Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
schicken.«
»Ein Dieb, oho!«, knurrte Olrig.
»Er hat ja recht«, meinte Rowarn gleichmütig. »Das Tabernakel gehört Femris, nicht mir.«
»Das sehe ich anders«, erklang Schneemonds Stimme.
»Ich weiß«, sagte Rowarn. »Aber es ist nicht so einfach.«
»Du bist kein Dieb«, mischte Arlyn sich ein. »Du willst das Tabernakel nicht für dich, du willst es heilen.«
Rowarn lächelte bitter. »So weit, so gut. Und dann?«
Fürst Noïrun hielt sich kerzengerade auf seinem Pferd. Rundyr stand ruhig und stolz aufgerichtet, wie ein Standbild. »Abgelehnt!«, rief er hinunter. »Verlierer haben keine Bedingungen zu stellen. Entweder, du nimmst mein Angebot an, oder wir werden angreifen.«
»Etwa so wie auf der anderen Seite der Burg?«, rief der Gorgonier höhnisch. Seine Stimme klang schauerlich, wie ein rostiger Nagel, der über Metall kratzt. »Wir haben alle niedergemacht.«
Die Befehlshaber bewegten sich unruhig, und Olrig zischte ihnen zu, sich nichts anmerken zu lassen. »Das ist eine Lüge! Vermutlich verliert er gerade an Boden.«
»Dann werdet ihr eben doppelt dafür bluten«, gab Noïrun dem Heermeister zurück. »Genug des Geplänkels, wenn das deine Antwort ist, blasen wir jetzt zum Angriff.«
»Womit denn?«, lachte Sherkun. »Ich sehe nur einen lächerlichen Haufen, mit dem man nicht mal Kinder erschrecken kann! Pferde, die sich einbilden, Intelligenz zu besitzen! Zwerge, die Stelzen benötigen, um nicht von Ameisen zertreten zu werden! Und einen vermisse ich ganz besonders, wo ist er denn?« Suchend ließ er seinen Blick schweifen, bis er scheinbar zufällig an Angmor hängen blieb.
»Ah, da ist er ja, der gezähmte Dämon!«, dröhnte Sherkun voller Hohn und Spott. »Nimmt man ihm die Weiberröcke weg, versteckt er sich hinter einem dünnen Halm, der glaubt, ein König zu sein! Ein mageres Fischlein, entstanden aus verdünntem Samen, der weit über seine Zeit hinaus gealtert ist! Hier ist kein Platz mehr für Graugewordene, deren Hörner jeden Moment abfallen und deren Verstand in einer Jauchegrube versunken ist!«
Rowarn schluckte, als er die an den Visionenritter gerichteten Beleidigungen hörte. »Das ist nicht gut«, murmelte er.
»Ganz ruhig«, befahl der Fürst, doch es war bereits zu spät.
»Was sagt der da?«, knurrte Graum, nahm Katzengestalt an und stellte sich mit gesträubtem Fell neben seinem Herrn auf. »Ein Abtrünniger öffnet unerlaubt den Mund? Beschmutzt unser Gehör mit dreckigen Worten? Fällt ein Urteil, das nicht einmal ein Gott wagen würde?« Seine Augen loderten, und seine Aura flammte auf. Er fuhr seine Krallen aus und wölbte die Brust. Weithin schallend rief er: »Ich werde den Nichtswürdigen lehren, was Höflichkeit ist und dass sich Respekt ziemt vor Nachtfeuer, dem Sohn der Großen Mutter und des göttlichen Herrn von Xhy, dem Herrscher des Dämonenlands und Gebieter aller Dämonen Waldsees!«
Für einen winzigen Moment verharrte alles, während Graums Worte verhallten.
Und dann öffnete er den Rachen, so weit, dass Rowarn seinen Kopf hätte hineinlegen können, und stieß ein Gebrüll aus, das selbst die Felsmauern der Lichtlosen Burg erbeben ließ. Warinen, Menschen und Zwerge gleichermaßen hielten sich die Ohren zu und duckten sich in der Sturmbö von Graums Atem, die donnernd über sie hinwegfegte.
Selbst Rowarn wurde davon bis tief in sein Innerstes erschüttert, obwohl er neben dem Schattenluchs stand und zur Hälfte Dämon war. Fassungslos starrte er auf Graum, dessen Aurenkörper riesenhaft in die Höhe wuchs, bis er so groß war wie Sherkun selbst, und immer noch brüllte er mit einem einzigen Atemstoß. Der Dämon brüllte, bis die Wolken am Himmel zerstoben und sterbend davonjagten.
Die beiden Heere stoben in zwei Richtungen auseinander, als würde ein Wasser geteilt, und bildeten eine Schneise zwischen den Dämonen. Der Großteil warf sich zu Boden und hielt sich die Ohren zu, viele wimmerten oder schrien vor Schmerz, einige erlitten einen Blutsturz.
Graum brüllte, bis selbst das Wasser des Sees vor ihm zurückwich und schwappend über das Ufer auf der anderen Seite floh. Er brüllte, bis sich hoch oben im Turm Dubhans ein Riss bildete, eine Zinne mit einem schrillen Klang zersprang und dröhnend in den aufgewühlten See stürzte, wo sie ein Loch in den schlammigen Boden schlug.
Und erst dann war es genug. Die Gestalt des Schattenluchses schrumpfte wieder auf die gewohnte Größe, während der Nachhall seines Schreis über die Ebene
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