Die Chroniken von Araluen - Die brennende Brücke: Band 2 (German Edition)
einem schnabelförmigen schwarzen Helm war es zweifellos Morgarath selbst. Walts rechte Hand fuhr unwillkürlich zum Köcher, und einen Augenblick später lag auch schon ein schwerer Pfeil, der selbst eine Rüstung durchbohren konnte, an seiner Bogensehne.
König Duncan sah die Bewegung.
»Walt!«, sagte er scharf. »Ich habe einem Waffenstillstand zugestimmt. Ihr werdet mich nicht dazu bringen, mein Wort zu brechen, nicht einmal Morgarath gegenüber.«
Das Trompetensignal, mit dem sie geantwortet hatten, versprach sicheres Geleit. Walt steckte zögernd den Pfeil wieder in seinen Köcher. Sollte Morgarath falsches Spiel treiben, hätte er den Pfeil jedoch genauso schnell wieder herausgeholt.
Langsam näherte sich ihnen der Herr von Regen und Nacht auf seinem Schimmel, sein Standartenträger
marschierte vor ihm. Ein aufgeregtes Raunen ging durch die Armee des Königs, denn viele der Männer sahen zum ersten Mal den Mann, der während der vergangenen fünfzehn Jahre eine ständige Bedrohung für ihr Land und Leben gewesen war.
Morgarath blieb kurz vor der Frontlinie stehen. Er konnte die Männer um den König herum erkennen, die ihm nun ihrerseits ein Stück entgegenkamen. Seine Augen verengten sich, als er eine schmale Gestalt in grauem Umhang auf einem zotteligen Pferd wahrnahm.
»Duncan!«, rief er nun und seine Stimme klang sehr laut in der plötzlich eingetretenen Stille. »Ich verlange mein Recht!«
»Ihr habt keine Rechte, Morgarath«, erwiderte der König. »Ihr seid ein Aufständischer, ein Verräter und Mörder. Ergebt Euch auf der Stelle und Eure Männer werden verschont werden. Das ist das einzige Recht, das ich Euch gewähren werde.«
»Ich fordere das Recht der Entscheidung durch Zweikampf!«, rief Morgarath und ignorierte die Worte des Königs. Dann fuhr er verächtlich fort: »Oder seid Ihr zu feige, eine Herausforderung anzunehmen, Duncan? Werdet Ihr noch Tausende Eurer Männer sterben lassen, während Ihr Euch hinter ihnen versteckt? Oder soll das Schicksal diese Schlacht entscheiden?«
Einen Augenblick lang war Duncan völlig überrumpelt.
Morgarath wartete ab und triumphierte innerlich. Er konnte sich vorstellen, welche Gedanken dem König und seinen Ratgebern jetzt durch den Kopf gingen. Er hatte ihnen einen Weg eröffnet, der vielen ihrer Soldaten das Leben retten konnte.
Arald lenkte sein Pferd neben den König und sagte wütend: »Er hat kein Recht auf die Privilegien eines Ritters. Er verdient es, gehängt zu werden.« Einige andere murmelten ihre Zustimmung.
»Und doch …«, sagte Walt leise, und alle drehten sich zu ihm um. »Dies könnte das Problem lösen, das vor uns liegt. Die Wargals sind an Morgaraths Willen gebunden. Jetzt, da wir die Reiterei nicht einsetzen können, werden die Wargals kämpfen, solange er es ihnen befiehlt. Und sie werden Scharen unserer Männer im Nahkampf töten. Doch wenn Morgarath in einem Zweikampf fällt …«
Tyler beendete den Satz für ihn: »Dann wären die Wargals ohne Führung. Es besteht die Möglichkeit, dass sie einfach aufhören würden zu kämpfen.«
König Duncan runzelte unschlüssig die Stirn. »Wir wissen nicht…«, begann er.
Sir David von Caraway unterbrach ihn. »Gewiss ist es einen Versuch wert, Eure Majestät. Morgarath hat sich selbst keinen Gefallen getan. Er weiß, dass wir die Gelegenheit, die Schlacht in einem Zweikampf zu entscheiden, nicht ablehnen werden. Er hat heute die Würfel geworfen und verloren. Aber er plant offensichtlich, Euch zu fordern und zu töten.«
»Worauf wollt Ihr hinaus?«, fragte Duncan.
»Als Königlicher Heeresmeister kann ich jede Herausforderung annehmen, die an Euch gerichtet ist, Eure Majestät.«
Hier war allgemeines Murmeln zu hören. Morgarath mochte ein gefährlicher Gegner sein, doch Sir David war der erste Ritter des Königreiches. Wie sein Sohn hatte er bei dem berühmten Schwertmeister MacNeil gelernt und seine Fähigkeiten im Einzelkampf waren legendär. Eifrig fuhr er fort: »Morgarath benutzt die Regeln der Ritter, um eine Gelegenheit zu bekommen, Euch zu töten, Majestät. Offensichtlich hat er die Tatsache übersehen, dass Ihr als König von einem Ritter vertreten werden könnt. Gesteht ihm das Recht zu, Euch zu fordern. Und dann lasst mich annehmen.«
Duncan dachte darüber nach. Er blickte zu seinen Ratgebern und sah widerwillige Zustimmung. Kurzentschlossen traf er seine Entscheidung.
»In Ordnung«, sagte er. »Ich werde sein Recht, mich herauszufordern, annehmen.
Weitere Kostenlose Bücher