Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
sichergehen«, versetzte Rowarn lächelnd. Er gab seinen Freunden ein Zeichen, näherzurücken.
Das Großmaul prustete los. »Mit den albernen Stöcken wollt ihr Soldaten sein? Wo sind eure Schwerter?«
Rowarn winkte ab. »Warum sollten wir die unnötig abnutzen? Die Stäbe sind gut genug in den richtigen Händen. Und für euch sowieso.«
Rayem und Kalem nahmen rechts, Lohir und Ravia links von ihm Aufstellung. Ihre Augen funkelten erwartungsvoll, während sie sich bereitmachten. Wie ein Pfeil an der gespannten Bogensehne warteten sie nur auf den Befehl loszuschnellen.
Der Rädelsführer zeigte auf Rowarns leere Hand. »Und wo ist dein Stock?«
»Ich brauch keinen«, antwortete Rowarn fast heiter. Er spürte die Anspannung um sich herum immer stärker werden. Alles konzentrierte sich nur noch auf ihn.
Sollten sie. Er würde allen zeigen, dass die Leute aus Inniu nicht geringer waren als andere, geschweige denn dümmer, langsamer oder ungebildeter.
Am Rand sah er Jelim stehen und zwinkerte ihr zu. Sie machte halbe Verrenkungen, um ihm zu zeigen, wie er vorgehen sollte, aber das wusste er bereits. Sie brauchte sich keine Sorgen zu machen. Er hatte das Großmaul lange genug beobachtet und wusste genau, wo seine Schwachstellen lagen – überall. Dieser Rekrut war ein brutaler und plumper Schläger, der lediglich Kraft und Masse einsetzte, um mit einem Schlag zu töten, und auf nichts anderes mehr achtete.
»Los«, sagte Rowarn unvermutet.
Die Freunde hatten nur darauf gewartet und reagierten augenblicklich. Bevor die vier Gegner recht begriffen, wie ihnen geschah, wurden sie mit wirbelnden Stöcken zurückgetrieben. Als sie versuchten, die Schwerter einzusetzen, parierten die Stockträger geschickt, wandelten den Angriff um und entwaffneten sie schließlich nahezu gleichzeitig. Sie setzten die Stabspitze jeweils an die Kehle des Unterlegenen.
Der Rädelsführer hatte kaum folgen können, so schnell war es gegangen, doch dann kochte seine Wut hoch. »Du!«, schrie er und ging mit erhobenem Schwert auf Rowarn los. Im nächsten Moment lag er im Staub, in den er rücklings und mit Wucht geprallt war. Rowarn stand über ihm, den Stiefel quer an die Kehle gesetzt, während er das Schwert lässig in der Linken hielt.
»Upps«, sagte er grinsend. »Scheint, als wärst du gestolpert.« Er trat zurück, wechselte das Schwert in die rechte Hand und ließ es kurz kreisen, prüfte es in zwei, drei Schwüngen, und warf es schließlich neben dem Großmaul auf die Erde. »Nicht gut im Gleichgewicht«, fügte er hinzu. »Genau wie du. Kaum gut genug für mich.«
Damit ging er zu seinen Freunden, die in fröhliches Gelächter ausbrachen, und als er den Blick auf einen bestimmten Mann ganz hinten in der Menge richtete, sah er sehr wohl den Stolz in den Augen des Fürsten.
Auch der Rest der Hundertfünfzig jubelte jetzt. Während das Großmaul und seine Kumpane von ihrem Ausbilder eine Rüge wegen unerlaubten Entfernens erhielten, winkte Morwen dem Trupp, ihr zu folgen.
Damit hatten die Rekruten aus dem fernen Inniu ihren Platz in den Scharen von Ardig Hall gut verteidigt und wurde im Land Valia willkommen geheißen.
Morwen schien ziemlich froh zu sein, dass die Hundertfünfzig dem Fürsten keine Schande bereitet hatten, und auch Jelim gab anerkennend zu, dass sie alle in der kurzen Zeit unglaublich viel gelernt hätten. Und vor allem hatten sie Selbstbewusstsein gewonnen und Vertrauen in ihre Stärke.
Noch am selben Tag wurde jeder Einzelne zur Ausbildung eingeteilt, und somit fand die gerade erst besiegelte Gemeinschaft schon wieder ihr Ende. Aber gewiss würden einige Freundschaften erhalten bleiben.
Rowarn konnte es kaum mehr erwarten, mit der Ausbildung zu beginnen. Den Plan hatte er schon erhalten und seine Dienstzeiten mit dem Fürsten abgesprochen. Er würde in den nächsten Tagen wahrscheinlich kaum zum Schlafen kommen, wie bisher auch schon, aber das war ihm nicht wichtig, er musste lernen! Er wusste genau, dass er gegen das Großmaul im Ernstfall keinerlei Chance hätte; er hatte lediglich Glück gehabt, weil der andere ihn völlig unterschätzt und nicht ernst genommen hatte. Aber das würde dem Kerl bestimmt kein zweites Mal passieren.
Voller Aufregung nahm Rowarn das Übungsschwert entgegen, als ihm eröffnet wurde, dass schon heute Nachmittag der erste Unterricht stattfinden würde.
Natürlich gab es jede Menge Zuschauer am Rand, als die »Frischlinge« dann, darunter Rowarn und Rayem, zum ersten Mal ins
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