Die Clans von Stratos
rannten und die Frauen sich eilig auf dem Vorderdeck sammelten. Benommen blickt Maia auf das Spielbrett. Aber… wir waren doch gerade dabei herauszufinden…
Eine Hand legte sich auf ihren Arm. Es war Thalia, die Maia zum Waffenschrank führte. Eine Frau hatte ihn geöffnet und verteilte schon die Fanghellebarden. Maia warf einen raschen Blick zurück auf Renna, der erstaunt das Getümmel um ihn her verfolgte. Er ist noch verwirrter als ich, stellte Maia fest und fühlte tiefes Mitleid.
Als er ihnen folgen wollte, hielt ein Matrose ihn zurück. »Männer kämpfen nicht«, sagte er und wiederholte damit die Lektion, die Maia ihrem Freund von den Sternen schon auf ihrer Flucht aus Long Valley erteilt hatte. Der Matrose führte Renna weg, und Maia wandte sich ab, um ihren Platz in der Reihe der bewaffneten Varfrauen einzunehmen.
»Werdet ihr meine Taktik befolgen?« fragte Naroin Kiel und Thalia als Repräsentantinnen der Radigruppe. Sie nickten.
»In Ordnung. Inanna, Lullin, Charl, macht euch bereit, eure Truppen zu übernehmen.« Darauf bestimmte Naroin die Passagiere, die den drei erfahrenen weiblichen Matrosen auf Positionen entlang des Schandecks folgen sollten. Maia gehörte zu Naroins Gruppe, die in der Nähe des Bugs in Stellung ging, wo das Auf und Ab des Schiffes am deutlichsten zu spüren war. Am Wind merkte man die Kursänderung, die vermutlich vorgenommen worden war, um einen Zusammenstoß zu vermeiden.
»Ihr solltet euch entspannen«, empfahl Naroin ihrer Truppe. »Vielleicht sind sie schneller, aber eine Heckjagd ist immer langwierig. Möglicherweise holen sie uns nicht vor Tagesanbruch ein.« Damit schickte sie zwei Varfrauen los, um Decken zu holen. »Bald bekommen wir auch eine heiße Suppe«, versprach sie den nervösen Frauen. »Am besten ruht ihr euch aus. Legt euch hin, an ein windstilles Plätzchen.«
Mit den Hellebarden in der Hand ließen sie sich auf Deck nieder. Naroin tätschelte Maias Knie. »Ein paar Leuten war es bestimmt gerade recht, daß das Horn losging. Nach allem, was ich mitgekriegt habe, war die schlaue Strategie mit dem Rand ein echter Glückstreffer!«
»Das werden wir vermutlich nie erfahren«, entgegnete Maia achselzuckend. Ein Geklapper von achtern teilte ihnen mit, daß die Spielsteine auf Anweisung des Kapitäns wieder in ihre Schachteln gepackt wurden.
»Wahrscheinlich haben die das alles so arrangiert, um zwei ihrer Knaben die Blamage zu ersparen«, meinte Naroin, und Maia starrte sie verblüfft an. Doch die Matrosenfrau grinste, und Maia merkte, daß sie nur einen Witz gemacht hatte. Gemeinhin nahm ein Kapitän die Spielerehre fast ebenso ernst wie die Sicherheit von Schiff und Besatzung.
Ein paar Frauen legten sich ihre Decken zeltartig über Kopf und Schultern. Allgemein machte man sich auf eine lange Warteperiode gefaßt. Wie Naroin angekündigt hatte, erschien kurze Zeit später ein Matrose mit einem Kessel. An seinem Gürtel klapperten Teller. Der Juniorkoch sah Maia nicht an, als er zu ihr kam, aber als sie ihm die Suppentasse aus der Hand nahm, schwappte sie über, und Maia verbrühte sich die Finger. Zwar zuckte sie innerlich zusammen, aber sie ließ sich nichts anmerken. Wenigstens war die dicke Suppe schmackhaft und vor allem auch wärmend, denn jetzt entstanden Lücken zwischen den Wolken und die Nacht wurde kühl. Ein paarmal versuchte jemand, ein Gespräch in Gang zu bringen. Aber die Versuche führten nicht weit.
»Hör mal«, meinte Naroin. »Ich hab da was rausgefunden, was dich interessieren könnte.«
Maia blickte auf. Sie hatte stumm dagesessen, das glatte Holz ihrer Waffe gestreichelt und darüber nachgedacht, was die nächsten Stunden wohl bringen mochten. »Was denn?« fragte sie ganz direkt.
Naroin legte die Hand an den Mund und senkte die Stimme. »Ich habe entdeckt, was er macht, die ganze Zeit hinter dem Vorhang… na, du weißt schon. Nach dem Essen.«
Maia brauchte einen Moment, bis sie begriff, daß Naroin von Renna sprach. »Nach…?«
»Er reinigt sich den Mund!«
Maias Neugier kämpfte mit der Verärgerung darüber, daß Naroin ihren Freund ausspioniert hatte. »Er reinigt sich… den Mund?«
»Jawoll.« Naroin nickte. »Hast du diese kleine Bürste gesehen? Die steckt er in Meerwasser – obwohl er sich bekanntlich weigert, das Zeug zu trinken –, dann stopft er sie sich in den Mund und legt los wie ein Matrose, der seinen Küchendienst rechtzeitig zur Party erledigt haben will! Er schrubbt seine weißen Hauer
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