Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
angeschlagen nach der durchzechten Nacht, doch sein Gesicht hellte sich auf, als er Rowarn erblickte. »Guten Morgen«, begrüßte er ihn. »Ich hoffte darauf, dich allein anzutreffen. Komm mit, ich möchte dir etwas zeigen.«
Rowarn folgte ihm neugierig zu Solvans Audienzzimmer, wo der Zwerg ihm stolz lächelnd einen prachtvollen bodenlangen, dunkelblauen Umhang mit dem aufgestickten silbernen Wappen Ardig Halls präsentierte, der wiederum kunstvoll um eine Helmkrone aus grauem, matt schimmernden Argentarium drapiert war. Der Helm war nackenlang und besaß einen Nasenschutz mit kunstvoll ausgearbeiteten Augenbögen, die das Gesicht umrahmten und im Bogen auslaufend bis fast zur Kinnspitze reichten. Seitlich oben am Kopf waren kleine Flügel befestigt und sehr schlicht, nicht über die Kopfwölbung hinausragend, war eine stilisierte Krone mit abgerundeten Spitzen angedeutet. Der Helm war überwältigend, eine Perfektion der Schmiedekunst, ein überaus kostbares Stück, und dennoch von eleganter Schlichtheit.
Rowarn war sprachlos.
»Ich hoffe, er passt«, strahlte Olrig. »Wir haben die ganze Nacht damit zugebracht, ihn umzuarbeiten, und so ganz bin ich immer noch nicht damit zufrieden, aber in der Kürze der Zeit war es nicht besser zu schaffen.«
»Er ist vollkommen«, flüsterte Rowarn andächtig. Der Helm strahlte eine Würde und Königlichkeit aus, die ihn tief im Herzen berührte. »Wer hat ihn einst getragen, Olrig? Mir ist, als könnte ich die Seele seines Trägers immer noch darin spüren ...«
»In der Tat, er ist sehr, sehr alt.« Olrig strich liebevoll mit dem Ärmel über den Helm und putzte imaginäre Flecken weg. »Er gehörte Dalarios dem Urvater, einem der Begründer des Zwergenvolkes von Waldsee. Solvan wird ihn dir heute aufs Haupt setzen, und du wirst ihn hoffentlich auch in der Schlacht tragen.«
»Olrig, das ... das kann ich nicht«, wehrte Rowarn erschrocken ab.
»Junge, hör mir zu.« Der alte Zwerg packte seine Arme und schüttelte ihn leicht. »Seit Jahrtausenden bewahren wir diesen Helm als Andenken an einen großen Mann, den das gesamte Zwergenvolk heute noch verehrt. Drei Festtage des Jahres sind ihm gewidmet, so viel bedeutet er uns. Dalarios hat das Gesicht der Welt gewandelt. Du wirst das ebenfalls tun, und ich bitte dich, nimm dieses Geschenk der Zwerge an. Es würde uns alle mit großem Stolz erfüllen, wenn dieser Helm nicht irgendwo über einem Schrein vor sich hinstaubt, sondern seinen Zweck erfüllt. Er ist wie für dich geschaffen. Bitte, mach uns die Freude.«
Rowarns Augen wurden feucht. »Das wäre dann noch ein Erbe, das ich antreten müsste ...«
»Unsinn, du bist seiner bereits würdig. Du wirst es spüren, wenn der Helm auf deinem Haupt sitzt. Du könntest ihn nicht ertragen, darauf wette ich, wenn du nicht der Richtige dafür wärst. Doch ich hege gar keinen Zweifel.« Olrig nahm den Umhang und legte ihn über seine Arme. »Der hier gehört dazu, und diesmal kannst du getrost annehmen, denn einer deiner Vorfahren hat ihn einst getragen. Wir haben ihn hier in Eisenwacht bewahrt, wie so vieles andere. Arhilds Frauen haben ihn sich letzte Nacht vorgenommen und nun ist er wieder wie neu.« Er hielt ihn Rowarn hin. »Fühl den Stoff«, forderte Olrig ihn auf. »Kostbare Seide von Lotosweberraupen, vermischt mit edler Wolle der Weißoliandra-Bergthari, die die feinste der Welt ist. Er ist unverwüstlich, Jahrhunderte haben ihm nichts antun können. Du kannst ihn sommers wie winters tragen, er wird dich kühlen, wenn es heiß ist, und wärmen, wenn es kalt ist. Er wird dich sogar in der Schlacht schützen, das starke Gewebe kann selbst Pfeile abhalten, wenn sie nicht aus kurzer Entfernung abgefeuert wurden, und er wird dich schmücken, wenn du Audienzen gibst.«
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, stieß Rowarn fassungslos hervor. Der Stoff fühlte sich unglaublich an, weich und sehr dünn, aber das dichte Gewebe schien tatsächlich fast unzerreißbar zu sein. Eine wahrhaft königliche Robe.
»Am besten sagst du nichts, sondern gehst erst mal frühstücken, denn wie ich dich kenne, wird dir ohnehin bald übel vor lauter Nervosität. Aber vielleicht bleibt die Mahlzeit lange genug in dir, um dich ein wenig zu stärken. Für das Zeremoniell brauchst du all deine Kräfte.« Mit diesen Worten schob der Zwerg Rowarn vor sich her aus dem Raum und zurück in die Halle, wo Baron Solvan mit seinen Frauen und Töchtern an der Tafel wartete. Vom Fest der vergangenen Nacht
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