Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
aus Valia, und sein Gesicht sei auf grausame Weise entstellt, weswegen er stets eine Maske trägt. Lange Zeit habe er verborgen wie ein Löwe im Wald gelebt, was ihm diesen Beinamen einbrachte, bis er als Visionenritter hervortrat.«
Olrig übernahm das Wort wieder: »Den Sieg vor achtzig Jahren haben wir ihm zu verdanken, aber leider ist er, das muss ich bedauernd bestätigen, seither verschwunden.« Er hob den Zeigefinger und wedelte damit vor Noïruns Gesicht. »Und ich sage dir: Er lebt noch, und er wird kommen! Er wird uns nicht im Stich lassen, wenn er erfährt, in welcher Lage wir uns befinden, noch dazu, wenn er das mit dem Bepheron hört. Er hat Ardig Hall nie im Stich gelassen!«
»Warum ist er dann jetzt nicht dort? Weshalb hat er den Tod der Königin zugelassen?«
»Er wird seine Gründe haben, vielleicht hielt er sich weit entfernt auf. Aber ich habe ihn selbst erlebt, Noïrun, er tritt für seinen Schwur mit seinem Leben ein! Ich glaube so lange und beharrlich daran, dass Angmor im letzten Moment kommt, bis sich mein Wunsch erfüllen wird, und dann ist eine Entschuldigung fällig, mein Herr!«
»Die ich dir dann sehr gern geben werde«, meinte Noïrun besänftigend. »Ich wollte nicht mutlos erscheinen und auch nicht an dir zweifeln, Freund.«
Pyrfinn versprach: »Ich werde Augen und Ohren offen halten und behutsame Botschaften ausschicken. Wer weiß, vielleicht erreichen sie eines Tages einen der Visionenritter. Wir kennen ihre Aufenthaltsorte nicht und auch nicht ihre Tätigkeiten in Friedenszeiten.«
Noïrun nickte. »Es wird spät, und wir müssen andere Dinge bedenken, die weniger auf Hoffnung als vielmehr auf tatsächlichen Gegebenheiten fußen«, schwenkte er dann um. »Pyrfinn, ich möchte deshalb ein paar weitere Angelegenheiten mit dir besprechen, die ich dringend geklärt haben muss.«
Olrigs Augen leuchteten sofort auf. »Dann entschuldigst du mich bitte. Ich habe da nämlich eine Verabredung: Der Abend ist jung, und mein Körper voll neuer Energie, die ich ausnutzen möchte, solange ich mich so prächtig fühle.« Ohne eine Antwort abzuwarten, stand er auf und ging zu den Musikanten, denen er eine Melodie auftrug. Er begann ein Trinklied, in das rasch einige Gäste mit einfielen. Und schon kamen die beiden Schankmaiden von vorhin kichernd zu ihm, und er nahm sie links und rechts in den Arm und verschwand mit ihnen nach der letzten schmetternden Strophe.
Rowarn hatte ebenfalls verstanden und erhob sich. »Ich würde mich gern noch ein wenig umsehen, wenn Ihr gestattet, Herr. Wer weiß, wann ich wieder in eine so großartige Stadt komme. Zu welcher Stunde brechen wir morgen auf?«
»Ich lasse dich wecken«, sagte der Fürst. »Viel Spaß, Rowarn.«
Rowarn war froh, als er draußen frische Luft schnappen konnte. Ihm schwirrte der Kopf von den vielen Namen, die gerade gefallen waren, und er nahm an, dass die Weiterreise nach Ardig Hall ohne Verzögerung und Umwege vor sich gehen würde.
Ebenso froh war er, in einer Stadt zu sein, wo er fröhlich die ganze Nacht herumbringen konnte, denn er fürchtete sich davor, zu Bett zu gehen und erneut die Augen der Eliaha auf sich gerichtet zu sehen.
In Ennishgar herrschte nach wie vor lebhafter Betrieb, aber nun auf eine geruhsamere, entspannendere Weise, ohne die hektische Geschäftigkeit des Tages. Nachthändler boten Kitsch und billigen Tand feil, und überall waren Artisten zugange, die unter Musikbegleitung kleine Kunststücke vorführten. Rowarn hörte Beifall und sah gerade noch die Feuerlanze eines Feuerschluckers verglühen, bevor dieser sich verbeugte und mit einem Hut die Münzen auffing, die ihm hingeworfen wurden. Paare und Familien gingen Arm in Arm, und Freunde untergehakt, in launige Unterhaltung vertieft. Rowarn merkte gar nicht, wie die Zeit verging, während er einfach dastand und dem bunten Treiben zusah.
Eigentlich hatte er sich die Beine vertreten wollen, aber einerseits war er im letzten Mondwechsel lange genug unterwegs gewesen, und zum zweiten befürchtete er, sich zu verirren und nie mehr in den Schwarzen Ritter zurückzufinden. Von hier aus wollte er sich zuerst einen ausreichenden Überblick verschaffen, ehe er sich ins Getümmel stürzte. Die Luft war frühsommerlich mild, der Himmel voller Sterne und die Stadt hell erleuchtet. Es war ganz anders als in Madin, und es gefiel ihm sehr.
Rowarn blickte zur Seite, als er ein Zupfen an seinem Ärmel spürte, und sah sich einer der hübschen Schankmaiden
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