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Die Chroniken von Ninavel – Die Blutmagier

Die Chroniken von Ninavel – Die Blutmagier

Titel: Die Chroniken von Ninavel – Die Blutmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Schafer
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Westhängen des Weißfeuergebirges ab, weshalb es in Alathien reichlich Wasserfälle und Flüsse gab. Doch nur hundert Schritt westlich des Bärenfang-Grats lag der Schnee nur ein paar Zoll hoch. Wir dagegen hatten uns durch mehrere Fuß hohen Schnee gekämpft, als wir das Kar durchquerten. Schade   – ich hatte gehofft, ein Schneefeld hinunterrutschen zu können, stattdessen mussten wir über glitschiges Geröll wandern.
    Ich musste Kiran an einer Wand abseilen und konnte dabei nur flach atmen, weil meine Zerrung in der Seite stach. Ich kletterte nach ihm ab und setzte meine Füße vorsichtig, weil überall Schmelzwasser tropfte. Ab und zu polterten Steine durch die Schmelzrinnen. Eine, die über mir verlief, behielt ich ständig im Auge und betete, es möge kein scharfkantiges Geschoss herabsausen, bevor wir aus der Aufprallzone gelangt wären.
    Gerade als ich am Boden ankam, rief Kiran: »Oh! Was für Tiere sind das?«
    Eine Schar Bergziegen stand an der Felskante und sah uns zu. Die ausgewachsenen waren zottig und verloren ihr Winterfell in großen Büscheln. Mehrere flaumige Jungtiere spähten zwischen den Beinen ihrer Mütter hervor.
    Bei einem scharfen Poltern in der Schmelzrinne stoben die Ziegen auseinander.
    Scheiße! »Achtung Steinschlag!«, brüllte ich, duckte mich und nahm schützend den Kopf zwischen die Arme. Ein harter Stoß von hinten warf mich der Länge nach in einen Schneefleck. Die Steine sausten an mir vorbei. Bei einem dumpfen Aufschlag schrie Kiran auf.
    Mir rutschte das Herz in die Hose. Ein Stein gegen den Kopf konnte auf der Stelle tödlich sein, ob Magier oder nicht. Wenn alles umsonst gewesen war   …! Ich sprang auf.
    Kiran lag zusammengekrümmt da und hielt sich den linken Arm. Zwischen seinen Fingern sickerte Blut durch, aber er lebte.
    Ich hockte mich neben ihn. »Lass mal sehen.«
    Wortlos nahm er die Hand weg. Der Stein hatte eine tiefe Platzwunde verursacht, und der Unterarm war gebrochen.
    »Was hast du dir dabei gedacht? Du hättest wegbleiben müssen«, brummte ich und wühlte in meinem Rucksack nach den Amuletten. Beim Konvoi gab es immer einen kostbaren Vorrat an Knochenheilern, aber mein kleiner Schmerzstiller und der Wundschließer waren besser als nichts.
    »Andernfalls hätte dich ein Stein getroffen, das konnte ich sehen«, erwiderte er. »Ich sah keine andere Möglichkeit.«
    Also hatte er den Treffer eingesteckt, von einem großen Stein, der mich das Leben hätte kosten können. Ich hätte dankbar sein sollen, stattdessen war ich aufgewühlt, fast wütend und hielt mir der Einfachheit halber vor Augen, dass er in der übrigen Zeit ein Lügner und Mörder war.
    Dass er mir das Leben gerettet hatte, hieß noch lange nicht, dass er ein netter Kerl war. Er hatte bloß Angst gehabt, ohne mich nicht über die Grenze zu kommen.
    Ich griff nach seinem Arm, und er zog ihn zischend weg. »Fass ihn nicht an!« Seine Stimme zitterte vor Schmerzen.
    »Ich muss ihn verbinden«, sagte ich einigermaßen geduldig und wollte erneut danach greifen.
    Er neigte sich weg. »Nein! Ich weiß nicht, ob ich dann noch aufhören kann   …«
    »Womit?«, fragte ich scharf. Wir waren schon genug aufgehalten worden, und jetzt das noch.
    Seine Augen wirkten fast schwarz, so groß waren seine Pupillen. »Es tut weh und will heilen, und ich brauche dazu Kraft. Hier oben gibt es aber nur dich.«
    Das Entsetzen lähmte mir die Zunge. Ich taumelte rückwärts, als ob mich das schützen könnte. Er hatte keine Berührung gebraucht, um Harken die Lebenskraft zu stehlen.
    Kiran verzog den Mund zu einer bitteren Grimasse. »Ich werde keine Kraft aus dir ziehen. Nicht mit Absicht. Aber wenn du mich berührst, überbrückst du meine Barriere, und dann könnte es unwillkürlich passieren.« Bei diesen letzten Worten senkte er den Blick.
    Ich schauderte. Bei Khalmets Hand, hilflos spüren zu müssen, wie das Leben aus mir sickert, stellte ich mir ziemlich scheußlich vor. Vor meinem geistigen Auge sah ich die Augen der toten Maultiere. Da kam mir eine Idee.
    »Wie wär’s mit den Ziegen? Kannst du aus ihnen Kraft ziehen?« Sie waren zwar nicht mehr zu sehen, konnten aber nicht weit sein.
    Er schüttelte den Kopf. »Dazu müsste ich die Barriere senken, und das ist zu gefährlich. Dann käme Ruslan an mich heran. Wenn ich vor ihm sicher bleiben will, geht es nur mittels Berührung.«
    »Mist.« Ich rückte näher heran und beäugte seinen Arm. Dabei hielt ich die Hände hinter dem Rücken verschränkt.

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