Die Chronolithen
Wenn Cox mit seinen illegalen Drogengeschäften viel Geld machte, dann hatte er es nicht in seine Einrichtung gesteckt. Aber vielleicht besaß er ja ein Landhaus.
Er bemerkte die Packung Zigaretten, die aus Ashlees Hemdtasche lugte. »Scheiße, Ashlee«, sagte er, »du bist auf Attest? Die Scheißregierung macht mir das Geschäft kaputt mit diesen legalen Krümelstäbchen.«
»Läuft nächstes Jahr aus und wird nicht mehr verlängert«, sagte Ashlee. »Dann droht mir eine Gentherapie oder eine Kur. Das Schlimmste: Ich verliere die Krankenversicherung.«
Er grinste. »Dann sehen wir uns also wieder öfter?«
»Keine Chance.« Sie sah mich flüchtig an. »Ich lass mir die Zähne aufhellen und finde einen guten Job.«
»Und wirst Bürger«, sagte Cox.
»Genau.«
»Und heiratest deinen Freund?«
»Er ist nicht mein Freund.«
»Okay, Ash. Mach dir nichts draus. Was willst du? Ein bisschen mehr, als der Apotheker rausrückt?«
»Es ist wegen Adam. Ich will dir ein paar Fragen stellen.«
»Ja sicher, aber das kann doch nicht alles sein.«
Cox ließ keinen Zweifel, dass er nur etwas zu sagen hatte, wenn Ashlee etwas kaufen würde. Geschäft sei Geschäft, meinte er.
»Es geht um meinen Sohn, Cheever.«
»Schon klar, und ich liebe dich, und ich liebe Adam, aber Ashlee, ich muss leben.«
Also gab sie ihm Geld für eine Schachtel freie Glimmstängel, die er aus dem Keller holte. Sie hielt die Schachtel im Schoß. Die Schachtel stank.
Cox machte es sich auf seinem Stuhl bequem. »Es ist so«, erzählte er Ashlee, »dass ich bei den Hausbesetzern aus- und eingehe, besonders unten auf der Franklin oder in Lowertown oder in den alten Cargill-Speichern: Also sehe ich die Kids. Und du weißt, dass sich da auch Adam herumtreibt. Das ist kein großer Markt für mich, weil diese Kids normalerweise keine Kohle haben. Das Essen klauen sie sich zusammen. Aber manchmal kommt einer zu was, ich frage nicht, wie, und sie wollen eine Schachtel, zwei Schachteln -Glimmstängel und Drinks und Tabletten und so weiter. Adam kam zum Beispiel ziemlich oft zu mir, denn er kannte mich ja aus der Zeit, als du hier noch ein- und ausgegangen bist.«
Bei dieser Erklärung senkte Ashlee den Blick, sagte aber nichts.
»Also ehrlich, Adam hat ein bisschen mehr drauf als die meisten von denen. Sie nennen sich Hadschisten oder Kuinisten und sind so politisch wie ein Pflasterstein. Weißt du, wer die richtigen Hadschisten sind? Reiche Kids. Reiche Kids und Promis. Sie gehen nach Israel oder Ägypten und brennen ihre Räucherkerzen oder sonst was ab. In der Stadt sieht das anders aus. Da würden die meisten von diesen Kids ihren Arsch nicht mal hochkriegen, wenn Kuin im Hinterhof einen Krönungsball gibt. Na ja, Adam hat das bald kapiert. Deshalb hat er sich bei diesen Copperhead-Clubs in Wayzata und Edina herumgetrieben – hat nach Leuten gesucht, die so dachten wie er, aber vielleicht ein bisschen leichtgläubiger und ein bisschen besser bei Kasse waren als die Kumpels in der Stadt.«
»Cheever«, sagte Ashlee, »weißt du, ob er noch in der Stadt ist?«
»Ich kann es nicht beschwören, aber ich habe da meine Zweifel. Wenn doch, dann hab ich ihn nicht gesehen. Ich rede mit Leuten, ich folge den Hinweisen, ich halte die Ohren offen. Es gibt immer Gerüchte. Erinnerst du dich noch an Kirkwell?«
In Kirkwell, New Mexico, hatte im vergangenen Sommer ein klinisch paranoider Rentner, ein ehemaliger Metzger, lauthals verkündet, er messe an einem trockenen Brunnen außerhalb der Stadt – zufällig auf seinem eigenen Grund und Boden – einen Anstieg der Radioaktivität. Wahrscheinlich wollte er aus dem Brunnen eine Touristenattraktion machen.
Die Saat ging auf. Bis September campten dort zehntausend mittellose Hadschisten. Die Nationalgarde warf Lebensmittel- und Wasserrationen ab und ermahnte die Pilger, nach Hause zu gehen. Erst der Cholera gelang es, den Grundbesitz zu räumen. Der ehemalige Metzger verschwand auf Nimmerwiedersehen, in seinem Kielwasser eine Reihe von Musterprozessen und Prozessen wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses.
»Solche Gerüchte kommen und gehen«, sagte Cox, »aber den Vogel schießt Mexiko ab. Ciudad Portillo. Vor drei Wochen war Adam in diesem Zimmer und hat darüber gesprochen – nicht dass jemand an seinen Lippen gehangen hätte. Das war, glaube ich, der Grund, warum er sich mit den Vorstadt-Copperheads eingelassen hat: Er wollte nach Mexiko und er hat gedacht, die würden ein bisschen Kohle beisteuern
Weitere Kostenlose Bücher