Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
... sollten Gnade erweisen. Schickt ihn ins Exil, in die einsame Verbannung für den Rest seines Lebens, wo er jeden Tag und jede Nacht daran erinnert wird, was er getan und was er verloren hat.
Wir haben schon ein Blutgericht gehalten, indem wir seine Frau und seine Kinder getötet haben. Nun muss Grimwar denselben Schmerz durchleiden wie wir. Das mag eine schlimmere Strafe sein als der Tod, der für ihn wahrscheinlich eher Erlösung wäre. Wir aber sollten Großmut zeigen und uns damit zufriedengeben.«
Rowarn blickte den Fürsten bittend an. »Und ... er verschonte mich. Das ... schulde ich ihm: mein Leben für seines.« Es war eine Sache der Ehre, die war oder nicht . So hatten es ihn seine Muhmen gelehrt.
Der Fürst musterte Rowarn durchbohrend. Dann blickte er zu Schattenläufer, der ihn ansah und auf dessen Gesicht die stumme Bitte lag. Noïruns Augenbrauen zogen sich finster zusammen, und er rieb sich den Bart, während er nachdachte.
»Nehmt ihn«, sagte er schließlich zu Schattenläufer. »Unter der Bedingung, dass er niemals mehr anderen Schaden zufügen kann, und er darf auch nie wieder frei durch die Lande ziehen. Er muss an einem sicheren Ort in Inniu verwahrt werden, wo ihn niemand finden kann, wo er sein Dasein bis zu seinem Ende allein und völlig abgeschieden fristen soll. Das müsst Ihr mir schwören.«
»Bei allen Kindern Lúvenors, das schwöre ich bei meinem Leben«, antwortete Schattenläufer, und die Erleichterung in seiner Stimme war deutlich zu hören. Er öffnete die Arme und zog an dem Ende der Kette, das er die ganze Zeit in der Hand gehalten hatte, ohne dass es jemandem aufgefallen war. »Gehen wir, alter Mann, und schnell, denn die Kurzlebigen haben keine Geduld, und ich kann sie in diesem Fall verstehen.«
Grimwar sprach kein Wort mehr. Widerstandslos folgte er dem Pferdmann in mühsamen, hoppelnden Schritten, unter dem demütigenden Hohngelächter der Stadtleute, die auf diese Weise ihre Angst und die Anspannung verloren.
Madin war von einem bösen Fluch befreit, und sonnigere Tage sollten folgen, ohne den düsteren Schatten einer Erinnerung voller Angst und Schrecken.
Ohne auf die enttäuschten und verständnislosen Gesichter seiner Schar zu achten, rief der Fürst: »Ein gutes Ende für diesen Tag, und Lúvenor selbst schickt uns sein Wohlwollen durch sein sanftes Licht nach all der Nässe! Dies soll gefeiert werden, und auch wenn die Gaststube heute nicht mehr so gemütlich sein mag wie gestern noch, so sollen doch alle einen Platz darin finden! Wirtssohn, wo steckst du?«
Rayem schob sich mit besorgter Miene nach vorn. »Ich bin Rayem, Herr«, sagte er und versuchte, seine arg mitgenommene Kleidung in Ordnung zu bringen und einigermaßen Haltung anzunehmen.
»Wie auch immer«, sagte Noïrun. »Sorge dafür, dass die Leute irgendwie sitzen können, schenke Bier aus und verteile Brot und Speck. Die ganze Stadt war heute beteiligt, und alle waren gleichermaßen tapfer und standen treu zueinander. Wenn dein Vater die Hälfte übernimmt, so trage ich mit Freuden die andere Hälfte der Zeche. Denn dies haben sich alle verdient, und der Schrecken sollte mit einer Feier beendet werden!«
Ein vielfacher Jubelschrei folgte dieser Ansprache, und Rayem beeilte sich, dass er ins Gasthaus kam, um die Anweisungen zu befolgen und seinerseits Anordnungen zu geben. Innerhalb weniger Augenblicke war der Platz leer, auch die Schar war in den Goldenen Baum gestürmt. Larkim wurde von den beiden Stadtvätern langsam hinterhergeführt. Er würdigte weder Rowarn noch Noïrun eines Blickes, murmelte aber etwas von einem Krug Bier, den er sich durchaus verdient hätte, auf Kosten des Fürsten.
Lediglich Olrig wartete noch, die Hand auf dem Axtgriff ruhend.
Rowarn blieb stehen, schüchtern und mit hochgezogenen Schultern, als sich der Fürst ihm näherte, den Blick jedoch nicht auf ihn, sondern in weite Ferne gerichtet.
»Je mehr ich dich kennenlerne, junger Rowarn«, sagte er langsam, »umso weniger weiß ich, was ich von dir zu halten habe.«
»Ich bitte um Vergebung, mein Herr«, murmelte Rowarn und starrte auf seine Stiefelspitzen. Aus dem Gasthaus drang Gesang und fröhliches Gelächter, was Rowarn so fern lag wie ein Stern am Himmel.
Der Fürst fuhr fort: »Ich erhielt Kunde, dass ab morgen neue Rekruten hier eintreffen. In zwei Tagen werden wir aufbrechen. Bis dahin entscheide dich, und bedenke wohl: Danach gibt es kein Zurück mehr, egal was du wählst.«
Ohne auf eine Antwort
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