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Die Chronolithen

Die Chronolithen

Titel: Die Chronolithen Kostenlos Bücher Online Lesen
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zusammengefegten Laubwälle und die Schneeverwehungen, die ihren Pendlerzug von und zur Arbeit blockiert hatten. Alte Shows, die sie sich früher angesehen hatte, von denen ich auch einige kannte: Someday, Blue Horizon, Next Week’s Family.
    Beim Nachtisch sagte sie: »Ich habe mit dem Roten Kreuz gesprochen. Sie sind immer noch in Portillo, nehmen Personalien auf und – zählen die Toten. Wenn Adam noch lebt, hat er sich bei keiner Hilfsorganisation gemeldet. Andererseits, wenn er tot ist…« Sie sagte das mit einer schlecht gespielten Lässigkeit. »Na ja, identifiziert wurde er nicht und darin sind sie wirklich gut. Ich habe ihnen die Erlaubnis erteilt, aus seinen Krankenakten das Genomprofil abzurufen. Keine Übereinstimmung bis jetzt. Also weiß ich nicht, was aus ihm geworden ist. Aber ich habe noch etwas anderes begriffen.«
    Ihre Augen glitzerten. Ich sagte: »Du brauchst nicht darüber zu reden, Ash.«
    »Schon gut, Scott. Ich habe begriffen, dass ich ihn so oder so verloren habe. Vielleicht sehe ich ihn wieder, vielleicht nicht, aber das entscheidet er – wenn er noch lebt, meine ich. Das war es, was er mir in Portillo sagen wollte. Nicht, dass er mich hasst, sondern dass er es für belanglos hält, mein Sohn zu sein. Dass er nicht mir gehört, sondern nur sich selbst. Es war nie anders, glaube ich.«
    Sie schwieg eine Weile, dann trank sie ihren Kaffee aus und winkte ab, als die Kellnerin nachschenken wollte.
    »Er hat mir etwas geschenkt.«
    »Adam?«
    »Ja. In Portillo. Es soll mich an ihn erinnern. Hier. Guck mal.«
    Sie trug das Geschenk in ihrer Handtasche, eingewickelt in ein Taschentuch. Sie wickelte es aus und schob es über den Tisch. Es war eine billige Halskette mit Anhänger. Der Anhänger sah aus wie ein zerfressener schwarzer Klumpen Plastik mit einer Bohrung für die Kette. Das Ding war beinah demonstrativ hässlich.
    »Adam sagt, er hätte die Kette von einem Händler in Portillo. Es wäre was Heiliges. Es wäre kein Stein, sondern…«
    »Eine Kuin-Reliquie.«
    »Ja, so hat Adam es genannt.«
    Die Ankunft eines Chronolithen erzeugt die merkwürdigsten Trümmer. Durch die steilen Temperatur- und Druckgradienten in unmittelbarer Nähe des Ereignisses werden gewöhnliche Materialien gefroren, gesprengt, verformt oder sonstwie entstellt. Souvenirhändler verkaufen solche Gebilde en masse – die wenigsten sind echt.
    »Die Reliquie soll aus Jerusalem stammen«, fügte Ashlee hinzu.
    Wenn das stimmte, mochte das unansehnliche Ding einmal so nützlich gewesen sein wie ein Türknauf, ein Briefbeschwerer, ein Füller oder ein Kamm.
    »Hoffentlich nicht«, sagte ich.
    Ashlee schien enttäuscht. »Ich dachte, es würde dich interessieren. Wo du doch in der Nähe warst, als es passiert ist. Ist das kein Zufall?«
    »Ich mag solche Zufälle nicht.«
    Ich erzählte ihr von Sues Hypothese. Erklärte ihr, ich sei zu oft in der Tau-Turbulenz gewesen und dass diese Tatsache mein Leben auf höchst unliebsame Weise beeinflusst habe (sofern »beeinflusst« das richtige Wort für eine akausale Verbindung war).
    Ashlee war entsetzt. Ihr Mund formte das Wort Tau-Turbulenz. »Kann man das fangen«, fragte sie, »von so einem Ding?«
    »Wohl kaum. Das ist keine Krankheit, Ash. Es ist auch nicht ansteckend. Ich will nur nicht mehr daran erinnert werden.«
    Sie faltete die Halskette ins Taschentuch und legte das kleine Bündel in die Handtasche zurück.
    Wir gingen wieder aufs Zimmer. Ashlee schaltete das Videodisplay ein, sah aber kaum hin. Ich las ein Buch. Nach einer Weile kam sie ans Bett und küsste mich – nicht zum ersten Mal, aber drängender, als sie es eine Zeit lang getan hatte.
    Es tat gut, sie wieder in die Arme zu nehmen und ihren kleinen, geschmeidigen Leib zu umfangen.
    Später zog ich die Vorhänge auf, und wir lagen unsichtbar im Finstern und sahen die Autos auf dem Highway vorüberfahren, Scheinwerfer wurden zu Umzugsfackeln und Rücklichter zu schwebenden Glutstücken. Ashlee fragte mich nach meinem Besuch bei Kaitlin.
    »Es geht ihr besser«, sagte ich. »Morgen kommt Janice mit dem Flugzeug und holt sie ab.«
    »Hat sie über den Hadsch gesprochen?«
    »Kaum.«
    »Sie hat viel durchgemacht.«
    »Nicht ganz ohne Folgen«, sagte ich.
    »Wem sagst du das.«
    »Nein, ich meine, ich habe mit dem Arzt geredet. Sie hatte noch eine Sekundärinfektion, eine Infektion der Gebärmutter. Etwas, das sie sich in Portillo geholt hat. Der Infekt ist auskuriert, aber nicht ohne Folgen geblieben. Kait kann

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