Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
gegenüber des gewaltigen, drei Mannslängen hohen Eingangsportals, erhob sich auf vier Stufen ein Thronstuhl mit hoher Lehne. Dahinter an der Wand hing ein riesiger Seidenteppich, mit farbenprächtigen Mustern.
In der Mitte der erhabenen Halle, die fast wie ein Tempel wirkte, stand ein langer Altartisch, auf dem alle Lichtstrahlen von oben herab zusammentrafen. Und in diesem Licht gebannt, eingehüllt in ein glitzerndes magisches Feld, schwebten die drei Splitter des Tabernakels über dem Altar.
Rowarn schluckte trocken. Alles in ihm drängte augenblicklich danach, dorthin zu laufen und die schlicht wirkenden Bruchstücke aus Ton an sich zu reißen. Er spürte trotz des magischen Feldes die gewaltige Macht, die sie verströmten, sie erfüllte den ganzen Turm. Endlich begriff der junge König, was die Nauraka dazu getrieben hatte, das Tabernakel zu stehlen, was so viele Mächtige seit Jahrtausenden dazu bewegte, es an sich zu bringen. Obwohl nicht vollständig, waren bereits diese drei Stücke mächtiger als alles, was Waldsee jemals hervorgebracht hatte. Eine ganze besondere, eigenwillige Aura ging von ihnen aus, die mit nichts vergleichbar war, was Rowarn bisher erlebt hatte. Selbst die Macht des Annatai verblasste dagegen zu einfacher Taschenspielerkunst.
Das Tabernakel war nicht von weltlicher Natur, aber auch nicht das Werk eines Gottes. Die Zeitlosigkeit des Traums haftete an ihm, es verströmte die Reinheit und Klarheit des Anbeginns des Schaffens, war körperliche Präsenz dessen, was in und um alle Wesen und Welten war, ein Teil des Gefüges, in das das Leben eingebettet lag.
Und es waren erst drei Teile.
Unscheinbar im Aussehen, harmlos wahrscheinlich für ein Lebewesen, das weder ein Gespür für Magie hatte, noch für die Strömungen des Universums, die alles durchdrangen und verbanden im Urklang, der Bestandteil jeder Melodie einer Welt war.
Rowarn bebte. Gebannt stand er da, unfähig, sich zu rühren. Wie von Ferne drang Arlyns Stimme an sein Ohr.
»Wo ist Femris?«
In diesem Augenblick blieb Angmor stehen und griff sich stöhnend an den Kopf. Seine Aura flackerte und erlosch.
Rowarn blinzelte. »Was ...«
Tamron schritt langsam auf den Thron zu.
Und seine Gestalt fing an, sich zu verwischen, wie ein Schemen, der aus Nebel bestand.
Und je näher er den Stufen kam, desto mehr schwand das, was Tamron gewesen war, und wurde diffus, und dann kam ein Mann mit grauschwarzem Haar zum Vorschein, als wäre er hinter einem Vorhang hervorgetreten. Vor der ersten Stufe verharrte er, hob den Kopf und atmete tief ein.
Und Rowarn erkannte ihn, er hatte diesen Mann schon einmal gesehen, kurz vor der Niederlage bei Ardig Hall. Im Zweikampf gegen Angmor. Der Mann, in dessen Schulter sich Noïruns Speer gebohrt hatte. Der Mann, der Rowarns Mutter ermorden ließ, und der seit Jahrtausenden den Krieg um das Tabernakel führte. Grauen erfasste den jungen König, und ihm schwindelte. Er vermochte nicht zu begreifen, was hier vor sich ging. Was seine Augen ihm deutlich machten, sein Verstand aber nicht erfassen konnte.
»Willkommen zurück, Tamron ... Bruder «, sagte Femris. Seine Stimme dröhnte durch die Halle, er hob die rechte Hand, und eine Flammenkugel entzündete sich auf der Fläche.
Bevor Rowarn zu einer Regung fähig war, drehte Femris sich und schleuderte die Feuerkugel auf Angmor. Sie schlug wie ein Blitz direkt in seine Augen ein. Der Visionenritter wurde kurzzeitig in eine Flammenwolke gehüllt, von der Wucht des Aufpralls zurückgeschleudert, und brach zusammen. Arlyn stieß einen Schreckensruf aus und stürzte zu ihm.
Femris ließ sich auf seinem Thron nieder, legte die Fingerspitzen aneinander und beobachtete aus kristallgrünen, eiskalten Augen den jungen König, der immer noch fassungslos dastand und zu begreifen versuchte.
»Nun, es hat lange gebraucht, bis ich euch beide endlich hier hatte«, sagte der Unsterbliche spöttisch. »Fast meine ganze Kraft wurde dabei aufgezehrt, denn so lange war mein Bruder noch nie von mir getrennt. Ich konnte nicht einmal mehr meinen Körper stofflich halten. Aber letztendlich hat sich die Anstrengung gelohnt.«
»Alles ... nur Lüge?«, flüsterte Rowarn erschüttert. »Du ... du warst es also, den Angmor in seiner Vision gesehen hat? Du hast Tamrons Gestalt angenommen? Er ist also doch in der Schlacht gefallen?«
»Naives Kind«, lächelte Femris. »Nein, Tamron ist damals nicht gefallen, er war bei mir. Nachdem es Angmor gelungen war, mich außer
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