Die Chroniken von Araluen - Der große Heiler: Band 9 (German Edition)
anzufangen.
Dirkin betrachtete neugierig die Landkarte. »Ich dachte immer, wir wären die einzige Gruppe«, sagte er.
Tennyson zog verärgert die Brauen zusammen. »Dann hast du falsch gedacht. Ein kluger Mann hat immer etwas in der Hinterhand, falls die Dinge nicht nach Plan verlaufen. Und jetzt fort mit dir.«
Dirkin ließ den Tadel an sich abprallen und stand auf. »Es wird wahrscheinlich einige Tage dauern, bis dieser Barrett die Leute alle marschbereit hat.«
»Deshalb schicke ich dich ja auch vor«, antwortete Tennyson mit einem sarkastischen Unterton. »Aber wenn du vorhast, noch länger hier herumzustehen und zu plaudern, muss ich jemand anderem diese Aufgabe übertragen.«
Dirkin hörte die Schärfe im Tonfall und kapitulierte. Im Grunde war er ganz froh, vorneweg zu reiten. Er steckte die Karte in die Innentasche seiner Jacke und wandte sich zum Gehen.
»Bin schon weg«, sagte er. Tennyson brummte nur grimmig.
Als Dirkin hinausgehen wollte, wurde er von einem Neuankömmling gezwungen zurückzutreten. Ihm lag ein ärgerlicher Ausruf auf den Lippen, den er sich jedoch verkniff, als er sah, wer ihm da entgegenkam. Es war einer der Genovesen, die Tennyson als Leibwächter eingestellt hatte. Mit denen legte man sich besser nicht an. Hastig murmelte Dirkin eine Entschuldigung, ging dem Mann in Dunkelrot aus dem Weg und verließ das Zelt so schnell er konnte.
Marisi kräuselte geringschätzig die Lippen, als er dem jungen Mann nachblickte. Er war sich bewusst, dass viele im Lager der Sekte ihn und seinen Kameraden mieden.
Tennyson sah ihn an und runzelte die Stirn. Seit sie im Besitz der Pferde waren, überprüften die beiden Genovesen jeden zweiten Tag, ob ihnen irgendjemand folgte. Das war eine von Tennyson veranlasste Sicherheitsmaßnahme, und bislang hatte es nichts zu berichten gegeben. Dass Marisi hier war, ließ Tennyson ahnen, dass er schlechte Neuigkeiten hatte. Bacari, der Ältere der beiden, erstattete nur Bericht, wenn es gute Neuigkeiten gab.
»Was gibt es?«, fragte Tennyson.
»Wir werden verfolgt«, antwortete Marisi mit seinem typischen lässigen Schulterzucken.
Tennyson schlug mit der Faust auf den kleinen Klapptisch, den sie vor ein paar Tagen aus einem Bauernhaus gestohlen hatten.
»Verdammt! Ich wusste doch, dass alles zu glatt lief. Wie viele sind es?«
»Drei«, antwortete der Genovese, und Tennysons Laune stieg wieder. Drei Verfolger – darüber musste man sich keine Sorgen machen. Doch bei den nächsten Worten des Söldners änderte er seine Meinung.
»Es sind die drei aus Hibernia. Die zwei Bogenschützen in den Umhängen und der Ritter.«
Tennyson stand abrupt auf.
»Die?«, rief er aus. »Was tun die denn hier? Wie zum Teufel sind sie hergekommen?«
Wieder zuckte der Genovese mit den Schultern. Wie sie hergekommen waren, war unwichtig. Sie waren hier und sie folgten ihnen. Und sie waren gefährlich. So viel war klar. Er wartete darauf, dass Tennyson fortfuhr.
Tennysons Gedanken rasten. Der Schmuggler! Er hatte ihn verraten. Natürlich hatte er sich bestechen lassen.
Der selbst ernannte Prediger ging in dem behelfsmäßigen Zelt auf und ab. Das waren sehr schlechte Neuigkeiten. Er musste sich erst mit der neuen Gruppe treffen und ihnen das Gold und Geschmeide abknöpfen. Aber es würde noch dauern, bis sie den Treffpunkt erreichten. Dabei durfte er nicht das Risiko eingehen, dass die drei Araluaner ihn einholten.
»Wie weit sind sie noch weg?«, fragte er.
Marisi schob nachdenklich die Lippen vor. »Nicht sehr weit. Höchstens einen Tag.«
Tennyson überlegte, dann kam er zu einer Entscheidung. Ein Tag Vorsprung war nicht genug. Besonders wenn er durch viele Leute zu Fuß aufgehalten wurde. Er blickte den Söldner an.
»Ihr müsst sie loswerden«, sagte er kalt.
Marisi zog erstaunt die Augenbrauen hoch. »Sie loswerden?« , wiederholte er.
Tennyson beugte sich über den kleinen Tisch, die Hände zu Fäusten geballt.
»Ja! Das ist doch euer Handwerk, oder nicht? Leute loswerden. Du und dein Freund. Tötet sie. Benutzt eure Armbrust, auf die ihr so stolz seid, und sorgt dafür, dass sie uns nicht folgen.«
Zur Hölle mit ihnen, dachte er. Diese Kapuzenmänner mit den Bögen und ihr muskulöser Freund machten ihm nichts als Ärger. Je länger er darüber nachdachte, desto mehr wünschte er sich ihren Tod.
Marisi hatte den Befehl entgegengenommen. Er nickte nachdenklich. »Es gibt da eine ganz gute Stelle, wo wir sie in einen Hinterhalt locken können.
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