Die Chroniken von Araluen - Die Schwertkämpfer von Nihon-Ja
Gedanken, ausgeschlossen zu werden. Evanlyn befand sich am liebsten immer mitten im Geschehen.
Walt hob die Augenbrauen. »Aber?«, wiederholte er.
»Na ja, es ist doch eigentlich nicht gerecht, oder?«, protestierte sie. »Schließlich ist das ja meine Expedition.« Die Argumente klangen selbst in ihren eigenen Ohren schwach.
»Das hat nichts mit gerecht oder ungerecht zu tun«, entgegnete Walt. »Aber es stimmt, eigentlich ist es deine Expedition …«
»Genau!«, rief Evanlyn. »Ohne mich wäre keiner von uns hier.«
»So gesehen verdient eigentlich Gundar das Lob dafür, dass wir hier sind«, warf Will ein, und Evanlyn funkelte ihn an.
Walt trat schnell dazwischen, um einen Streit im Keim zu ersticken. »Wie ich sagte, es ist deine Expedition, und ich bin sicher, du möchtest sie zu einem guten und erfolgreichen Ende bringen, richtig?«
»Na ja … wenn du es so ausdrückst … natürlich«, gab Evanlyn widerwillig zu.
»Und das bedeutet, dass erst einmal nur sehr wenige Leute an Land gehen«, sagte Walt, und sein Ton deutete an, dass dies das Ende der Debatte war. Dann wurde seine Stimme wieder etwas weicher. »Vertrau mir, Evanlyn. Ich weiß, du bist wegen Horace nervös.«
»Aber doch wohl auch nicht mehr als wir alle«, sagte Will verständnislos.
Walt drehte sich um und hob die Augenbrauen, als er Selethens Blick begegnete. Manchmal konnte sein früherer Lehrling wirklich bemerkenswert lange brauchen, bis bei ihm der Groschen fiel. Er sah, wie der Wakir langsam nickte.
»Ich denke, wir stimmen alle zu, Walt«, sagte Selethen. »Wir sollten uns unauffällig verhalten, bis wir mehr über die Situation hier wissen.« Er lächelte Evanlyn an. »Bestimmt werden wir anderen, wenn die Zeit gekommen ist, auch noch die Gelegenheit haben, unseren Teil beizutragen, Prinzessin.«
Evanlyn gab nach. Sie war enttäuscht, aber sie sah natürlich ein, dass Walts Entscheidung sinnvoll war. Zu viele Fremde, die Fragen stellten, würden unwillkürlich die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Und das konnte dazu führen, dass die Einheimischen keine Antworten gaben. Wenn hier tatsächlich eine Rebellion gegen den Kaiser stattgefunden hatte, konnte die Lage in Iwanai äußerst kritisch sein.
»Du hast recht, Walt«, sagte sie, und er nickte anerkennend, dass sie nachgab.
»Schön, wenn das mal jemand anders sagt«, meinte Will fröhlich. »Ich habe das Gefühl, diese Worte schon unglaublich oft gesagt zu haben.«
»Und du hattest immer recht«, meinte Walt trocken.
Will zuckte mit den Schultern und grinste Evanlyn an. Sie hatte sich jetzt mit dem Plan versöhnt und lächelte zurück. Das Wichtigste war schließlich, herauszufinden, wo Horace war.
Einheimische Matrosen standen über die Reling ihrer Schiffe gebeugt und sahen zu, wie die Wolfswill gemächlich auf einen Ankerplatz im Hafen von Iwanai glitt. Und manch einer beäugte das Schiff misstrauisch. Die Bauweise verriet, dass es kein Handelsschiff war – der Rumpf war zu schmal für einen großen Laderaum unter Deck. Es handelte sich also wahrscheinlich um ein Kampfschiff. Das Schiff von Räubern. Und entsprechend würde man ihnen mit Zurückhaltung begegnen. Einige Kapitäne bemerkten die Gallionsfigur in Form eines Wolfes im Bug und beschlossen, das Schiff während seiner Liegezeit im Hafen wachsam im Auge zu behalten.
»Ruder einholen!«, schrie Gundar. Wasser tropfte auf die Ruderer, als sie ihre Ruder in die Senkrechte brachten und dann sorgsam verstauten.
Die Fender knarrten, als die Wolfswill anlegte. Zwei Matrosen sprangen an Land und beaufsichtigten das Vertäuen der Leinen. Gundar traute diesbezüglich nie irgendwelchen einheimischen Hafenfaulpelzen. Er ließ einen tiefen Seufzer los und drehte sich zu seinen erwartungsvollen Passagieren.
»Tja«, sagte er. »Wir sind da.«
Zweiundzwanzig
S hukin fand am nächsten Vormittag eine passende Stelle, um seinen Plan in die Tat umzusetzen.
Sie waren in einem tiefen Tal zwischen zwei Bergrücken angekommen, durch dessen niedrigste Stelle ein schnell fließender Fluss verlief. Der Pfad, dem sie folgten, führte zu einer flachen Furt, die so schmal war, dass nur zwei Männer gleichzeitig hindurch konnten. Auf der Seite flussaufwärts stürzte der Fluss steile, felsige Klippen hinab. Flussabwärts befand sich ein tiefes, breites natürliches Becken. Und auf jeder Seite fiel das Ufer steil ab. Shukin stellte seine Überlegungen an, während er darauf wartete, dass auch der letzte Kikori die Furt
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