Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
ist das große Geheimnis und die Magie der Freien Häuser: sie sind ein Teil von Waldsee selbst. Ein Relikt aus der Urschöpfung, ein Klang der Melodie, der nicht im Äther, sondern in der Welt schwingt.«
»Das erscheint mir alles ziemlich gefährlich«, meinte Rowarn. Esdrellas Worte erschreckten ihn, denn er erkannte, dass er auf diese Reise tatsächlich keinen Einfluss hatte. Er konnte nie wissen, was ihn als Nächstes erwartete, wohin es ihn verschlagen würde. Völlig unvorbereitet musste er sich auf alles einlassen und konnte nur hoffen, dabei am Leben zu bleiben. »Ich bin kein magisches Wesen wie mein Vater. Ich besitze die Gabe des Zwielichtgehens, das ist aber auch schon alles.«
»Fürchtet Euch nicht vor dieser magischen Reise, junger König«, sagte Esdrella mit sanfter Stimme. »Es ist nicht anders möglich, nach einem so mächtigen Artefakt zu suchen, und kein anderer als Ihr könnte es, weil Ihr aus der Magie geboren wurdet, sie aber nicht zu nutzen oder zu beeinflussen vermögt.«
Besorgt fragte Rowarn: »Und ... beeinflusst sie mich?«
»Das kommt darauf an, was Ihr unter Beeinflussung versteht.« Esdrella berührte behutsam seinen Arm. »Ihr habt immer noch Euren freien Willen, falls Ihr Euch darum sorgt. Aber das Tabernakel ist nicht einfach an irgendeinem weltlichen Ort verborgen. Femris hat nie begriffen, dass das der Grund ist, weshalb er nur einen Splitter finden konnte, und diesen eben nur durch Verrat. Das Tabernakel verbirgt sich in den magischen Sphären, und zwar dort, wohin kein Mächtiger blicken kann.«
»So etwas gibt es?«
»Man nennt sie Blinde Flecken. Es ist ähnlich wie mit Eurer Gabe des Zwielichtgehens. Ihr seid da, und doch verborgen.«
Rowarn bildete sich ein, jetzt zumindest einen Teil verstehen zu können. Aber das beruhigte ihn keineswegs und spendete ihm auch nicht mehr Sicherheit. Nicht einmal über den ersten von vier Splittern, den er soeben erhalten hatte, konnte er sich in diesem Moment freuen.
Königin Esdrella ergriff sein Hemd und zog ihn zu sich herab. Dann küsste sie behutsam seine kalte Stirn. »Ihr seid zu ernsthaft für Euer Alter«, sagte sie leise. »Lasst die Dinge geschehen, Rowarn. Das Tabernakel will zusammengeführt werden. Ihr seid dafür ausersehen. Warum, kann ich Euch nicht sagen. Aber einer muss es nun einmal sein. Geht jetzt, mit unseren besten Wünschen, und seid unserer Freundschaft versichert.«
»Kommt wieder einmal vorbei«, schnaufte König Jokim. »Mit Noïrun und Olrig, und dann wollen wir ein Gelage feiern, wie es noch nie eines gab.«
»Das werde ich«, versprach Rowarn, und auf einmal wurde ihm leichter ums Herz.
»Ich begleite dich ein Stück, denn ich will dir auch noch etwas geben«, sagte Mirella und ergriff seine Hand. »Komm, beeil dich, ich habe noch anderes zu tun.«
Rowarn hatte gerade noch Zeit, sich hastig vor dem Königspaar zu verneigen und Pyrfinn einen Abschiedsgruß zuzurufen, bevor die junge Zwergin ihn energisch mit sich zog.
In Ganduria gingen alle ihrem normalen Tagwerk nach. Die Sonne schien frühlingshaft, und es war schon angenehm mild. Das Tal war geschützt und konnte viel Wärme aufnehmen.
Rowarn traf fast der Schlag, als Mirella vor dem Geschäft mit dem Schild Bommeln und Plunder anhielt und einen großen, verschnörkelten Schlüssel hervorkramte. »Das ist dein Laden?«
Mirella erwiderte die Grüße ringsum und sah Rowarn dann verwundert an. »Sicher, was dachtest du denn?«
»Ich ... ich weiß nicht ...«, murmelte er verblüfft und stolperte hinter ihr her in den Laden.
Sogleich nahmen ihn die Ausstrahlung des Raumes, die vielen wunderbaren Sachen, die ihn zuhauf umgaben, und ein herrlicher Duft nach Sandelholz und wilden Kräutern gefangen.
»Du darfst dir soviel aussuchen, wie du willst und tragen kannst«, sagte Mirella. »Das bin ich dir für meine Rettung schuldig.«
»Das war doch eine Selbstverständlichkeit«, entgegnete Rowarn und stakste mit leuchtenden Augen durch den Raum, fühlte hier, horchte da und konnte sich nicht sattsehen. »Ich erwarte keinen Dank dafür, aber ... ich würde mir wirklich gern etwas aussuchen, weil ich leider kein Geld habe und Arlyn gern einmal ein Geschenk machen möchte. Ich glaube, ihr würde es hier gefallen.«
»Das meiste mache ich selbst«, erklärte Mirella, nicht ohne Stolz.
Überrascht sah Rowarn sie an. »Wirklich? Diesen herrlichen Schmuck, die Kleider, die Tücher ...«
»Filz, Wolle, Seide, ein paar Juwelensplitter, ein bisschen
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