Die Chroniken von Ninavel – Die Blutmagier
waren wilde, widersprüchliche Gerüchte über magische Todesfälle und vernichtete Waren vorausgeeilt, sodass die Vertreter der Ninaveler Handelshäuser angespannt dabei standen, während die möglichen Käufer mit hämischer Neugier die Hälse reckten.
Ich hatte mir den Hut tief ins Gesicht gezogen. Es war zwar riskant, sich unter die Leute zu mischen, aber das kümmerte mich nicht. Acht Tage lang hatte ich in dem Abflussrohr gelegen und das Haus des Magiers beobachtet. Da hatte ich viel Zeit gehabt, um meine sämtlichen Befürchtungen zu überdenken. Ich wollte endlich wissen, wie es Cara und Jerik ergangen war, und war nicht bereit, noch einen Augenblick länger zu warten.
Acht Tage, in denen ich jede Menge Pläne zu Kirans Befreiung ersonnen hatte. Leider lief jeder einzelne darauf hinaus, dass mindestens einer von uns draufging oder dem Rat in die Hände fiel. Der Magier war ein vorsichtiger Scheißkerl, da gab es kein Vertun. Sein Haus war so gut geschützt wie eine von Sechavehs Schatzkammern. Er prüfte persönlich jede Lieferung und ließ keinen herein außer Pello, einer alten Schachtel, die als Haushälterin diente, und einem grauhaarigen Kerl mit einer Narbe,der die grimmige Tüchtigkeit eines alten Soldaten hatte. Beide waren so schweigsam wie ein Schürfer, der auf einer Goldader sitzt. Das einzig Interessante, das ich gehört hatte, war der Name des Magiers: Simon Levanian. Allerdings nützte mir das nichts, außer dass ich ihn gehörig verfluchen konnte.
Um Pello hatte ich einen weiten Bogen gemacht, dafür aber die anderen beiden bei Botengängen beschattet. Sie waren in Läden für Futtermittel und Trockengut, in Mietställen und einem Packhof gewesen, was alles darauf hindeutete, dass Simon Kost bald verlassen wollte. Das war eine gute Nachricht, weil ich dann an Kiran leichter rankäme, und eine schlechte Nachricht, weil mir die Zeit davonlief.
Simon musste über die Grenze nach Arkennland, wenn er vorhatte, große Zauber zu veranstalten, und die Alather waren bei der Ausreisekontrolle genauso neugierig wie bei der Einreisekontrolle. Er würde also Hennanwurz oder etwas Ähnliches schlucken müssen. Und die kurze Zeitspanne zwischen der Einnahme und dem Grenzübertritt war meine beste Chance. Ich würde eine Ablenkung arrangieren, um Pello und den Veteranen beschäftigt zu halten, mir Kiran schnappen, ihm sein Amulett wieder umhängen, um Find-mich-Zauber abzublocken, und dann rennen, als wäre Shaikar persönlich hinter uns her.
Grob besehen ein schöner Plan, aber bei den Einzelheiten hakte es. Es war unbedingt erforderlich, Kiran vor dem Grenzübertritt zu befreien. Da ich Simons Route nicht kannte, würde ich ihm vom Haus aus folgen müssen. Aber ich konnte nicht Tag und Nacht in diesem verdammten Loch liegen. Das Rohr war recht steil, sodass ich mich ständig gegen die Innenwand stemmen musste, um nicht rauszurutschen. Schlafen war auch nicht drin. Ich war jetzt schon übermüdet. Möglich, dass ich mich noch so lange wach halten könnte, um sie aufbrechen zu sehen, aber für alles Übrige wäre ich dann nicht mehr zu gebrauchen. Und das war nur ein Problem von vielen.
Die Leute brachen in lauten Jubel aus, als der erste Wagen durch das Tor rollte. Ich stieß einen ärgerlich großen Händler beiseite und reckte den Hals, um zu sehen, wer neben dem Maultiergespann her ritt. In der Mittagssonne leuchteten blonde Haare. Mein Herz machte einen Satz, der mich fast umhaute. Cara war am Leben. Und ein paar Reiter hinter ihr entdeckte ich Jeriks sehnige Schultern und graumelierte Zöpfe. Ich schloss die Augen und schickte eine Runde Dankgebete an die Götter.
Cara saß krumm im Sattel. Sie lächelte zwar, war aber mit den Gedanken eindeutig woanders. Meine Scham trübte die Freude. Jemand war gestorben, damit Ruslan zaubern konnte. Wer, würde ich noch herausfinden und dann in seinem Namen Noshets Schutzgeistern ein Opfer bringen. Doch das konnte warten. Ich zog den Kopf ein und machte Anstalten, mich aus der Menge zurückzuziehen.
In dem Moment fiel mir die Lösung für sämtliche Schwierigkeiten ein. Ich wusste, wie ich den Aufbruch des Magiers mitkriegen, seine Kutsche unbemerkt beschatten und bei der Befreiung Widerstand ausschalten könnte.
Ich brauchte nicht Jylla, sondern Cara. Cara und ihre Kletterkünste und ihre Treffsicherheit mit dem Jagdbogen. Außerdem hatte sie Ruslan beim Konvoi erlebt, und das würde Pello anziehen wie die Honigfalle die Sandfliegen.
Allerdings würde sie
Weitere Kostenlose Bücher