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Die Chroniken von Ninavel – Die Blutmagier

Die Chroniken von Ninavel – Die Blutmagier

Titel: Die Chroniken von Ninavel – Die Blutmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Schafer
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endlich.
    Dev zögerte zum ersten Mal und lehnte sich zurück. Seine Rücken- und Armmuskeln traten unter der braunen Haut noch stärker hervor. Er griff mit der Hand aus und zog sie wieder zurück, griff nach oben und schob die Finger über das Gestein, als suchte er nach einem Halt.
    Kiran nahm einen Kletterhaken in die schweißige Faust. Er dachte an den brennenden Schmerz in den Unterarmen und Händen, der sich bei ihm schon nach wenigen Minuten eingestellt hatte. Wie lange konnte Dev sich an so winzigen Unebenheiten festhalten? Wie lange dauerte es, bis auch die bestausgebildeten Muskeln nachgaben?
    Quälend lange verharrte Dev in derselben Haltung. Schließlich streckte er die Arme und ließ sich in die Hocke sinken. Er wippte einmal, zweimal   … und schnellte aufwärts durch die Luft. Kiran stockte der Atem. Er hatte recht gehabt: Dev hatte den Verstand verloren.
    Auf dem Höhepunkt des Sprungs fassten seine Fingerspitzen treffsicher um die kristalline Kante der roten Gesteinsschicht. Seine Arme bogen sich, fingen sein Gewicht auf   – und eine Hand rutschte ab. Ein Ruck ging durch seinen Körper. Er hing an einer Hand und scharrte mit den Füßen über die Felswand.
    Kiran schlug das Herz im Hals. Er drehte sich auf die Knie, bräuchte nur seine Barriere zu lösen   … Er hob eine Hand, dann ließ er sie sinken und setzte sich wieder. In ihm krampfte sich alles zusammen. Er wollte die Hölle nicht erleben, die Ruslan ihm bereitete, wenn er ihn wieder in seine Gewalt bekäme. Kiran schlug sich die Hände vors Gesicht. Alisa hätte niemals einen Menschen dem Tod überantwortet. Auch in der Hinsicht hatte er sie enttäuscht, und das war nicht einmal das Schlimmste gewesen.
    Ihm hatte vor Devs Schrei gegraut, stattdessen hörte er nur sein eigenes Herz klopfen. Er linste durch die Finger.
    Dev hing in irrwitziger Haltung an der Kante der Karkabonschicht: Ein Fuß war oberhalb des Kopfes verkeilt, das andere Bein unterhalb der Hand, die er in den Felsspalt geschoben hatte, angewinkelt, während er mit der freien Hand zügig einen Kletterhaken in den Spalt trieb.
    Kiran sank gegen die Wand. Die Erleichterung, die ihn durchströmte, änderte nichts an seiner brennenden Scham.
    Dev nahm den Hammer, der ihm an der Taille baumelte. Das helle Klirren seiner Schläge hallte herab. Eine weitere quälende Pause folgte, als Dev zu einer Schlinge griff, die an seinem Klettergeschirr befestigt war, und durch den Ring des Hakens fädelte, um sodann einhändig einen Knoten zu knüpfen. Sein Rücken glänzte vor Schweiß. Kiran bohrte die Fingernägel in die Handfläche und flehte im Stillen, Devs Finger mögen nicht abrutschen.
    Dev schwang einen Fuß herab, dann den anderen. Die Schlinge zog sich straff und nahm sein Gewicht auf; der Haken hielt.
    Dev warf den Kopf in den Nacken und lachte. Bei der schieren Freude, die sich darin ausdrückte, ließ Kiran den Kopf auf die Knie sinken, und in seinen Augen brannten die Tränen. Wir sind von derselben Art, hatte Ruslan ausgerufen. Kiran hatte ihm vor die Füße gespuckt und widersprochen. Doch im Augenblick der Bewährung zeigte sich nun, dass Ruslan recht hatte.

DEV
    Während ich zu Kiran hinunterkletterte, kribbelte es mir in den Adern, als hätte ich einen in der Krone. Ich fühlte mich so leichtfüßig wie auf dem Höhepunkt meiner Behaftung, so als könnte ich mich von der Wand abstoßen und frei schweben wie damals. Bei den Göttern, so gut hatte ich mich seit Jahren nicht mehr gefühlt.
    »Hab uns einen anständigen Stein besorgt«, sagte ich zu Kiran. Der Brudermörder hatte sich in jeder Hinsicht gelohnt. In meinem Beutel steckten mehrere daumengroße rote Brocken, einer, um Pellos Schutzzauber zu durchbrechen, und die übrigen, um sie in Ninavel für ein ordentliches Sümmchen zu verticken. Je mehr Kies ich zusammenhatte, bis ich Melly aus Dals Klauen befreite, desto besser.
    »Du wärst beinahe umgekommen«, sagte Kiran ausdruckslos. Er saß genauso zusammengekrümmt da wie bei dem Gewitter, aber seine Augen waren schmal, nicht schreckgeweitet.
    »Ach, hat dich der kleine Ausrutscher erschreckt? Glaub mir, ich bin Shaikars Hölle schon mal näher gewesen als eben.« Aber nicht viel, um ehrlich zu sein. Ich holte Luft und reckte mich, während ich an den Moment kalten Erschreckens dachte, in dem mir die Hand weggerutscht war. Jeder Glimmersprenkel im Granit war mir glasklar vor Augen erschienen und jeder Herzschlag laut wie Donner vorgekommen. Meine Lebendigkeit

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