzdem«, widersprach Horace stur, »warum hat man sich denn nicht gleich einen vernünftigen Namen überlegt? Zum Beispiel ›Pass-der-großen-Schlacht‹ oder ›Hinterhalt-Pass‹ oder so ähnlich?«
    Walt sah ihn an und seufzte. Er mochte Horace sehr gern. Der Junge war für ihn sogar fast wie

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