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Die Chroniken von Ninavel – Die Blutmagier

Die Chroniken von Ninavel – Die Blutmagier

Titel: Die Chroniken von Ninavel – Die Blutmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Schafer
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vorsichtig zur Wand zu drehen. Er atmete einmal tief durch und bekam die Miene entschlossener Konzentration, genau wie in dem Moment, wo er auf den Sims gekrochen war. Ich verkniff mir ein Grinsen. So hatte auch Sethan einmal geguckt, als er bei einer schwierigen Route mit vereisten Griffen zu kämpfen hatte.
    Stück für Stück gab ich Seil, und Kiran verschwand unterhalb des Felsvorsprungs. Die geistige Klarheit, die ich für die Besteigung des Brudermörders gebraucht hatte, hatte sich noch nicht verflüchtigt, und unter ihrer nüchternen Betrachtung verfestigte sich mein halbgarer Verdacht gegen ihn zur Gewissheit.
    Kiran hatte in Ninavel einen Gegner. Nicht nur ein gesichtsloses Handelshaus, sondern jemand Bestimmtes, den er gegen sich aufgebracht hatte. Der von seiner Flucht vielleicht noch nichts wusste, wie Kiran glaubte, der aber so reich war, dass er einen Magier dafür bezahlen konnte, Kiran um die Ecke zu bringen, wenn er davon erfuhr. Vielleicht war es ein Verwandter oder ein verliebter Rivale, jedenfalls jemand, den Kiran fürchtete und dem er innerhalb der Stadt nicht entgehen konnte. Kiran hatte Ninavel nicht verlassen wollen, so viel war klar. Nein, er hatte sich aus Verzweiflung diesem Handelszug angeschlossen, genau wie ich.
    Ich wusste auch, warum. Sobald er in Alathien war, würde ihm kein Magier mehr etwas anhaben können, denn der Grenzbefestigung wurde nachgesagt, sie sei unüberwindlich. Eine unsichtbare Barriere umgab das ganze Land, in die kein Fremder, ob Normalsterblicher oder Magier, eine Bresche schlagen konnte. Bren hatte jahrelang versucht, einen Weg hindurch zu finden, aber vergebens. Er blieb auf Kuriere wie mich angewiesen, die für ihn jeweils eine Handvoll Dinge durch die wenigen Grenzposten schmuggelten. Und hinter der Grenze lagen die Städte unter einer geschlossenen Decke von Spürzaubern, die ihren Rat alarmierten, sowie jemand mehr als einen simplen Haushaltszauber einsetzte.
    Bis zur alathischen Grenze jedoch war Kiran Freiwild. Kein Wunder, dass er schreckhaft war wie ein angesengter Iltis und das um jeden Preis verbergen wollte. Ich hätte eine Mordswut auf ihn haben müssen. Nur leider schwante mir schon, dass Kirans Gegner gar keinen Magier zu bezahlen brauchte. Brens erklärungslose Anweisungen ergaben nur allzu viel Sinn, wenn er und Gerran mit jemandem ein Zusatzgeschäft vereinbart hatten, der sowohl von Kirans Flucht profitieren als auch sicherstellen wollte, dass der Junge Alathien nicht mehr verließ. Jetzt begriff ich, warum Bren von mir so nachdrücklich Stillschweigen verlangt hatte. Er hatte sich schon gedacht, dass ich im Laufe der Reise darauf kommen würde, und dann sollte mir klar sein, dass ich meinen Lohn einbüße, wenn ich Kiran warne.
    Sollte Bren in der Hölle schmoren! Wenn es aber dazu käme, dass ich mich zwischen Kiran und Melly zu entscheiden hatte, dann stand das Ergebnis für mich schon fest. Aber wohl war mir dabei nicht.
    Das Seil erschlaffte. Kiran war am Boden angelangt. Ich hörte undeutliche Stimmen von unten, dann Caras scharfen Ruf, mit dem sie hätte Steine spalten können.
    »Dev! Schwing deinen Arsch hier runter!«
    Wie es sich anhörte, wollte sie mich vierteilen. Na ja, ich hatte es lange genug hinausgezögert. Zeit, sich der Strafe zu stellen.

FÜNF
DEV
    Cara fiel über mich her, kaum dass ich einen Fuß auf den Boden gesetzt hatte.
    »Was sollte das denn sein?« Sie stampfte an Kiran vorbei, der zurückfuhr wie vor einem Skorpion. Ich konnte es ihm nicht verdenken. Caras Blick hätte Blei zum Schmelzen gebracht.
    »Kletterunterricht«, antwortete ich. Gleich mit einer Entschuldigung zu beginnen hätte keinen Zweck. Das würde nur Misstrauen wecken. Wenn ihr klar würde, dass ich den Brudermörder bestiegen hatte, um meinen Geldbeutel zu füllen, würde sie mich auf der Stelle feuern.
    Sie ballte die Fäuste, und ich setzte schleunigst meinen Rucksack ab. Hier sollte ich forsch auftreten, aber nicht so frech, dass sie mich aus purer Verärgerung entließ.
    »Ich weiß, ich hätte das nicht tun sollen. Aber Kiran sollte was lernen, und zufällig sah ich eine Route und konnte nicht widerstehen.« Ich gab mir Mühe, zerknirscht auszusehen, aber mir zuckten die Mundwinkel. Ich warf die Arme auseinander. »Die Erstbesteigung des Brudermörders, Cara! Komm schon, das hättest du an meiner Stelle genauso getan.«
    Caras Luchsaugenblick wurde nur umso durchdringender. »Shaikar soll dich holen, Dev! Hätte ich vorher gewusst, dass du

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