Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
erklang in diesem Moment die Stimme des Schattenluchses, und er tauchte zwischen den Bäumen auf. Sein Deckhaar hatte ordentlich an Länge zugelegt und war sehr viel heller geworden, die Sprenkel waren kleiner und nicht so stark abgesetzt, die Unterwolle dick und flauschig. Auch im Winter war er gut getarnt – und vor der Kälte geschützt. Offenbar konnte er durchaus frieren, im Gegensatz zu Angmor. Anscheinend gab es unter den Dämonen sehr große Unterschiede – abgesehen davon, dass keiner so wie Angmor war, das hatte Rowarn oft genug von Fashirh und Graum zu hören bekommen. »Habe mich nach Verfolgern umgesehen, aber da sind keine. Allmählich beunruhigt mich das.« Er nahm seine Dämonengestalt an, schaufelte mit beiden Händen Schnee und formte ihn zu einem Ball.
»Aber es gibt keine Gefahr mehr. Wir haben nur noch wenige Stunden vor uns, und der Schutzbereich von Farnheim beginnt schon am Waldrand«, versetzte Arlyn und zog den Filzmantel fester um sich. Die Luft war klar und kalt, es roch nach Schnee. »Der Wald beunruhigt dich, alter Freund, auch mir macht er zu schaffen. Aber wie es aussieht, hat er uns Angmor wiedergegeben.«
Angmor hatte sich derweil Aschteufel zugewandt, der seinen Herrn freudig begrüßte und dann verdutzt schaute, als der Visionenritter ein gutes Stück vor seinem Kopf stehen blieb und Anstalten machte, in einen unsichtbaren Sattel zu steigen.
»Vater, du ...«, begann Rowarn erschrocken.
»Es wird Zeit, dass wir ankommen!«, rief Graum hinter ihm dazwischen und warf den Schneeball mit Schwung in die Bäume. Er traf einen dicken Ast, der daraufhin erzitterte, sich neigte und seine Schneelast abschüttelte. Eine Schneelawine löste sich aus dem Baum, die zweigebrechend herabfiel und auf Aschteufels breiten Hintern prasselte. Der schwarzgraue Hengst stieß einen wütenden Schrei aus und machte einen Satz nach vorn, genau an die richtige Stelle und in dem Moment, als Angmor den Fuß in einen bis dahin nicht vorhandenen Steigbügel stellen wollte. Trotzdem kämpfte der Visionenritter für einen Moment mit dem Gleichgewicht, bis Aschteufel zur Ruhe gekommen war, und stieß einen Fluch aus. Er zog sich mühsam am Sattel hoch und blieb schwer atmend sitzen.
»Ich weiß«, sagte er, als Arlyn zu ihm kam. »Ich brauche Zeit.«
»Du solltest versuchen, dich noch mehr zurückzuhalten«, sagte die Lady, machte ein erstauntes Gesicht und runzelte dann die Stirn. »Ich hoffe, das geht bald vorbei.«
»Am besten lässt du Aschteufel hinter den anderen Pferden herlaufen, ohne ihn zu lenken«, schlug Rowarn seinem Vater vor. Leise sagte er zu Graum: »Und du pass auf ihn auf – und keine Faxen mehr, klar?«
Der Schattenluchs zeigte grinsend die spitzen Zähne. »Ach komm, noch vor gar nicht so langer Zeit wärst du der erste gewesen, der eine Schneeballschlacht angefangen hätte, gib’s doch zu!«
»Unsinn«, brummte Rowarn, der sich vor allem ärgerte, weil Graum ihn durchschaute. Ja, der Rowarn, der er vor diesem Abenteuer gewesen war, hätte ohne zu zögern eine Schneeballschlacht veranstaltet mit diesem herrlichen ersten Schnee des Jahres, wäre herumgetollt und hätte nach Herzenslust frei herausgelacht. Ja, er wäre für ein paar Augenblicke gern wieder ein unbeschwerter Zwanzigjähriger, dessen größte Sorge es war, seine Angebetete für sich zu gewinnen. Aber selbst das würde ihm für immer verwehrt bleiben.
Unglücklich trieb er Windstürmer mit groben Fersentritten an, sodass dieser verdutzt lostrabte und durch ein kurzes, heftiges Kopfschlagen anzeigte, dass ihm die schlechte Laune seines jungen Herrn nicht gefiel, und noch weniger, dass er sie an dem braven Pferd ausließ.
Der Tag klarte immer mehr auf, die Sonne kletterte höher und wärmte die Luft, und als sie eine Stunde später den Waldrand erreichten, war die Hälfte des Schnees schon weggeschmolzen. Vor ihnen breitete sich das Schutzgebiet von Farnheim aus, ein weites Tal, an dessen jenseitigem Ende schneefreie Hänge warteten, in Sonnenlicht gebadet.
Die Pferde waren jetzt nicht mehr zu halten. Windstürmer war der erste, der lossauste, und es interessierte ihn überhaupt nicht, ob sein Herr damit einverstanden war. Aber Rowarn lächelte nur und gab die Zügel frei. Der kleine Falbe ließ seine Muskeln spielen, als er den ersten sanften Hügel hinabstürmte, seine Ohren waren nach vorn gestellt, und seine großen dunklen Augen glänzten feurig. Aschteufel holte ihn bald ein, der riesige Hengst machte doppelt so
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