Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
sein
ich wollte singen und lieben immerdar ...
Dunkel ist es, und still ruhen die Waffen
Tod hält uns umfangen, schweigend darben wir im Nichts
Bis der neue Morgen kommt, die Sonne erwacht,
und das Licht kehrt zurück.
Und so brennt die Sonne, ich kann sie nicht erreichen
und ich träume fern, ein Stern zu sein.«
Als der letzte Ton verklungen war, löste sich die Menge langsam und schweigend auf, um die Totenfeier zu begehen.
Noïrun wandte sich an Rowarn. »Wir haben Morwen und Rayem geborgen«, sagte er und wies Richtung Westen, wohin die Krieger in feierlicher Prozession gingen. Die meisten hielten eine Blume in der Hand. »Am Rand dort draußen haben wir einen großen Scheiterhaufen errichtet, der nun entzündet wird. Du kannst wie die anderen vorbeigehen und ihnen die letzte Ehre erweisen – wenn du es willst. Jeder geht anders mit seiner Trauer und dem Abschied um.«
»Ich werde mit dir gehen«, sagte Rowarn. Er hatte geglaubt, seine Stimme würde brüchig klingen, aber Noïruns ausgeglichene Ruhe ging wohl auch auf ihn über. Die Ausstrahlung des Fürsten war heute stärker denn je, und Rowarn bewunderte und liebte ihn dafür und war dankbar, dass er lebte und weiterhin die Verantwortung trug. Nun konnte Rowarn sich selbst vergeben, dass er sich hatte entscheiden müssen. »Ich lasse dich jetzt nicht allein.«
In Noïruns Mundwinkel zuckte ein kurzes Lächeln. Dann schweifte sein Blick ab. Er ging auf Jelim zu, die allein und verloren dastand, und zog zwei versiegelte Briefe aus der Tasche. »Bring diesen zuerst zu Morwens Mutter und den anderen anschließend nach Madin, zu Rayems Eltern«, sagte er.
»Danke für die Ehre«, erwiderte sie leise.
»Reite los, sobald du so weit bist, Mädchen. Wenn du einen Grund hast, in Madin zu bleiben, dann sei es so. Verstehst du mich? Lass mir eine kurze Nachricht zukommen.« Er ergriff ihre Schultern und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. »Achte auf dich. Lebewohl.«
Jelim nickte. Dann umarmte sie Rowarn ein letztes Mal, bevor sie ging. »Ich nehme Rayems Pferd mit«, rief sie zuletzt über die Schulter.
»Sie ist schwanger«, sagte Noïrun zu Rowarn, als er zu ihm zurückkehrte. »Sie hat es mir natürlich nicht gesagt, aber ich sehe es ihr an. So geht das Leben weiter, nicht wahr? Und Hoffnung wächst auf den Trümmern des Leids.«
Rowarn nickte. »Ja. Das wird auch Rayems Eltern ein Trost sein. Ich bin sicher, sie werden Jelim mit offenen Armen empfangen.« Er lächelte schwach. »Und sie wird bald ganz Madin im Griff haben. Bestimmt wird sie Bürgermeisterin.«
Seite an Seite folgten sie nun der Prozession und gingen zu dem Scheiterhaufen, der bereits in Flammen stand, die hoch loderten und den bewölkten Tag heller machten. Hier und da rissen die Wolken auf und ließen ein Stück Himmel hindurch.
Still wanderten die Soldaten an dem mächtigen Feuer vorbei, warfen Blumen und noch andere kleine Dinge hinein. Manche verharrten in kurzer Andacht oder zum Gebet, andere sangen leise.
Es war seltsam, aber die Stimmung war nicht niedergedrückt und voller Trauer, sondern gelöst und zuversichtlich. Ein Abschied auf besondere Weise.
»Du hast großartig gesungen«, bemerkte Rowarn. »Ich wusste gar nicht, dass deine Reibeisenstimme so gut klingen kann.«
Noïrun lächelte. Er legte Rowarn den Arm um die Schultern, und sie nahmen jeder aus einer bereitgestellten Schale Blumen und warfen sie in die Flammen, während sie an der großen, brennenden Totenstätte vorbeigingen, durch die wallenden Hitzeschleier hindurch. Es war wie eine Reinigung.
»Was ist mit Tamron?«, fragte Rowarn. Der Fürst hatte nur Morwen und Rayem erwähnt.
»Wir haben ihn nicht gefunden«, antwortete Noïrun.
Rowarn war überrascht und plötzlich aufgeregt. »Aber das könnte bedeuten ...«
»Dass er noch lebt, ja. Aber wer weiß, ob der Tod für ihn nicht besser gewesen wäre.« Noïrun zog den Arm zurück und sah Rowarn ernst an. »Wenn er noch lebt, hat Femris ihn.«
Rowarn ballte die Faust. »Besteht denn überhaupt noch Hoffnung?«, flüsterte er.
»Mehr denn je«, sprach der Fürst. »Glaube mir. Wir waren noch nie so nah an Femris dran. Ganz gewiss werden wir jetzt nicht locker lassen.«
Am Vormittag, als die letzten Wolken sich verzogen hatten, marschierte das Heer wieder auf die Ruinen von Ardig Hall zu. Sie hatten sich Zeit genommen, um sich in aller Ruhe vorzubereiten und gefasst in den neuerlichen Kampf zu gehen. Dementsprechend war auch der Feind
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