Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
ausstieß, der ihn zutiefst erschreckte.
Der Visionenritter ließ Rowarns Arm los, seine Hände fuhren an den Helm, und er stieß einen zweiten, diesmal schmerzerfüllten Laut aus. »Kein Wort mehr, ich kann es sehen«, keuchte er heiser. »Ich Narr, ich hätte dich nicht berühren dürfen, nun kommt es über mich. Große Götter, nehmt diesen Fluch von mir, der keine Gabe ist, wenn ich solche Dinge sehen muss!«
Rowarn wusste nicht, was er tun oder sagen sollte. Es verstörte ihn, den großen Mann so außer sich zu sehen. Schuldgefühle plagten ihn, und er kaute nervös auf der Unterlippe. Er verfluchte sich selbst für seine Aufdringlichkeit, seine Sturheit, und schämte sich zutiefst. »Was habe ich Euch angetan ...«, stieß er schließlich hervor.
»Dafür ist es zu spät. Sie war deine Mutter, richtig?«, sagte Angmor leise. »Königin Ylwa, die man die Jungfrau von Ardig Hall nannte, sie hat dich geboren. Ich kann es ganz deutlich sehen. Ich Tor, dazu hätte ich keine Vision gebraucht, wenn ich dich zuvor genauer angeschaut hätte! Aber ich habe nicht darauf geachtet, denn wie hätte ich jemals ahnen können, dass die Königin ...«
»Meine Muhmen haben es mir erzählt«, murmelte Rowarn. »Weil der Weiße Falke dieses Jahr ausblieb ... und als sie erfuhren, dass Königin Ylwa ermordet worden war, von dem Dämon Nachtfeuer ...«
»Still, lass es mich sehen . Nachtfeuer ... ja. Ja, so sieht es aus. Welche Ironie. Oder ... nein, Zorn ist es. Wahrscheinlich fand er es heraus ...«
Rowarn hatte plötzlich das Gefühl, als würde der Boden unter ihm nachgeben. Ihm wurde schwindlig, und er ahnte, dass er bei weitem nicht ganz unten angekommen war, dass immer noch genug von seinem Leben übrig geblieben war, das zertrümmert werden konnte. »Nachtfeuer? Was fand er heraus?«, flüsterte er. Es blieb ihm nichts anderes übrig, jetzt musste er sich der Wahrheit stellen.
»Es gibt keinen Zweifel«, murmelte Angmor. »Ich kann es ganz deutlich sehen, trotz meiner Schwäche. Du hast das ausgelöst, und ich kann nichts dagegen tun. Das Bild ist da, und ich kann nicht die Augen davor verschließen.«
»Bitte ...«, flehte Rowarn. Er zitterte am ganzen Leib vor Angst.
Angmor seufzte schwer. »Warum nur bist du zu mir gekommen, du junger Narr! Warum konntest du deine Mutter nicht in Frieden ruhen lassen? Anstatt auf eine Rache zu sinnen, die du niemals erfüllen kannst, nicht bei einem Dämon wie Nachtfeuer, selbst wenn du mich und Tamron an deiner Seite hättest!« Er stockte und hustete, sein Atem ging schwerer. Die neuerliche Anstrengung hatte ihn wiederum Kräfte gekostet. »Kannst du nicht begreifen, was du dir selbst damit antust?«
»Was habt Ihr gesehen?«, rief Rowarn. »Bitte sagt es mir!«
»Ich sage es dir, auch wenn ich ahne, dass es dich ins Unglück stürzen wird. Und das ist nicht, wofür ich kämpfe, wofür ich meine Kräfte aufbrauche! Aber ich habe keine Wahl, das ist mir ebenso bewusst, und du hast ein Anrecht darauf, es zu erfahren, du armes, bemitleidenswertes Kind.« Angmor richtete sich leicht auf und drehte sich zu ihm, und Rowarn hatte das Gefühl, als würde er von einem Paar glühender Augen durchbohrt, ein Blick voll ohnmächtigen Zorns und Pein.
Der Visionenritter musste etwas so Schreckliches gesehen haben, dass es selbst ihn bis in die Tiefen seines Seins erschütterte. Nach Rowarns Herzen griff eine eiskalte Hand. Er ahnte, dass es besser gewesen wäre, dieses Geheimnis ruhen zu lassen. Doch es gab kein Zurück mehr. »Verzeiht mir den Schmerz, den ich Euch zufüge«, flüsterte er. »Das wollte ich nicht ...«
»Wie ich bereits sagte: Zu spät – für dich, Junge, und es tut mir sehr leid um deine Seele. Doch die Wahrheit zu verschweigen macht sie nicht ungeschehen. Ich wünschte nur, du hättest einen anderen gefragt, zu einem anderen Zeitpunkt, an einem anderen Ort.« Angmor stöhnte. Seine Stimme schwankte, er hatte kaum mehr die Kraft zu sprechen. Dann stieß er hervor:
»Nachtfeuer – er ist dein Vater, Rowarn!«
»Wa...« Rowarn versagte die Stimme. Sein Mund schnappte tonlos auf und zu.
Für einen Moment war er wie gelähmt, versuchte, die Ungeheuerlichkeit zu begreifen, die ihm soeben entgegengeschleudert worden war.
Angmor hustete und sank dann in sich zusammen, sein Arm fiel schlaff herab, sein Atem ging nur noch flach. Er hatte erneut das Bewusstsein verloren, seine letzten Kräfte waren in diesem Ausbruch aufgezehrt worden.
Rowarn, dem endlich dämmerte,
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