Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
magischen Einfluss ausgesetzt und umgewandelt werden sollte. Tatsächlich schien es so, als wäre jeder Einzelne hier überzeugt davon, dass eine Flucht unmöglich war.
Umso mehr klammerte Rowarn sich daran. Er sollte jemanden finden, den er irgendwie bestechen konnte. Rowarn hatte schon an eine der Dienstmägde oder Lustsklavinnen gedacht, es aber dann verworfen. Die Frauen hier in diesem Lager, wenn sie keine Soldatinnen waren, waren zwar genauso Gefangene wie er, aber eingeschüchterte, unterdrückte Kreaturen, die es nicht wagten, aufzubegehren. Ein zu hohes Risiko.
Rowarn vermutete ohnehin, dass nahezu alles, was ihm aufgetragen wurde, gleichzeitig dazu diente, um ihn zu studieren, herauszufordern. Festzustellen, wie weit er gehen würde. Wie lange er dieses Spiel durchhielt. Auch wenn Heriodon sich nicht unmittelbar mit ihm abgab, ließ er ihn doch nie aus den Augen. Und dann, wenn er es am wenigsten erwartete, wurde Rowarn plötzlich zum Gespräch geholt.
Einmal hatte Rowarn bei einem Gelage der Befehlshaber auftragen müssen. Ihm war fast schlecht geworden bei dem, was er da alles zu Gesicht bekommen hatte. Der Heermeister war der Einzige, der sich nicht daran beteiligte. Er saß abseits, mit einem Pokal Wein in der Hand, und beobachtete alles aus kalten Augen.
Schließlich wollten sie auch mit Rowarn einen Spaß veranstalten. Einer der Offiziere drängte ihm ein Mädchen auf. »Nimm sie dir, das ist ein Geschenk des Himmels! Ein gesunder junger Kerl wie du, und die ganze Zeit ohne jedes Vergnügen.« Natürlich wollten sie alle dabei zusehen und sich amüsieren, und wer wusste, was noch. Das Mädchen hatte Rowarn angefleht, das Spiel mitzumachen, aber er hatte sie gepackt, zu Heriodon gezerrt und ihm hingehalten. »Nach Euch, Herr«, sagte er. »In so einem Fall steht mir das Vorkosten nicht zu.« Die Offiziere hatten brüllend gelacht. Rowarn ließ das Mädchen los, das schluchzend flüchtete. Heriodon musterte Rowarn einen langen Augenblick, dann nickte er grinsend. »Du lernst dazu. Geh, dein Dienst ist beendet.«
Alles nur eine Prüfung , dachte der junge Ritter, während er scheppernd die Waffen und Schilde fallen ließ.
Und da kam auch schon Gonarg anstelle des Hauptmanns. Es war einfach unvermeidlich, ihm immer wieder zu begegnen.
Rowarn zeigte auf die Waffen. »Willst du sie zählen?«
Gonarg grinste. »Nicht nötig. So dumm bist du nicht. Außerdem geht mich das nichts an, ich bin nur der Lagermeister. Meinetwegen versteckst du eine ganze Rüstung unter deinem rissigen Hemd.« Er trug Rowarn auf, Essen an Gefangene zu verteilen, und zwar tiefer in den Felsen, wo er bisher noch nie gewesen war, weil der Zugang streng bewacht wurde. »Der Junge, der das bisher getan hat, ist auf unerklärliche Weise verschwunden.« Gonargs Auge glitzerte. »Er war beinah so hübsch wie du.«
Rowarn war schon aufgefallen, dass einige Offiziere eine Schwäche für Knaben hatten. Bei Heriodon war er sich nicht sicher, ob er überhaupt eine Schwäche für irgend etwas hatte. Der General war immer kalt und unnahbar. Ein grauer Stein.
»Ich habe noch eine Menge zu tun«, wandte er ein.
»Dann solltest du dich besser beeilen.«
Rowarn blieb nichts anderes übrig, als diese Aufgabe auch noch zu übernehmen. »Kann mir nicht wenigstens einer beim Tragen helfen?«, fragte er den Koch mürrisch, der ihm zwei schwere Töpfe an die Schultertrage hängte.
»Wird Zeit, dass du erwachsen wirst, Zuckerpüppchen«, gab der Zwerg zurück und drückte ihm den Brotkorb in die Hand.
Rowarn wankte an den beiden Wachen vorbei, die keinen Blick für ihn übrig hatten, und betrat einen stillen, langen, halbdunklen Gang. Von den meisten Gefangenen konnte er kaum etwas sehen, wenn er Schale und Wasserkrug durch das Gitter schob. Sie hielten sich in der Dunkelheit und rührten sich nicht; er konnte nicht erkennen, wer oder was sie waren. Schweigend arbeitete Rowarn sich Zelle für Zelle vor.
Und dann, im letzten vergitterten Raum, sah er endlich den Visionenritter wieder. Er kauerte wie die anderen fast im Dunkel auf einer Pritsche und regte sich nicht, aber Rowarn erkannte ihn sofort. Fast konnte er die Aura spüren. Der junge Ritter konnte sich kaum halten vor Freude, Angmor endlich anzutreffen. So lange schon hatte er herauszufinden versucht, wo der Held gefangen gehalten wurde.
Heriodon hatte nicht gelogen, was dessen Behandlung betraf. Er hatte dem Visionenritter sogar die Rüstung gelassen, nur die Waffen fehlten. Auch der
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