Die Chroniken von Araluen - Die Schwertkämpfer von Nihon-Ja
rief er den Vormann und bat ihn, die Männer eine Pause machen zu lassen.
»Stimmt etwas nicht?«, fragte er Walt.
Der Waldläufer schüttelte den Kopf.
»Nein, nein. Es könnte nur sein, dass sich uns hier eine Gelegenheit bietet.« Er kniff die Augen zusammen und besah sich den beschädigten Teil der Palisade. Dann schien er zu einer Entscheidung zu kommen. »Wie viele Männer hat Arisaka? Und wie lange dauert es, bis sie hier sind?«
»Etwa fünf- oder sechshundert Krieger, wenn unsere Kundschafter recht haben«, sagte Horace. »Der Hauptteil seiner Armee wird erst in drei Wochen hier sein. Wir haben eine Fußbrücke gekappt und sie dadurch gezwungen, einen großen Umweg zu machen. Aber wenn er so schlau ist wie bisher, dann wird er eine schnelle Gruppe vorausschicken, damit sie vor dem ersten Schneefall hier eintrifft.«
Walt nickte. Das war das, was er erwartet hatte. »Also müssen wir irgendwann in den nächsten zehn Tagen mit einem Trupp von etwa hundert Männern rechnen?«
»Ja. Es könnte auch früher sein, aber das bezweifle ich. Selbst wenn sie ohne viel Gepäck unterwegs sind, ist es schwieriges Gelände.«
»Und wenn wir ihnen eine blutige Nase verpassen könnten, wäre es hilfreich«, sagte Walt.
Wieder stimmte Horace ihm zu. »Jede Schwächung von Arisakas Streitkräften wäre hilfreich.«
»Also gut. Ich sage euch, was wir tun. Hört mit den Reparaturarbeiten an diesem Teil auf. Schließt die Palisaden, aber schließt sie schlecht. Benutzt die alten, verfaulten Balken, die dort waren. Man muss es als Schwachstelle erkennen können, es darf aber nicht zu offensichtlich sein.«
Horace nickte nachdenklich. »Du hast vor, ihren Angriff auf eine Stelle zu lenken?« Er war nicht sicher, ob das eine gute Idee war, andererseits hatte Walt noch nie eine schlechte Idee gehabt.
»Nicht nur das. Baut hinter den morschen Balken einen zweiten Wall in U-Form, der etwas niedriger ist als die Palisade, damit man ihn von außen nicht sehen kann. Sie werden dort den Durchbruch wagen, dann jedoch auf drei Seiten neuen Hindernissen gegenüberstehen. Wir müssen dafür sorgen, dass sie sich auf eine Stelle konzentrieren, dann können wir ihnen echten Schaden zufügen. Wir werden Balken und Steine auf dem Laufgang bereithalten, die wir nach unten werfen, sobald der Feind in der Falle sitzt.«
Selethen nickte, sein Blick wanderte über die Palisade und die steile Wand dahinter.
»Wir könnten auch Steine und Baumstämme an dieser Felswand auftürmen«, fügte er hinzu. »Es dürfte nicht allzu schwer sein, eine kleine Stützmauer zu errichten, die sie dort festhält. Sobald der Feind an Ort und Stelle ist, bringen wir die Stützmauer zum Einsturz und lassen die Lawine auf sie herabdonnern.«
Walt warf dem Arridi einen kurzen Blick zu. »Sehr gut«, sagte er.
Zum ersten Mal seit vielen Wochen konnte Horace bei dem Gedanken an die bevorstehende Auseinandersetzung lächeln.
»Ich bin so froh, dass ihr aufgetaucht seid«, sagte er aus vollem Herzen.
»Zumindest können wir Arisakas Übermacht schmälern«, sagte Walt. »Der Trick klappt zwar nur einmal, aber es wird Arisakas Angriff abbremsen und danach wird uns hoffentlich der Wintereinbruch mit Schneefall zu Hilfe kommen.«
Horace winkte den Vormann zu sich und Walt erklärte ihm den neuen Plan. Die Augen des Mannes blitzten auf, als er verstand, worum es ging, und er nickte eifrig. Es war unnötig, ihm ausführliche Pläne für die neue Palisade zu geben, er war sehr gut in der Lage, die Einzelheiten auszuführen. Sie überließen es ihm, die Arbeiter einzuweisen, und gingen wei ter, um der kleinen Gruppe von Senshi zuzusehen, die ihre Schwertkunst übten. Wie zuvor schon Horace waren auch Selethen und die beiden Waldläufer beeindruckt von der Geschwindigkeit und der Genauigkeit der Schwertkämpfer von Nihon-Ja.
»Sie sind gut«, sagte Selethen anerkennend. »Sehr gut!«
Horace sah ihn an. »Im Kampf Mann gegen Mann sind sie vermutlich sogar besser als unsere Ritter in Araluen«, sagte er. Es war schmerzhaft, das zugeben zu müssen, aber die Tatsache war einfach nicht zu verleugnen. »Unsere Allerbesten wären ihren Besten sicher gleich, aber das gilt nicht für die niedrigeren Ränge. Die Senshi verfügen über viel mehr Können als der durchschnittliche Absolvent einer Heeresschule in Araluen.«
Walt nickte. »Das ist durchaus nachvollziehbar«, sagte er. »Du hast uns erzählt, dass sie bereits im Alter von zehn Jahren mit der Ausbildung anfangen.
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