Die Chroniken von Araluen - Die Schwertkämpfer von Nihon-Ja
Senshi aufbegehrt, und als sie es dann doch taten, war das Ergebnis katastrophal gewesen. Womöglich würden sie sich im letzten Moment in ihre vermeintliche Unterlegenheit ergeben. Es war eine Sache, dem Kaiser bei der Flucht zu helfen, und eine ganz andere, sich gegen die bestens ausgebildeten Senshi zu stellen.
»Sie werden kämpfen«, sagte Will mit fester Stimme.
Walt sah ihn fragend an. »Du scheinst dir sehr sicher zu sein. Was hast du denn mit Selethen ausgeheckt? Ihr habt viel Zeit mit den Kikori verbracht.«
Will und der Wakir tauschten einen schnellen Blick aus. Dann schüttelte Will den Kopf.
»Für Genaueres ist es noch zu früh«, erwiderte er. »Wir sagen es euch, wenn es so weit ist.«
Walt ließ die Angelegenheit vorerst auf sich beruhen und kehrte zum Ausgangspunkt ihrer Betrachtungen zurück. »Die Kikori werden jetzt aus einer Verteidigungsposition heraus kämpfen, statt den Senshi im offenen Kampf gegenüberzustehen. Das macht auf jeden Fall einen Unterschied. Alles, was sie tun müssen, ist, den Gegner davon abzuhalten, die Palisaden zu stürmen.«
»So einfach ist das?«, sagte Horace und musste trotz seiner Bedenken grinsen. Aber natürlich hatte Walt recht: Eine Verteidigungsstellung zu halten war etwas anderes, als dem Feind offen auf einem Schlachtfeld gegenüberzustehen.
»Und wann werden sie angreifen?«, fragte Selethen.
»Unseren Kundschaftern zufolge werden sie morgen am späten Nachmittag hier sein. Ich nehme an, sie werden die Lage abschätzen, sich die Nacht über ausruhen und uns dann gleich am folgenden Morgen in aller Frühe überfallen.«
Selethen nickte zustimmend, nur Shigeru war etwas überrascht über die Geschwindigkeit, mit der sich die Dinge entwickelten.
»So bald schon? Müssen sie denn keine … Vorbereitungen treffen?«, fragte er unsicher.
»Sie führen keine schweren Waffen mit sich«, sagte Walt. »Denn sie ahnen ja nicht, dass sie auf einen gut gerüsteten Gegner treffen. Ich vermute, sie werden in der Nacht noch ein paar Sturmleitern anfertigen und dann angreifen. Sie haben nichts zu gewinnen, wenn sie länger warten.«
Der Himmel war bedeckt. Im Osten zeigte sich die Sonne durch eine Lücke zwischen den Bergspitzen als roter, wässriger Ball. Ein kalter Wind blies im Tal und brachte einige Schneeflocken mit.
Über das Rauschen des Windes hinweg konnte Walt das Trampeln vieler Füße hören.
»Da kommen sie«, sagte er, als Arisakas Stoßtrupp in Dreierreihen die letzte Biegung vor der Palisade umrundete. Er drehte sich zu Will.
»Verschwende keine Pfeile für die Soldaten am Fuße des Walls. Steine und Speere genügen. Heb dir die Pfeile für diejenigen auf, die es bis nach oben schaffen.«
Will nickte. Sie befanden sich auf dem hölzernen Laufsteg auf der inneren Seite der Palisade. Shigerus Senshi standen in sichtbarer Verteidigungsposition. Neben und hinter ihnen kauerten verborgen die Kikori. Manche hatten ihre schweren Äxte bereitgelegt, doch die meisten waren mit Speeren oder langen Stäben bewaffnet, die sie sich als Piken zurechtgeschnitzt hatten. Die Spitzen waren am Vorabend noch im Feuer gehärtet worden. Alle fünf Schritte lagen große, spitze Felsbrocken bereit, um sie auf die Angreifer zu werfen.
»Bleibt unten, Kikori«, sagte Walt leise, während er an den kauernden Holzfällern vorbeiging. Sie grinsten nervös zu ihm hoch und er fügte hinzu: »Bald werden wir Arisaka eine ganz böse Überraschung bereiten.«
Sie erreichten den beschädigten Westteil der Palisade. Hier waren zehn Senshi und die gleiche Anzahl von Kikori auf dem Laufsteg hinter der dürftig reparierten Holzwand postiert.
»Sie werden ihr Augenmerk auf dieses Stück hier richten«, rief Walt. »Macht euch bereit, vom Gehweg zu verschwinden, sobald ihr merkt, dass es richtig losgeht.«
Die Verteidiger nickten mit ernsten Gesichtern. Ihre Gedanken waren auf den bevorstehenden Kampf gerichtet. Walt musterte den inneren Wall zufrieden. Er war niedriger, aber viel robuster als die alte Palisade. Walt blickte hoch zu den Felsbrocken und Erdmassen, die hinter der Stützmauer aufgetürmt waren. Die Kikori hatten es geschafft, die Felsen mit Ästen und Büschen zu bedecken. Sogar ein kleines Bäumchen ragte hervor, als sei es herausgewachsen, sodass die Tarnung natürlich wirkte. Nur wenn Walt ganz genau hinsah, konnte er die Seile entdecken, die von dieser Todesfalle wegführten.
»In Bereitschaft!« Das war Horace’ Stimme. Er befand sich in der Mitte der
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