Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
gegenüber, die heute Abend an ihrem Tisch bedient hatten. Sie lächelte kokett, nahm ihn an der Hand und führte ihn ein Stück abseits in die Nebengasse, in Richtung der Ställe. Rowarn kam gar nicht auf die Idee, zu zögern und folgte ihr willig.
»Schon einmal ein Zwergenmädchen geküsst, schöner Herr?«, wisperte sie und stellte sich auf die Zehenspitzen, während sie ihre warmen Hände auf seine Brust legte.
»Nein«, musste Rowarn zugeben, und als er die Arme um sie legte, spürte er mit Wohlgefallen ihre weichen Formen. Sie schmiegte sich an ihn und knabberte spielerisch an seinem Ohr, bevor sie ihm ihre vollen Lippen darbot. Und er musste anerkennen, es war in der Tat etwas völlig anderes, ein Zwergenmädchen zu küssen, auch nur im Arm zu halten. Seine Hand vergnügte sich an ihrem üppig wogenden Busen, während er nun die Führung übernahm und sie küssend langsam Richtung Stall drängte.
Plötzlich jedoch unterbrach er den Kuss, blickte sich für einen Moment alarmiert um und bedeutete dann hastig dem Mädchen, sich still zu verhalten. Er schob die junge Zwergin tiefer in die dunkle Nische zwischen Gasthaus und Stall und hoffte, dass das genügte. Angestrengt lauschte er in die Dunkelheit. Und wirklich, da waren zwei wispernde Stimmen gleich nebenan, die wie Fledermäuse flatternd aus der Dunkelheit heraushuschten, um sich rasch in den Gassengeräuschen zu verlieren.
»Ich habe mich nicht getäuscht«, zischte eine heisere Stimme. »Es ist der Fürst, ich habe ihn sicher erkannt.«
»Aber wieso ist er hier?«, antwortete eine zweite, fistelnde Stimme.
»Ich hörte schon in Kahlenberg, dass er angeblich persönlich nach militärischer Unterstützung sucht. Natürlich habe ich zu dem Zeitpunkt noch nicht viel darauf gegeben, aber meine Augen stets offengehalten. Deswegen bin ich sicher, schon wie er hereinkam zur Tür, er ist eindeutig ein Befehlshaber, und er trägt außerdem einen Siegelring. Also zumindest ist der Mann, den ich gesehen habe, ein Adliger, der sich mit dem Läufer unterhalten hat. Und ich frage dich, was hat ein adliger Mensch mit dem Läufer der Zwerge zu tun, der im Dienste Ardig Halls steht?«
»Was für ein Narr! Wie kann er so dumm sein, den Schutz von Ardig Hall zu verlassen ...«
»Was soll ich tun?«
»Reite noch in dieser Stunde los. Soll der Bluttrinker sich weiter am Heermeister versuchen, wir werden uns um diesen Mann kümmern und herausfinden, wer er ist. Die Beschreibung des Fürsten ist sehr ungenau, und ich bin noch im Zweifel. Doch sollte es stimmen, wird es den Herrn des Tabernakels erfreuen und uns reichhaltige Belohnung bescheren.«
Die beiden Stimmen entfernten sich, und bald war es wieder friedlich und harmlos wie zuvor. Nur noch das gelegentliche Scharren, Kauen und Schnauben der Pferde war zu hören.
Rowarn löste sich von der Schankmaid. »Ich muss zurück«, sagte er.
»Wirklich?«, sagte sie enttäuscht, aber sie unternahm keinen Versuch, ihn zurückzuhalten. Sie hatte schnell begriffen, dass es ihm ernst war. »Du solltest besser nicht denselben Weg gehen, du könntest zu sehr auffallen«, überlegte sie und zeigte ihm einen nahegelegenen Nebeneingang für Dienstboten. Dann verabschiedete sie sich mit einem neckischen Klaps auf seine Kehrseite. »Ein Jammer für mich, und du wiederum ahnst nicht, was du versäumst«, gurrte sie und verschwand mit kokettem Hüftschwung.
Rowarn kehrte in die Gaststube zurück, in der die Luft von Rauch und Dampf inzwischen zum Schneiden dick war und die Gäste zusehends betrunken zu grölenden Liedern übergingen. Er fand den Fürsten allein am Tisch, mit einem Pokal Rotwein vor sich und einer Pfeife im Mund. Atemlos berichtete er, was er soeben gehört hatte. »Sie werden versuchen, Euch zu kriegen«, schloss er. »Vielleicht sollten wir ...«
»Keine Hast, Junge«, unterbrach Noïrun ruhig. »Es braucht eine Weile, bis Femris das erfahren wird, und so schnell werden sie auch nichts unternehmen. Wir brechen ohnehin morgen auf, sobald wir deine Sachen abgeholt haben.«
»Ich werde heute Nacht vor Eurer Tür Wache halten«, entschied Rowarn. »Ich kann sowieso kein Auge zutun.«
Noïrun lächelte, sagte jedoch nichts. Immerhin entfernte er sich aus der Gaststube, um nicht unnötig weitere Leute auf sich aufmerksam zu machen, und zog sich auf sein Zimmer zurück.
Rowarn hielt Wache, wie er es versprochen hatte. Erst kurz vor der Kalten Stunde nickte er endlich ein.
Kapitel 12
Die Abtrünnigen
Das Lager war
Weitere Kostenlose Bücher