Die Chroniken von Araluen - Der Krieger der Nacht: Band 5 (German Edition)
wenden.
Er ließ Reißer etwa ein Dutzend Schritte zurückgehen, dann blieb er mitten auf dem Weg stehen. Der Hund lag neben ihm flach im Gras. Will blickte hoch zur Sonne. Sie stand hinter ihm, sodass die Nordländer gegen das Licht schauen mussten. Das konnte ihm von Nutzen sein. Er zog die Kapuze seines Umhangs über den Kopf und legte den Langbogen schussbereit über den Sattelknauf.
Reißers Ohren zuckten und eine Sekunde später stieß die Hündin ein leises, warnendes Knurren aus.
Will sah eine Bewegung weiter unten an der Wegbiegung. »In Ordnung«, sagte er zu seinen beiden Tieren. »Ruhe jetzt!« Er lehnte sich im Sattel nach hinten und wartete.
Gundar, Kapitän der Wolfswolke , trat aus dem Schatten des Waldes hinaus in die nachmittägliche Sonne. Hinter ihm marschierten siebenundzwanzig Krieger in doppelter Reihe. Seine Augen hatten sich kaum an das helle Licht gewöhnt, da blieb Gundar beim Anblick der einsamen Gestalt überrascht stehen.
Er sah weder Ritter noch Soldaten. Es war nur eine schmale Gestalt auf einem kleinen, zottigen Pferd. Über dem Sattel lag ein Langbogen, sonst war kein Anzeichen anderer Waffen zu sehen. Keine Axt, kein Schwert, kein Streitkolben. Seine Männer kamen ebenfalls zum Stehen und wichen seitlich vom Weg ab, um zu sehen, was ihren Anführer aufhielt.
»Ein Waldläufer!«, stellte Ulf, der Steuermann der Wolfswolke , fest. Jetzt erkannte Gundar das auch. Das blendende Sonnenlicht hatte verhindert, dass er den gesprenkelten Umhang der Waldläufer gleich erkannte.
»Gegrüßt seid Ihr«, rief eine klare Stimme. »Was können wir für Euch tun?«
Es war sowohl die überraschend junge Stimme des Sprechers als auch die Tatsache, dass er den traditionellen nordländischen Gruß verwendete, was Gundar zögern ließ. Hinter sich hörte er die Männer überrascht ausrufen. Sie hatten entweder Flucht oder Widerstand von jenen erwartet, denen sie begegneten, aber ganz sicher nicht eine höfliche Frage.
Gundar merkte, dass ihm die Situation zu entgleiten drohte, und rief ärgerlich: »Aus dem Weg! Aus dem Weg! Lauf oder kämpfe. Du hast die Wahl. Uns ist das egal!«
Die Gestalt richtete sich im Sattel auf. »Keinen Schritt weiter!«
Gundar zögerte. Hinter sich hörte er Ulf leise sagen: »Vorsichtig, Gundar. Diese Waldläufer können schießen wie der Teufel.«
Als hätte er Ulfs leise Warnung gehört, fuhr der Waldläufer
fort: »Einen Schritt weiter, und Ihr seid tot. Lasst uns stattdessen ein wenig plaudern, ja?«
Gundar, der sich der Blicke seiner Männer bewusst war, schnaubte abfällig und machte einen Schritt.
Er nahm eine kurze Bewegung wahr, und als er sich den Moment später in Erinnerung rief, hätte er nicht genau sagen können, was das gewesen war. Doch er hörte genau das Zischen und einen dumpfen Einschlag, und schon steckte ein Pfeil im Boden, direkt zwischen seinen Füßen. Gundar wich rasch einen Schritt zurück.
»Der hätte zwischen deinen Augen stecken können«, erklärte der Waldläufer ruhig, und Gundar wusste nur zu gut, dass dies stimmte.
Er senkte die Streitaxt, die er sich über die Schulter gelegt hatte, und stützte sich darauf ab. »Was willst du?«
»Nur ein paar Worte unter Freunden. Ich wüsste nicht, dass das Abkommen von Hallasholm aufgehoben wurde.«
»Das Abkommen verbietet Krieg, aber keine einzelnen Raubzüge«, erwiderte Gundar.
»Mag sein«, kam prompt die Erwiderung. »Aber ich habe gehört, Oberjarl Erak heißt es nicht gut – besonders wenn es seine Freunde und deren Eigentum betrifft.«
Gundar lachte zornig »Freunde? Der Oberjarl sucht sich seine Freunde nicht in Araluen«, rief er, obwohl ein leiser Zweifel in ihm nagte, noch während er das sagte.
Es gab eine kleine Pause. Der Waldläufer antwortete nicht, sondern blickte zum Himmel. »Es ist spät im Jahr für einen Beutezug«, bemerkte er schließlich. »Ich
nehme an, ihr seid entlang der Küste von Gallica und Iberion gekommen.« Das war eine naheliegende Vermutung. Es hatte keine Nachricht von Wolfsschiffen an der Südküste von Araluen gegeben. Als Will nun die Männer vor sich betrachtete, wurde ihm klar, warum sie hier an Land gegangen waren.
»Es ist eine lange, harte Reise über die Sturmweiße See um diese Zeit des Jahres«, sagte er freundlich. »Die Herbststürme beginnen bald. Ihr werdet wohl auf Skorghijl überwintern wollen, nehme ich an?«
Will sah die Überraschung der Nordländer. Der Anführer brachte seine Männer mit einem Blick zum
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