Die Chroniken von Ninavel – Die Blutmagier
Zusammen mit deinem und meinem Amulett kriegen wir es hin.«
»Aber wie willst du so etwas beschaffen?« Eine Kräutertinktur, die Magie unterdrückte … Kiran hielt das durchaus für möglich, da Geist, Körper und Magie eine untrennbare Einheit bildeten. Die Wirkung wäre sicherlich nicht dauerhaft. Aber wenn doch … Er unterdrückte seinen inneren Protest. Mit seiner Flucht aus Ninavel hatte er die Entscheidung gefällt: seine Magie gegen ein Leben ohne Ruslan.
»Gerran wird mir das sagen können. Wenn wir zur Grenze kommen, werde ich am besten erst mal das Vorgehen der Grenzer erkunden und nach Kost reingehen, um mit ihm zu sprechen, bevor wir dich durchs Tor bringen.«
Kiran erstarrte. »Du gehst allein nach Kost?« Dann könnte Dev ihn mühelos an die Alather verraten oder ihn an Ruslan ausliefern.
Dev hatte nur einen sarkastischen Blick für ihn. »Du willst eine Garantie, dass ich dich nicht verrate, ja? Pech. Ich musste mich bei dieser Scheißreise ständig auf dein Wort verlassen. Wird Zeit, dass es mal andersherum läuft.«
Kiran schwieg widerstrebend. Da sein Leben auf dem Spiel stand, durfte er sich nicht auf Devs Wort verlassen. Wenn er das Problem vielleicht anders anpackte … Dev brauchte Geld, aber warum so dringend? Nicht aus Gier, das hatte er aus dem Gespräch mit Cara schon herausgehört. Wenn er den Grund in Erfahrung brächte, könnte er Dev ein verlockenderes Angebot machen.
Es würde jedoch nicht leicht sein. Dev war in persönlichen Angelegenheiten genauso verschwiegen wie er selbst. Kiran band seinen Rucksack zu. Er war entschlossen, Dev zum Reden zu bringen.
ZWÖLF
DEV
Ich erklomm den Bärenfang-Grat und ließ mich herzhaft stöhnend in den Schnee fallen. Meine Zerrung brannte wie Feuer, und mein Rücken fühlte sich an, als hätte mich jemand mit Steinen beworfen. Die im Sommer leichte Besteigung war bei Schnee und Eis lebensgefährlich. Kiran war dem nicht im Geringsten gewachsen gewesen. Ich hatte ihn Zoll für Zoll mit aller Kraft am Seil hochziehen müssen. Bei Khalmets Hand, so hart hatte ich bei keinem Aufstieg mehr schuften müssen, seit Sethan sich bei einer dreitägigen Besteigung des Nyshant den Fuß gebrochen hatte.
Kiran mühte sich in meinen Fußstapfen den letzten verschneiten Hang herauf. Dann ließ er sich neben mich sinken. »Geht es dir gut?«
»Ja, klar, ruh mich bloß aus.« Der Blick nach Westen war atemberaubend. Schneebestäubte Gipfel und dicht bewaldete Hänge, die in der späten Nachmittagssonne leuchteten. In der Ferne deutete ein Einschnitt im Wald die tiefe Schlucht an, durch die der Elenn floss, um sich dann südwärts durch die Vorberge zu schlängeln. Jenseits des Elenn lag die alathische Grenze als unsichtbare Barriere, die es Ausländern wie uns unmöglich machte, woanders als an einem Grenzposten ins Land zu gelangen.
Einmal hatte ich einen wilden Grenzübertritt versucht. Obwohl ich mich zollweise über eine scheinbar frei begehbare Waldlichtung bewegte, war es plötzlich, als wäre ich in vollem Lauf mit dem Gesicht vor eine Wand gelaufen. Ich landete auf demHintern und hatte Kopfschmerzen, die sich gewaschen hatten. Außerdem blutete ich aus Nase und Ohren. Dabei deutete nicht mal ein Flimmern in der Luft an, dass ich einen Abwehrzauber ausgelöst hatte. Und das war bloß die Wirkung, die der Grenzwall auf einen gewöhnlichen Menschen hatte. Es hieß, bei der leisesten Berührung durch einen ausländischen Magier würde eine spektakuläre Reaktion erfolgen: Wie aus dem Nichts würden magische Flammen aufschießen und ein Heer grimmiger Ratsmagier erschiene auf der Stelle, um den unglücklichen Eindringling zu vernichten. Das wollte ich natürlich nicht riskieren.
Kiran zeigte auf die sonnigen Hügel in der Ferne. »Ist das Alathien?«, fragte er mit einem Hoffnungsschimmer in den Augen.
Ich nickte. »Kost liegt südwestlich von hier, wo der Tiefling in den Elenn mündet. Wir steigen zur Baumgrenze hinunter, dann laufen wir nach Süden über die Kämme, bis wir in die Schlucht hinuntersteigen können.«
»Das Land ist so grün! Schau nur, all die Bäume!« Sein Ton war weich vor lauter Staunen.
Ich wollte darauf nicht mehr hereinfallen und stand auf. »Komm weiter«, sagte ich barsch. »Es bleibt nicht mehr lange hell.«
Hätte ich noch einen Beweis gebraucht, dass Kirans Lehrmeister den Sturm gezaubert hatte, hier lag er vor mir: auf der Westseite des Kammes lag kaum Schnee. Natürliche Schneestürme luden ihre Last an den
Weitere Kostenlose Bücher