Die Chroniken von Ninavel – Die Blutmagier
gründen schien ihm allzu unzuverlässig zu sein.
Gegen seinen Willen wurde der Gedankenfluss langsamer, sein Körper ergab sich dem übermächtigen Schlaf. Eine Zeit lang sorgte die Erschöpfung für einen tiefen, traumlosen Schlaf. Aber nach einigen Stunden, in denen sich sein Körper langsam erholte, verblasste die innere Dunkelheit und ließ Erinnerungen hochkommen.
»Was hat dich aufgewühlt, mein Kleiner?« Lizaveta blickte von ihrer niedrigen Couch auf. Ihre jasminduftenden schwarzen Haare fielen schwer über eine glatte braune Schulter und legten sich in die roten Falten ihres Kleides.
Kiran war zu aufgeregt, um sich hinzusetzen. »Du musst mir helfen, khanum Liza, bitte. Ich kann so nicht leben und will es nicht. Kannst du die Bindung nicht aufheben?«
Ihre schwarz geschminkten Augen folgten ihm, während er auf und ab schritt. »Du kennst die Antwort, Kiranushka. Du wurdest auf ewig gebunden. Niemand kann sie lösen.« Sie setzte sich auf und griff nach seiner Hand. »Siehst du denn nicht, wie sehr er dich liebt? A ll die Jahre hat er darauf gewartet, dass du mit Mikail den Platz an seiner Seite einnimmst.«
Kiran blieb stehen und fletschte die Zähne. »Er mich lieben? Mich lieben? Wie kannst du das sagen, nachdem er das getan hat?«
Ihr Gesichtsausdruck blieb milde, aber durch die schillernde Tiefe ihrer Augen glitt ein Schatten. Sanft zog sie ihn neben sich auf die Couch. »Ruslan ist manchmal … hitzig. Er wollte dir nur eine Lehre erteilen. Kannst du ihm nicht vergeben?«
Er riss seine Hand weg und fühlte die Tränen aufsteigen. »Ich werde ihm nie verzeihen. Niemals. Er ist ein Ungeheuer.« Er wischte sich die Augen. »Ich weigere mich, eines zu werden. Ich bringe mich um, wenn das der einzige Weg ist, um mich davon zu befreien.« Er zeigte wütend auf seine Brust, wo Ruslan das Sigillum platziert hatte.
Lizavetas zart geschminkte Lippen krümmten sich. »Ach Kiran. Immer so theatralisch.« Sie seufzte. »Ich sagte es Ruslan damals schon, als er dich zu mir brachte. Dieses Kind, sagte ich, hat nicht das richtige Temperament für unser Leben.« Sie strich ihm über die Wange. »Aber dein Lebenslicht brannte so hell, so mächtig, so eifrig und so liebevoll – wie hätten wir dich dafür nicht lieben sollen?«
»Es ist mir ernst, khanum Liza. Hilf mir oder ich wähle die einzige Lösung, die mir bleibt.«
»Also gut, mein Kleiner. Ich werde dir helfen, aber unter einer Bedingung.« Sie schaute ihn prüfend an.
»Welcher?«, fragte Kiran unwillig.
»Du musst mir ein blutgebundenes Versprechen geben: Du wirst dich nicht umbringen, weder direkt noch indirekt, ganz gleich, was kommt.«
»Nein!« Kiran sah sie aufgebracht an. »Wenn ich das tue, wirst du mich ihm ausliefern, sowie er durch die Tür kommt.«
Lizavetas Blick wurde hart, ihre Miene streng. »Gib mir das Versprechen, dann helfe ich dir gegen Ruslan. Ich habe es gesagt. Zweifelst du an meinem Wort?« Es klang scharf wie ein Peitschenknall.
» Ich … nein.« Kiran beugte den Kopf. »Es tut mir leid, khanum Liza.«
»Wie lautet also deine Antwort?«
Einen Moment lang schwieg er und kaute auf den Lippen. Schließlich stellte er sich ihrem Blick. »Ich will es versprechen.«
Sie stand auf und ging zu einer Konsole. Ihre nackten Füße waren auf dem dicken Teppich nicht zu hören. An einem geschnitzten Kästchen leuchtete ein Sigillum auf, als sie sich näherte. Sie entnahm dem Kästchen ein silbernes Messer und eine Schale und kam zu Kiran zurück. Die Schale stellte sie zwischen ihnen auf die Couch und hielt ihm die geöffnete Hand hin. In der anderen hielt sie das Messer.
Zögernd streckte er die Hand aus. Mit geübter, schneller Bewegung schnitt sie entlang der Lebenslinie zuerst in seine, dann in ihre Handfläche. Blut quoll hervor und benetzte die Klinge. Sie verschränkte ihre Hand mit seiner, und er sog scharf die Luft ein, als sich beider Blut mischte und Lizavetas Magie ihn einhüllte. Wo Ruslan ihm wie ein loderndes Feuer begegnete, war Lizaveta wie eine zarte Winde, die sich in sein Bewusstsein rankte. Doch bei aller Zartheit spürte er ihre Stärke, eine alte Macht, die der ihres Zauberbruders gleichkam.
Mit ihrer Magie, die ihre Wurzeln in seinen Geist und seine Seele trieb, sah sie ihm tief in die Augen und sagte leise: »Gib das Versprechen.«
Er gehorchte. Die Kräfte flammten auf, als er es aussprach, und brannten ihm die Worte ins Gedächtnis. Zufrieden zog sie sich aus ihm zurück, ohne jedoch seine
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