Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
und still und völlig geruchlos. Der Himmel schien von oben herabzudrücken; Rowarn merkte, dass er leicht gebeugt ging, den Kopf zwischen den Schultern eingezogen. Kopfschüttelnd straffte er seine Haltung und ging weiter.
Die Sonne wanderte langsam über den Himmel, doch das diffuse Licht veränderte sich kaum. Rowarn war nicht einmal sicher, ob die Schatten mitwanderten. Seinen eigenen Schatten konnte er nirgends entdecken, egal, in welche Richtung er sich drehte. Er versteckte sich wohl hinter ihm.
Schließlich sah er einen bleigrauen Streifen vor sich, der sich am Horizont entlangzog, soweit das Auge reichte. Rowarn hatte keine Wahl, er musste direkt darauf zugehen, ein Ausweichen gab es nicht. Der Streifen verbreiterte sich rasch, gelegentlich glitzerte und blitzte etwas weit entfernt auf. Schließlich erkannte Rowarn, dass es Wellenbewegungen waren, auf denen das Sonnenlicht spielte. Ein See von gewaltigen Ausmaßen. Oder hatte er etwa die Umschließende See erreicht? War er schon so weit im Osten? Aber noch weiter in der Ferne lagen die Berge, deren ferne Spitzen er gerade noch in den düsteren Himmel hineinragen sah.
Bald nahm der See das gesamte Blickfeld ein, eine spiegelnde Fläche in ständiger sanfter Bewegung. Bäume und Sträucher wurden spärlicher, ebenso das Gras, und Rowarns Stiefel versanken bald in weichem Sand.
Vor der Wasserlinie blieb er stehen und sah sich um. Wasser, soweit er schauen konnte. War es möglich, dass er hier den nächsten Splitter fand? Die Nauraka hatten das Tabernakel einst aus den Tiefen des Meeres geborgen. War es möglich, dass ein Teil des Artefaktes wieder ins Wasser zurückgekehrt war?
Das kann ich nur herausfinden, indem ich hineingehe .
Rowarns Herz klopfte aufgeregt. Er hatte sich aufgrund seines naurakischen Erbes immer gern im Wasser aufgehalten, aber noch nie in einem so riesigen See oder etwa dem Meer. Vor allem hatte er erst vor kurzem entdeckt – oder wurde vielmehr durch seinen Vater gewaltsam darauf gebracht – dass er sowohl an Land als auch im Wasser atmen konnte. Beide Lebensräume standen ihm zur Verfügung. Es war ein unglaublich berauschendes Gefühl gewesen, als er es im See von Dubhan zum ersten Mal erprobt hatte. War dies seine wahre Heimat? Seine dämonische Hälfte hatte sich nicht daran gestört, und Rowarn hatte sich ... völlig verändert gefühlt. Als ob er auf einmal ein ganz anderer gewesen wäre.
Und genau deswegen zögerte er nun. War es das Richtige, einfach hineinzutauchen? Entfernte er sich dabei nicht immer weiter von der Wirklichkeit? Was kümmerte es die Wasserwesen, was an Land geschah?
Rowarn blickte sich wieder um. Natürlich könnte er umkehren und hoffen, dass er einen anderen Weg finden würde. Aber die Tür hatte ihn hierher geführt, er war einfach immer geradeaus gegangen, so wie beim letzten Mal nach Ganduria. Es war der magische Pfad, den Esdrella beschrieben hatte. Rowarn hatte sich einfach treiben lassen, Fuß vor Fuß gesetzt, ohne darüber nachzudenken, wohin es ging, welche Richtung er wählen sollte.
Lass es geschehen .
Das Wasser lag vor ihm. Eine andere Möglichkeit gab es nicht.
Also gut. Rowarn legte seine sämtliche Kleidung, einschließlich der Leibwäsche, ab, sie würde ihm nur hinderlich sein. Schließlich wollte er den See nicht einfach durchqueren, sondern in seinen Tiefen nach dem nächsten Hüter suchen. Als er die Zehen ins Wasser tauchte, fühlte es sich genauso wie die Luft an – nicht kalt, nicht warm, einfach nur da .
Entschlossen ging Rowarn tiefer hinein, dann tauchte er ab.
Seine Kiemen arbeiteten gut. Lediglich die Veränderung der Augen irritierte am Anfang ein wenig. Sein normales Augenlid zog sich zurück, und stattdessen klappte seitlich, von außen zur Nasenwurzel hin, ein drittes, halb durchsichtiges Augenlid zu. Wozu das wohl nützlich war? Rowarn übte ein paarmal, dann konnte er es bewusst steuern. Er brauchte allerdings eine ganze Weile, bis der Reflex des regelmäßigen Lidschlags endlich nachließ. Zwischen Fingern und Zehen öffneten sich zarte Schwimmhäutchen, die sonst unsichtbar eng mit der Haut verbunden waren.
Das Wasser brach die Sonnenstrahlen in Fächer auf, die schimmernde Lichtreflexe auf seine Haut zauberten, es wirkte fast wie Schuppen. Doch seine Haut fühlte sich glatt und seidig wie immer an.
Rowarn legte die Arme seitlich an den Körper und fing an, die eng aneinandergepressten Beine auf und ab zu bewegen. Sofort trieb es ihn durchs Wasser, das
Weitere Kostenlose Bücher