Die Clans von Stratos
sein«, sagte Kiel und tippte mit dem Finger auf eine lederne Karte, wesentlich dicker als die aus Pergament. Baltha schüttelte den Kopf. »Es kommt noch ein Bach, vielleicht ’nen Kilometer weiter oder so. Ich sag Bescheid.«
»Bist du sicher? Wir wollen es nicht verpassen…«
»Das werden wir auch nicht«, entgegnete die Blonde schroff. »Steigen wir auf. Wir verschwenden nur Zeit.«
Maia sah, wie sich Thalia und Kiel zweifelnd anblickten, als Baltha gegangen war. »Sie tut ja, als würde sie die Gegend kennen wie ihre Westentasche«, brummte Thalia. »Wie kann das sein? Hier wohnen nur Perkiniten.«
Kiel machte eine warnende Handbewegung. »Eins ist sicher. Das ist keine Perkinitin.«
Thalia zuckte die Achseln, und Kiel rollte die Karte zusammen. »Es gibt Schlimmeres«, entgegnete sie leise. Als die beiden an Maia vorbeikamen, zauste ihr Thalia die Haare. Es hätte herablassend wirken können, wenn man nicht die ehrliche Zuneigung gespürt hätte.
Während das Hochgefühl der gelungenen Flucht allmählich der körperlichen Erschöpfung wich, merkte Maia, daß hier mehr vor sich ging, als sie gedacht hatte. Ich sollte lieber die Augen offenhalten.
Eine halbe Stunde später erreichten sie wieder einen Bach unter hoch aufragenden Felswänden. Diesmal gab Baltha das Zeichen, daß alle absteigen und ihre Pferde ins flache Wasser führen sollten, ehe sie sprach.
»Hier trennen wir uns. Riss, Herri, Biene und Kau gehen weiter in Richtung Demeterville, machen Spuren und verwirren die Verfolger. Maia, du kommst mit. Der Rest watet etwa zwei Kilometer bachaufwärts, wendet sich erst nach Westen und dann nach Süden. Am siebten treffen wir uns südwestlich von Clay Town, so Lysos uns führt.«
Maia starrte die fremden Frauen an, die sie begleiten sollte, und merkte, wie ihr ein Schauer über den Rücken lief. »Nein«, widersprach sie heftig. »Ich möchte bei Kiel und Thalia bleiben.«
Baltha musterte sie wütend. »Du tust, was man dir sagt.«
Panik ergriff Maia und schnürte ihr die Kehle zu. Es war, als müßte sie sich noch einmal von Leie trennen, wie damals, als sie sich in Lanargh zum letzten Mal Lebewohl gesagt hatten, um auf ihre verschiedenen Schiffe zu gehen. Plötzlich wußte Maia ganz sicher, daß sie ihre Freundinnen nie mehr wiedersehen würde, wenn sie erst einmal außer Sichtweite waren.
»Ich gehe nicht mit! Nicht nach dem, was ich erlebt habe!« Sie machte eine Handbewegung in Richtung des Gefängnisfelsens. »Die Gruppe, die bachaufwärts reitet, sollte so klein wie möglich sein…«, versuchte Kiel zu erklären. Aber ihr Verhalten sagte Maia viel mehr. Es ist ein abgekartetes Spiel. Sie wollen mich nicht dabei haben, wenn sie mit ihrem kostbaren außerplanetarischen Besucher abhauen! Resignation breitete sich in ihr aus und überwältigte sogar den heißen Groll.
»Maia kommt mit uns.«
Es war Renna. Er manövrierte sein Pferd neben ihres und fuhr fort: »Euer Plan stützt sich darauf, daß unsere Verfolger die einfachere Spur zur größeren Gruppe aufnehmen, während wir anderen das Weite suchen. Für mich ist das gut. Danke. Aber für Maia wäre es nicht so gut, wenn sie euch einholen.«
»Das Mädchen ist nebensächlich«, konterte Baltha. »Sie ist ihnen egal. Wahrscheinlich suchen sie nicht mal nach ihr.«
Aber Renna schüttelte den Kopf. »Ihr wollt ihre Freiheit auf diese Vermutung hin riskieren? Vergeßt es. Ich werde nicht zulassen, daß man sie in dieses Gefängnis zurückbringt.«
Maia konnte ihre Gefühle kaum zurückhalten, beobachtete aber schweigend einen stummen Austausch zwischen den Frauen. Sie hatten Renna für eine Art Handelsartikel gehalten, aber jetzt stellte er plötzlich Ansprüche. Zwar standen die Männer auf der sozialen Leiter von Stratos ziemlich weit unten, aber immer noch höher als die meisten Vars. Außerdem hatten die meisten aus der Gruppe schon auf einem Schiff gearbeitet, und ließen sich gewiß davon beeinflussen, daß Renna eine gut ausgebildete ›Kapitänsstimme‹ hatte.
Kiel zuckte die Achseln. Thalia drehte sich um und grinste Maia an. »Meinetwegen, in Ordnung. Ich freu mich, daß du bei uns bleibst, Fräuleinchen.«
Baltha fluchte leise. Zwar mußte sie die Änderung des Plans letztlich akzeptieren, aber sie machte kein Hehl daraus, daß sie darüber nicht erfreut war. Die große Blonde führte ihr Pferd zu ihren Gefährtinnen, die den anderen Weg nehmen sollten, und die Frauen ergriffen sich gegenseitig bei den Unterarmen. Auf
Weitere Kostenlose Bücher