Die Chroniken von Araluen - Der große Heiler: Band 9 (German Edition)
keine Antwort und in Will machte sich eine fürchterliche Angst breit. Sie wich erst, als sein alter Freund sich umdrehte und zu ihm herumrollte, um ihn anzusehen. Mit der rechten Hand umfasste Walt seinen linken Unterarm und versuchte, den Blutfluss zu stoppen. Sein Gesicht war schmerzverzerrt.
»Alles in Ordnung«, stieß er hervor. »Dieser verdammte Bolzen hat meinen Arm gestreift. Es tut höllisch weh.«
Will ging neben seinem Lehrmeister auf die Knie und zog Walts Hand von der Wunde.
»Lass mich sehen«, sagte er. Anfangs blickte er mit klopfendem Herzen auf die Wunde, aus Angst, dass die Hauptschlagader getroffen war. Als er sah, dass es eine ganz normale Blutung war, seufzte er erleichtert auf. Schon etwas ruhiger holte er sein Sachsmesser heraus und schnitt den Ärmel über der Wunde auf. Er griff in das Verbandszeug, das jeder Waldläufer an seinem Gürtel mitführte, holte ein Stück sauberes Leinen heraus und wischte das Blut weg.
»Er hätte dich beinahe verfehlt«, sagte er. »Nur ein halber Fingerbreit nach links und er hätte dich verfehlt.«
Es war eine flache Kerbe auf dem Unterarm – lang, aber
nicht tief genug, dass Muskeln oder Sehnen verletzt waren. Will löste den Stöpsel aus Walts Wasserschlauch, wusch die Wunde aus und tupfte sie anschließend mit dem Tuch ab. Das Blut ließ sich nicht so leicht stillen, aber zumindest war die Wunde gereinigt. Will trug etwas Salbe auf, nahm einen Verband aus seinem Packen und wickelte sie um Walts Unterarm.
»Du hast meine Jacke ruiniert«, sagte Walt und blickte vorwurfsvoll auf den aufgeschlitzten Ärmel. Will grinste nur. Der vorwurfsvolle, grummelnde Ton verriet ihm mehr als alles andere, dass sein alter Lehrer nur leicht verletzt war.
»Du kannst ihn ja heute Abend wieder zusammennähen«, antwortete er.
Walt schnaubte. »Ich bin verwundet, den kannst gefälligst du für mich zusammennähen.« Dann fügte er in ernstem Ton hinzu: »Ich nehme an, der zweite Mann ist ungeschoren davongekommen. Ich habe Pferdehufe gehört.«
Will fasste Walt am rechten Arm und half ihm auf die Beine, auch wenn es bei der leichten Verletzung eigentlich gar nicht nötig war. Walt ahnte, dass Will noch der Schrecken in den Gliedern saß, und ließ ihn gewähren, auch als er jetzt seinen Langbogen aufhob.
»Ja«, antwortete Will auf die Frage. »Sie hatten ihre Pferde abgestellt. Ich habe ihm hinterhergeschossen, ihn aber verfehlt. Tut mir leid, Walt.«
Er war niedergeschlagen und hatte das Gefühl, seinen alten Lehrmeister enttäuscht zu haben. Walt tätschelte ihm die Schulter.
»Kann man nichts machen«, sagte er. »In diesem Wald ist es beinahe unmöglich, genau zu treffen. Zu viele Äste und Bäume.«
»Wir haben einen Fehler gemacht«, sagte Will, und als Walt fragend eine Augenbraue hob, fuhr er bedauernd fort: »Wir haben beide auf denselben Mann gezielt. Dadurch hatte der andere freie Bahn, um auf dich zu schießen.«
Walt zuckte mit den Schultern. »Das konnten wir nicht vorhersehen. Ich sage dir ja ständig, dass bei einem Kampf immer etwas schiefgehen kann.«
»Ja, es ist nur …« Will schwieg. Er war unfähig, seine Gedanken auszusprechen. Er hatte irgendwie das Gefühl, dass er es besser machen und Walt den Schmerz hätte ersparen können. Walt legte ihm tröstend die Hand auf die Schulter.
»Mach dir keine Sorgen. Sieh es doch mal so. Einer von ihnen ist tot und wir sind mit einem Kratzer davongekommen. Ich würde sagen, das ist gar nicht mal so schlecht angesichts der Ausgangslage, meinst du nicht auch?«
Will sagte nichts, denn er sah Walt vor seinem geistigen Auge immer noch verwundet daliegen. Walt schüttelte ihn am Arm.
»Na, meinst du nicht?«, wiederholte er.
Will verzog das Gesicht zu einem müden Grinsen.
»Vielleicht«, stimmte er zu.
Walt nickte zufrieden, auch wenn er insgeheim wünschte, sie hätten es geschafft, auch den zweiten Genovesen zu töten oder gefangen zu nehmen. Ihre Aufgabe hätte sich dann um einiges leichter gestaltet. »Also gut, gehen wir zurück zu Horace. Er ist wahrscheinlich schon halb verrückt vor Sorge.«
Horace saß tatsächlich wie auf glühenden Kohlen. Er hatte ein kleines Lager aufgebaut, war aber zu nervös gewesen, um sich hinzusetzen. Seither ging er auf und ab und wartete
auf irgendein Zeichen von seinen Freunden. Er hatte bereits einen kleinen Trampelpfad ins kniehohe Gras getreten. Die drei Pferde schienen weniger besorgt, sie grasten friedlich in seiner Nähe.
Natürlich sahen die
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