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Die Clans von Stratos

Die Clans von Stratos

Titel: Die Clans von Stratos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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hast, besteht eine geringe Chance, daß meine Schwester irgendwo da draußen noch am Leben ist. Vielleicht schleppen sich die Überlebenden irgendwann in einen Hafen, vielleicht ist sie auch von einem anderen Schiff gerettet worden. Wie dem auch sei, dies war unser Ziel, als der Sturm uns erfaßt hat. Hierher wird sie kommen, wenn sie kann.«
    Der Mann machte ein zweifelndes Gesicht. Auch für ihn war der Untergang der Zeus ein großer Verlust. »Bei uns bist du immer willkommen. Hier hättest du ein Zuhause bis zum Frühling, und jedes Dreivierteljahr danach.«
    Auf seine Art war das ein großherziges Angebot. Andere Frauen – beispielsweise Naroin – hatten diesen Weg eingeschlagen; sie lebten und arbeiteten nun am Rand der Männerwelt. Doch Maia schüttelte den Kopf. »Ich muß hier bleiben, falls Leie auftaucht.«
    Sie sah, wie er ihre Entscheidung mit einem Seufzer akzeptierte, und sie überlegte, wie der Mann vor ihr der gleiche sein konnte, den sie damals in Port Sanger so zweidimensional eingeschätzt hatte. Natürlich erkannte sie nach wie vor seine Fehler, aber nun waren sie Teil einer für einen Mann überraschend komplexen Persönlichkeit geworden. Nachdem er ihre Tasche dem Steuermann des wartenden, hoch mit Kohle beladenen Beiboots hinuntergereicht hatte, zog Kapitän Pegyul aus einer seiner Taschen ein kleines Messinggerät.
    »Das ist mein zweitbester Sextant«, erklärte er und zeigte Maia, wie man die drei beweglichen Arme auseinanderklappte. Um das Gerät am Arm des Benutzers zu befestigen, gab es zwei Lederriemen. »Ein tragbares Teil. Wollten den Hauptspiegel immer reparieren, siehst du, hier. Ist so ’ne Art Erbstück. Hat sogar ein Skalenfenster fürs Alte Netz, siehst du?«
    Voller Bewunderung betrachtete Maia die filigrane Handarbeit. Die alten Skalen würden natürlich nie wieder aufleuchten, aber sie zeigten, daß das Gerät ein Relikt aus einer anderen Zeit war, schon etwas ramponiert und mit den kunstvoll gearbeiteten Geräten aus den modernen Werkstätten nicht zu vergleichen. Trotzdem wirkte der Sextant ehrfurchteinflößend, und er war immer noch funktionstüchtig.
    »Das ist sehr schön«, sagte sie. Als sie das Gerät wieder zusammenklappte, sah sie, daß die Hülle die Gravur eines Luftschiffs trug – ein extravagantes, phantasievolles Gebilde, das bestimmt nicht fliegen konnte.
    »Es gehört dir.«
    Überrascht blickte Maia auf. »Das… das kann ich nicht annehmen.«
    Der Kapitän zuckte die Achseln, als versuchte er, diese Geste, die Maia so eindeutig gefühlsbetont erschien, auf eine nüchterne Ebene zu ziehen. »Ich hab gehört, wie du versucht hast, Micah mit dem Eimer zu retten. Das war echt geistesgegenwärtig. Hätte sogar funktionieren können… wenn das Glück es gewollt hätte.«
    »Ich habe wirklich nicht…«
    »Micah war mein Junge. Ein großer, kräftiger, fröhlicher Kerl. Aber zuviel Ortyn, wenn du verstehst, was ich meine. Hätte sowieso nie gelernt, wie man einen Sextanten richtig benutzt.«
    Mit seiner großen, schwieligen Pranke drückte Pegyul das Messinggerät fest in Maias Hand und schloß ihre Finger um die kühle, glatte Scheibe. »Gott mit dir«, sagte er, und seine Stimme zitterte.
    Benommen antwortete Maia: »Und Lysos führe dich. Eia.«
    Er nickte kurz und wandte sich ab.
     
    Bis obenhin beladen überquerte der Kohlenkahn langsam die glasklare Bucht. Grange Head sah nicht sehr einladend aus, fand Maia. Es gab wenig Industrie; lediglich die Produkte aus den unzähligen Bauernclans wurden hier umgeschlagen. Ihre Festen lagen überall auf der Ebene verstreut, und ihre Erzeugnisse erreichten das Meer auf einer schmalspurigen Solareisenbahn. Da das Sonnenlicht nicht ausreichte, um die vollbeladenen Züge über die steilen Küstenhügel zu heben, hatte man ein kleines Kraftwerk gebaut, das ständigen Bedarf an Kohle aus Port Sanger hatte. Am einzigen Pier gab es für Schiffe wie die alte Wotan nicht genug Tiefgang, deshalb wurde ihre Ladung Kahn für Kahn an Land befördert.
    Naroin rauchte ihre Pfeife und betrachtete Maia nachdenklich. »Ich wollt’s dir schon länger sagen«, meinte sie schließlich. »Nämlich, daß es wirklich toll war, was du da in der Lawine angestellt hast.«
    Maia seufzte und wünschte wieder einmal, es wäre ihr rechtzeitig in den Sinn gekommen zu lügen, statt die ganze Geschichte vor ihren Rettern auszuplaudern, während sie noch halb bewußtlos war. Ihre impulsive Geste war nicht so durchdacht gewesen, daß man sie

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