Die Chroniken von Araluen - Der große Heiler: Band 9 (German Edition)
das Gift doch schön verteilen!«
Malcolm sah Will missbilligend an. »Kannst du ihn nicht aufhalten?«
»Vielleicht könnte ich das«, sagte Will ungerührt. »Aber warum sollte ich?«
Malcolm drehte sich wortlos weg. Will berührte ihn an der Schulter, sodass der Heiler ihn wieder ansehen musste.
»Malcolm, ich verstehe dich ja. Ich weiß, dass dir so etwas schwerfällt. Aber es muss sein.«
Der Heiler schüttelte unglücklich den Kopf. »Es widerspricht allem, was ich je getan und woran ich je geglaubt habe, Will. Einen gesunden Körper absichtlich mit Gift zu infizieren … das ist einfach nicht richtig.«
»Vielleicht nicht«, gab Will zu. »Aber es ist Walts einzige Chance. Du weißt, dass dieser Kerl uns sonst niemals verraten würde, welches Gift er benutzt hat. Egal wie sehr wir ihn gedrängt oder ihm gedroht hätten. Er hat unsere Drohungen überhaupt nicht ernst genommen. Und er hatte wahrscheinlich sogar recht. Ich könnte ihm kein Messer an die Kehle setzen und ihn einfach töten, wenn er sich weigert zu antworten.«
»Und das hier ist etwas anderes?«, fragte Malcolm.
Will nickte.
»Natürlich. Er hat die Wahl. Wenn er uns sagt, welches Gift er benutzt hat, kannst du ihm das Gegengift verabreichen. Du hast selbst gesagt, dass es sofort wirkt. Also töten wir ihn nicht. Es steht in seiner Macht, sich selbst zu retten. Die Entscheidung liegt bei ihm.«
Malcolm senkte den Blick und schwieg.
»Du hast recht«, sagte er schließlich. »Es gefällt mir nicht, aber ich sehe natürlich den Unterschied.«
Sie hörten Schritte. Horace führte einen bleichen, stolpernden Bacari auf die Lichtung.
»Ratet mal, was passiert ist«, sagte er mit grimmiger Befriedigung. »Unser Freund hat seine Erinnerung wiedergefunden.«
Das Gift war aus der weißen Aracoina gewonnen. Bacari sprudelte mit dieser Auskunft nur so heraus. Seine Augen war weit aufgerissen vor Furcht. Malcolm nickte und beeilte sich, seine Medizintasche zu holen. Er wühlte darin herum und nahm ein halbes Dutzend kleine Behältnisse mit Flüssigkeiten und dazu noch Säckchen mit Puder heraus. Sofort begann er abzumessen und zu mischen und innerhalb von wenigen Minuten hatte er eine dünne gelbliche Flüssigkeit zubereitet. Damit ging er zu Walt.
»Nein«, hielt Will ihn auf. »Nicht Walt. Gib es zuerst Bacari.«
Malcolm wollte schon einen Einwand vorbringen, doch dann begriff er. Es bestand immer noch die Möglichkeit, dass Bacari sie hinsichtlich des Gifts getäuscht hatte. Doch der Söldner machte sofort einen Schritt nach vorn und versuchte, Malcolm seinen verwundeten Arm entgegenzustrecken, obwohl seine Arme immer noch auf dem Rücken gefesselt waren.
»Ja! Ja!«, sagte er. »Gebt es zuerst mir!«
Horace hatte recht gehabt. Weil das Gift direkt in eine Vene eingedrungen war, wirkte es bei dem Genovesen ungleich schneller als bei Walt. Bacari spürte bereits die Hitze, den brennenden Schmerz, das Jucken, während das Gift den Arm hinaufwanderte. Sein Puls begann zu rasen, wodurch das Gift noch schneller in den Blutkreislauf gelang.
Malcolm sah ihn an, blickte zu Will und nickte. Es würde nicht lange dauern, Bacari das Gegenmittel zu verabreichen, und Walts Zustand war im Augenblick noch stabil. Also deutete er auf den Arm des Mannes.
»Dann binde seine Hände los, Will«, sagte er. »Ich muss an seinen Arm herankommen.«
Will trat hinter den Genovesen und löste die Daumenschlingen. Danach legte er eine Hand warnend an den Griff seines Sachsmessers.
»Denk dran, dass wir dich nicht länger lebend brauchen. Also keine falschen Bewegungen.«
Bacari nickte und kauerte sich bereitwillig neben Malcolm auf den Boden. Er streckte den Arm aus und sog entsetzt die Luft ein, als Malcolm den notdürftigen Verband abnahm und er das verfärbte Fleisch seines Unterarms sah. Der Arm war bereits stark angeschwollen. Malcolm betrachtete ihn einen Augenblick lang genau und drehte ihn dann so, dass die Innenseite nach oben zeigte. Er hatte ein schmales und sehr scharfes Messer in der Hand.
»Ich muss einen Schnitt in den Arm machen, verstanden?« , sagte er. »Ich muss in eine Vene schneiden, um das Gegenmittel einbringen zu können.«
»Ja! Ja!«, rief der Genovese sofort. »Schneiden. Das weiß ich. Nur schnell, schnell!«
Malcolm tastete zuerst mit den Fingern und brachte dann einen Schnitt mit dem schmalen Messer an. Sofort trat Blut aus. Der Heiler zeigte mit dem Kopf auf ein kleines Stück Baumwolltuch, das er schon bereitgelegt
Weitere Kostenlose Bücher